Menschenraub in Singapur

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Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
World For Ransom
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1954
Darsteller

Dan Duryea, Gene Lockhart, Patric Knowles, Reginald Denny, Nigel Bruce

Regie
Robert Aldrich
Farbe
s/w
Laufzeit
82 min
Bildformat
Vollbild

 


 

 

Auf dem spärlich beleucheten, nächtlichen Boulevard im Stadtstaat Singapur ist die Nacht tropisch heiß. Die Loseverkäuferin Wei Ling (Carmen d’Antonio) preist lautstark die Glücksverheißungen ihrer Lotterie an, als Privatdetektiv Mike Callahan (Dan Duryea) im hellen Tropenanzug schweißbedeckt des Weges kommt. Heute hat er jedoch kein Ohr für die Schönheit der Gasse und vertröstet sie, indessen er weitergeht. Callahan hat eine Verabredung mit dem Mobster Johnny Chan (Clarence Lung), der ihn mithilfe eines Schergen überraschend dazu zwingt, ihn auf einer Fahrt in ein Versteck zu begleiten. Dort angekommen, will Chan von Mike Callahan erfahren, was dessen Freund Julian March (Patric Knowles) neuerdings mit dem kriminellen Handlanger Leo Guzik (Lou Nova) zu schaffen habe Als sich Callahan wenig kooperativ zeigt, erzählt ihm Johnny Chan eine Geschichte. Unweit der Stadt gäbe es im Dschungel ein Dorf, berichtet er, deren Einwohner während des Zweiten Weltkriegs getötet worden seien. Der verlassene Ort sei ein idealer Lagerplatz für Waren, die Chan gern vor den Blicken der Behörden verborgen sähe. Vor einiger Zeit seien March und Guzik mit dessen Boss Alexis Pederas (Gene Lockhart) dort aufgetaucht und hätten das Dorf im Handstreich annektiert. Nun ist auch Callahan überrascht. Jener hält seinen Freund Julian March, der mit Callahans ex-Geliebter und Nachtclubsägerin Frennessey (Marian Carr) verheiratet ist, für einen Dandy und Schwächling, aber nicht für einen Kriminellen…

 

“I know, by most people’s standards I am not what’s considered a good husband. But in a strange sort of way I am.” Seit den 30er Jahren liebte Hollywood im allgemeinen und ab den 40ern auch der Film Noir exotische Schauplätze in Übersee. Klangvolle Namen in Fernost oder in Mittel- und Südamerika, das Flair der Subtropen und die Unwägbarkeiten der Fremde mit ihren Kulturdifferenzen suggerierten dem Kinopublikum seit Beginn des Tonfilms Geschichten voller Spannung und Überraschungen. In Josef von Sternbergs Abrechnung in Shanghai (USA 1941) wurden die in der chinesischen Metropole gestrandeten US-Amerikaner, Frauen ebenso wie Männer, als Glücksritter und Überlebenskünstler porträtiert. In John Brahms Singapur (USA 1947) fahndet US-Skipper Matt Gordon (Fred MacMurray) nach seiner im Zweiten Weltkrieg verschollenen Freundin Linda Grahame (Ava Gardner). In Ted Tetzlaffs Riffraff (USA 1947) verliebt sich der in Panama City lebende Privatdetektiv Dan Hammer (Pat O’Brien) in die Nachtclubsägerin Maxine Manning (Anne Jeffreys). In Josef von Sternbergs und Nicholas Rays Macao (USA 1952) sind es Robert Mitchum, Jane Russell, Gloria Grahame und William Bendix, die in der Schwüle jener chinesischen Stadt der Casinos und des Verbrechens ihr Spiel treiben. Robert Aldrichs Kinodebüt als Regisseur mit dem Titel Menschenraub in Singapur ist eine Low-Budget-Produktion im Vertrieb der Allied Artists und wurde in lediglich 10 Tagen in den Kulissen eines TV-Studios gedreht. Letztere waren diejenigen der Serie The New Adventures Of China Smith (USA 1954-56) mit Dan Duryea als Emigrant und Draufgänger, der auch hier die Hauptrolle spielt und als Private Eye Mike Callahan in einen wirren Plot von internationaler Tragweite hineingezogen wird. Dabei geht es um den Professor der Nuklearphysik Sean O‘Connor (Arthur Shields), welcher eine Atombombe konstruieren könnte, und der von Alexis Pederas gekidnappt wird, um ihn an die meistbietende Nation zu verschachern. 

 

 

“World for Ransom rates as a film noir on the strength of Duryea’s character, a typical noir antihero”, schreibt Mark Fertig für Where Danger Lives. Es gibt jedoch einiges hinzuzufügen, was ihn ebenfalls als einen solchen qualifiziert. Auf Filmplakaten mühte man sich seinerzeit, das Werk als farbenfrohes Abenteuer vorzustellen und zeigte Standfotos des finalen Shootouts - der letzten 20 Minuten. Alles vorherige spielt in subtropischer Nacht von Kamera-As John F. Biroc (Die gläserne Mauer, USA 1953) in expressionistischem Schwarzweiß brillant ausgeleuchtet und auf Zelluloid festgehalten. Robert Aldrichs Erstling, bei dem er im Vorspann als Produzent genannt wird, indessen eine Angabe zur Regie vollständig fehlt, ist eine Fingerübung in Sachen Stil und solcher ist Film Noir. Die Dreiecksbeziehung zwischen den von Marian Carr, Patric Knowles und Dan Duryea gespielten Figuren erinnert an diejenige in Carol Reeds Der dritte Mann (USA 1949). Die Geheimnisse des Atomzeitalters in Händen gewissenloser Gangster weisen Robert Aldrichs eigenem Film Noir Rattennest (USA 1956) den Weg. Menschenraub in Singapur ist kein guter Film. Er ist andererseit nicht gar so schlecht, wie er mitunter dargestellt wurde. Allemal nur für hartgesottene Film-Noir-Liebhaber zu empfehlen.

 

In den USA gibt es via Olive Films als World For Ransom (= Originaltitel) eine bild- und tontechnisch jeweils sehr gut restaurierte BD- und DVD-Edition (2015, RC 1), die den Film ungekürzt im Originalformat mit englischer Tonspur ohne Untertitel und ohne Extras präsentiert. Eine weitere DVD-Edition (2015) erschien in vergleichbar guter Qualität als Singapore – intrigo internazionale via Sinister Film in Italien mit optional italienischen Untertiteln. Unterm Originaltitel gibt es via Reel Vaults mit der original Tonspur ohne UT auch eine englische DVD (2018). In Deutschland ist das Werk via Cargo Records unterm Verleihtitel Menschenraub in Singapur ebenfalls auf DVD (2019) erschienen, mit dem Originalton und mit wahlweise der deutschen Kinosynchronisation, dazu den Kinotrailer und eine Bildergalerie als Extras.

 


Film Noir | 1954 | USA | Robert Aldrich | Joseph F. Biroc | Dan Duryea | Gene Lockhart

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