Post Noir
| USA
| 1964
| Ernest Hemingway
| Don Siegel
| Clu Gulager
| John Cassavetes
| Lee Marvin
| Richard Lane
| Seymour Cassel
| Ted Jacques
| Angie Dickinson
Bewertung
****
Originaltitel
Ernest Hemingways "The Killers" / The Killers
Kategorie
Post Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1964
Darsteller
Lee Marvin, Angie Dickinson, John Cassavetes, Clu Gulager, Ronald Reagan
Regie
Don Siegel
Farbe
Farbe
Laufzeit
92 min
Bildformat
Vollbild
Zwei Männer in Anzügen und mit Sonnenbrillen, Charlie Strom (Lee Marvin) und Lee (Clu Gulager), betreten das Gelände eines Blindenheims. In der Verwaltung fragen sie nach Jerry Nichols (John Cassavetes) und werden handgreiflich, bevor sie die blinde Rezeptionistin sogar niederschlagen. Schließlich dringen sie in den Unterricht ein und erschießen den inzwischen gewarnten Lehrer. Doch im Zug nach Chicago fragt sich Charlie, warum der Getötete, hinter dessen Identität sich der Rennfahrer Johnny North versteckt hielt, keinen Versuch unternommen hatte zu entkommen. Die beiden Auftragskiller beschließen, nach Florida zu reisen, um Gerüchten auf den Grund zu gehen, die North mit einem Raubüberfall in Zusammenhang bringen, bei dem über 1,000 000 US-Dollar erbeutet worden waren. Ihr gemeinsames Motiv ist, selbst an das Geld zu kommen. Doch für den älteren, erfahrenen Charlie geht es um mehr: “I gotta find out what makes a man decide not to run... why, all of a sudden, he'd rather die.” So schlagen sie bei Johnnys Partner aus Tagen des Autorennens, dem Mechaniker Earl Sylvester (Claude Akins) auf. Er erzählt ihnen die Geschichte von Johnny North und Sheila Farr (Angie Dickinson), einer Liaison mit tödlichem Ausgang…
Ursprünglich eine Fernsehproduktion, daher nicht im Widescreenformat, erwies sich der Film nach Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy im November 1963 als zu brutal und amoralisch. Er kam ins Kino, wo er über die Jahre zu einem B-Movie mit Kultstatus wurde und sich für die zweite Hälfte der Sechziger als einflussreich erwies. Angie Dickinson und Lee Marvin (Heißes Eisen, USA 1953) spielten später in John Boormans Neo-Noir-Meisterwerk Point Blank – Keiner darf überleben (USA 1967) erneut zusammen. Nicht nur mit Blick auf die Schauspieler in nahezu einer Wiederholung ihrer Rollen sondern auch hinsichtlich der Kühle und des stimmigen Takts seines Thrillers hatte Boorman sich von Der Tod eines Killers inspirieren lassen. Don Siegels Film spielt im Sonnenlicht warmer Sommertage und präsentiert ein modernes Amerika - auf Rennbahnen oder in einem Go-Kart-Parkur. Dennoch wirkt alles steril und austauschbar, was im gleichen Technicolor während der Fünfziger anheimelnd und luxuriös zu sein schien. Die Killer verzehren ihre Steaks in teuren Restaurants. Im Erste-Klasse-Abteil eines Schnellzugs geben sie dem Kellner ein fürstliches Trinkgeld. Wie in den Dreißigern sind die Gangster Herrscher, doch nicht laut und audringlich sondern leise und diskret wie Krokodile auf der Lauer.
Damit ist Der Tod eines Killers ein für seine Zeit moderner Film und einer, der das Erbe des Film Noirs in neue stilistische Elemente transferiert. Zugleich blieb er sowohl formal als auch thematisch - und zwar mehr als die leichtgewichtigen Krimis im Fahrwasser der Fünfziger! – in der Tradition des Film Noirs der Vierziger und Frühfünfziger. So erzählte er die gleiche Geschichte, die ursprünglich Don Siegels Debüt als Regisseur hätte werden sollen, nämlich Ernest Hemingways The Killers, die 1946 vom Exilanten Robert Siodmak mit Ava Gardner und Burt Lancaster in den Hauptrollen als Rächer der Unterwelt / Die Killer zu einem Film-Noir-Klassiker wurde. Auch bei Don Siegel gibt es 1964 Rückblenden, eine Femme fatale und das permanente Spiel mit Identitäten, darin sich am Ende alle selbst verstricken und zugrunde richten. Von vornherein hat sich der Regisseur nicht an einer Kopie versucht sondern mit den Mitteln seiner Zeit den Neo Noir (teils) vorweg genommen. So garantiert Der Tod eines Killers stets einen rasanten Kinoabend - mit dem Autorenfilmer John Cassavetes und dem späteren rechtskonservativen US-Präsidenten Ronald Reagan im Zug einer hassgetriebenen Rivalität in Polizeiuniformen. Vier Jahre später zeigte Don Siegel mit Nur noch 72 Stunden (USA 1968) – und mit reichlich Film-Noir-Personal in Form von Skriptautor und Darstellern! – wozu ihn das letztlich befähigte.
Den bildtechnisch besten Transfer bietet die erstklassig restaurierte Fassung der nur in den USA erhältlichen Criterion Collection – als 2DVD in Kombination mit Robert Siodmaks Version von 1946. Die deutsche Fassung von KSM zeigt den Film im richtigen Format (4:3 und eben nicht Widescreen), ungekürzt und mit deutschem und englischem Ton, ohne Untertitel.