Darren McGavin, Shirley Knight, Sean Garrison, Nancy Malone, Edmond O’Brien
Los Angeles, Kalifornien: Auf dem Mulholland Drive fahren nachts zwei Limousinen, die erste schwarz und die zweite weiß, die vordere ein 60er Ford Fairlane, die hintere ein 64er Plymouth Valiant. In einer Ausbuchtung kommen die Wagen auf der unbefahrenen Landstraße zum Stehen. Der Fahrer des Fords steigt aus, öffnet die hintere Tür, und Privatdetektiv David Ross (Darren McGavin) kippt bewusstlos und kopfüber nach draußen, während eine blonde Frau aus dem Valiant steigt. Der Fahrer schleift Ross nach vorn auf den Fahrersitz, quetscht ihn hinters Steuer, startet den Motor und schiebt den Wagen auf einen Abgrund zu. In dem Augenblick, als der Wagen den Abhang hinunter rast, erwacht der Detektiv, versucht zu bremsen, aber vergeblich. Das Gefälle ist zu steil, der Wagen überschlägt. Wie durch ein Wunder wird Ross herausgeschleudert, bevor der Ford in einem Flammenball explodiert… Am Dienstag der letzten Woche hatte David Ross im Westen der Stadt einen Termin bei einem Agenten hochrangiger Künstler aus den Branchen Film und Musik namens Marvin Bishop (Edmond O’Brien). Der Privatdetektiv meldete sich zum Termin bei der Sekretärin Peggy Ledon (Shirley Knight) an, in deren Liste er als Buchhalter vermerkt war. Während er wartete, verließ eine andere Mitarbeiterin namens Carol Dorfman (Anna Hagan) Bishops Büro. Nachdem Ross dort eingetreten war, fragte ihn der Agent sogleich, ob er sie bemerkt habe. Denn Bishop verdächtigte genau sie der systematischen Unterschlagung von Einnahmen…
"My name is David Ross, and you're probably wondering how I got into this mess." Mit dem Erzähler aus dem Off und einer langen, von ihm selbst eingeleiteten Rückblende weiß ein Cineast, dass er sich auf bekanntem Terrain befindet, auf dem des Film Noirs bzw. des Neo Noirs, der in jener Zeit aus der Taufe gehoben wurde. Indessen John Boormans innovativer Point Blank – Keiner darf überleben (USA 1967) die Richtung in die 70er wies, kam es zeitgleich zur Rückkehr des Privatdetektivs, der zu keiner Zeit lange von der Kinoleinwand oder vom Fernsehbildschirm in den USA verschwunden blieb. So hatte Weltstar Paul Newman in Ein Fall für Harper (USA 1966) den Private Eye Lew Harper nach Ross Macdonalds Roman The Moving Target (EA 1949, auf Deutsch 1968 als Reiche sterben auch nicht anders) verkörpert, dem ersten Band der bis 1976 auf 18 Bücher angewachsenen Serie um den im Original Lew Archer benannten Private Eye. Im Juni 1967 hatte Craig Stevens in Blake Edwards‘ Gunn (USA 1967) dem durch 114 Folgen der TV-Serie Peter Gunn (USA 1958-1961) bekannt gewordenen Privatdetektiv gleichen Namens zu einem finalen Gastspiel im Kino verholfen. Im November folgte Darren McGavin als David Ross in Michael Ritchies The Outsider, dem Pilotfilm zu einer gleichnamigen Fernsehserie, die es zwischen September 1968 und April 1969 auf 26 einstündige Episoden brachte und nach der ersten Staffel eingestellt wurde. Dahinter steckte Roy Huggins, als Autor und Produzent ein Veteran des Film Noirs und des Privatdetektivs im Besonderen. Huggins hatte unterm Titel The Double Take (EA 1946) mit der Romanvorlage zu S. Sylvan Simons I Love Trouble (USA 1948) reüssiert. Schon darin erfand er den Privatdetektiv Stuart Bailey, der später in Richard L. Bares Girl On The Run (USA 1958) und mit der Fernsehserie 77 Sunset Strip (USA 1958-1964) populär wurde. Seinen Welterfolg aber feierte er mit Auf der Flucht (USA 1963-1967), darin David Janssen den flüchtigen Dr. Richard Kimble mimte. The Outsider wurde Roy Huggins‘ nächstes Projekt. Mit Darren McGavin in der Hauptrolle griff er auf jemanden zurück, der in 78 halbstündigen Folgen einst Mickey Spillanes Private Investigator Mike Hammer (USA 1958-1959) verkörpert hatte.
“You’ll never get married. It would mean joining the world, and you are what my father calls an outsider.” Dass man für die deutsche TV-Ausstrahlung im Jahr 1970 The Outsider als Der Einzelgänger übersetzte, ist folgerichtig. David Ross ist ein "Loner" im Sinne der Antihelden des Film Noirs, saß er für sechs Jahre doch selbst im Gefängnis, weil er einst einen Mann mit der bloßen Faust tötete. Er ist kein Freund der Polizei, und Lieutenant Wagner (Ossie Davis), mit dem er es hier zu tun bekommt, schätzt ihn auch nicht und sieht in ihm eher einen Verdächtigen. Michael Ritchies Film ist wunderbar inszeniert, profitiert von Bud Thackerys (Traffic In Crime, USA 1946) Kameraarbeit und neben Darren McGavin auch von der Beteiligung der Film Noir-Veteranen Edmond O’Brien, Ann Sothern und Audrey Totter. Nur der Kriminalfall selbst entpuppt sich als müde und wenig originelle Variation des Altbekannten. So hinterließ mich der Abspann etwas enttäuscht: hier hätte ich mir von Autor Roy Huggins mehr erhofft. Mit seinem Zeitkolorit, einem Auftritt James Browns und Band, die in Vor- und Abspann nicht genannt werden, in einem Nachtclub namens The Trip und mit Darren McGavin als P.I. David Ross ist der Film allemal kurzweilig.
Bis heute (2024) gibt es trotz aller Wiederentdeckungen auch im Bereich des TV Noirs der 50er und 60er Jahre letzten Jahrhunderts keine BD- oder DVD-Edition des Pilotfilms oder der im Jahr darauffolgenden TV-Serie, auch online läuft The Outsider leider nirgendwo.