Nur ein kleiner Gefallen

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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
**
Originaltitel
A Simple Favor
Kategorie
Neo Noir
Land
CAN/USA
Erscheinungsjahr
2018
Darsteller

Anna Kendrick, Blake Lively, Henry Golding, Andrew Rannells, Linda Cardellini

Regie
Paul Feig
Farbe
Farbe
Laufzeit
117 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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© Studiocanal GmbH

New York: In ihrem Vlog verkündet die junge Witwe und allein erziehende Mutter Stephanie Smothers (Anna Kendrick) ihrem Publikum anderer Mütter, dass sie heute ein Rezept für Zucchini-Schokoladen-Kekse vorstellen werde. Zugleich verspricht sie neue Informationen im Fall der vermissten Emily Nelson (Blake Lively), ihrer besten Freundin, die vor 5 Tagen verschwand, nachdem sie kurz zuvor Stephanie darum gebeten hatte, ihren sechsjährigen Sohn Nicky (Ian Ho) von der Schule abzuholen und bis zum Abend zu betreuen. Nicky ist mit Stephanies Sohn Miles (Joshua Satine) befreundet. Die beiden gehen zusammen in die erste Klasse, und es war vor wenigen Wochen aus Anlass einer Schulfeier, dass Stephanie zum ersten Mal Emily traf… An jenem Tag war in der von Mrs. Kerry (Glenda Braganza) geleiteten Schulklasse von Nicky und Miles der sogenannte Ethnic Food Day und Stephanie Smothers brachte ein Tablett ihrer fleischlosen schwedischen Fleischbällchen mit. Bei der Vergabe weiterer Elterndienste für künftige Veranstaltungen war Stephanie kaum zu bremsen, indessen auch Emily Nelsons Name fiel und die Eltern Darren (Andrew Rannells) und Stacy (Kelly McCormack) darüber spotteten, dass letztere wahrscheinlich nicht mal wüsste, wozu es eine solche Liste überhaupt gäbe. Doch als Stephanie Smothers vor dem Schulgebäude mit Nicky und Miles einen möglichen Spielnachmittag debattierte, trat Emily Nelson, Marketingchefin des Modehauses Dennis Nylon, unerwartet persönlich in Erscheinung…

 

Von allen Filmen, die sich im Rückgriff auf den Film Noir oder den Neo Noir des Stilmittels des Humors bedienen, ist das der schlechteste, den ich je sah. Nur ein kleiner Gefallen ist auch jenseits davon in fast jeder Hinsicht missglückt, aber dazu komme ich später…  Entgegen landläufiger Meinungen hat der Humor im dunkel abgründigen Film Noir und Neo Noir durchaus seinen Platz. Von Anbeginn waren es im klassischen Noir jene flinken Dialoge und bissigen Einzeiler, die dem Publikum selbst ein Lädcheln in die Mundwinkel zauberten. So manche Hommage oder Parodie des Film Noirs und des Neo Noirs überspitzte diese Tradition: Carl Reiners Tote tragen keine Karos (USA 1982), Stephen Frears‘ Grifters (USA 1990) oder Woody Allens Im Bann des Jade-Skorpions (USA/GER 2001) bewiesen, dass der Neo Noir auch mit einer deftigen Dosis schwarzen Humors den Nerv seines Publikums treffen kann. Paul Feigs Nur ein kleiner Gefallen bewegt sich aber unterhalb der von mir bisher als Tiefpunkte der Neo-Noir-Komödie beurteilten Filme von Shane Black, nämlich Kiss Kiss Bang Bang (USA 2005) und The Nice Guys (USA 2016). Feigs mit der Brechstange und einem Maximum an Klischees konstruiertes Märchen von der spießbürgerlichen Heldin Stephanie Smothers serviert nach dem Debüt-Roman von Darcey Bell (EA 2017) und der Adaption durch ein Drehbuch von Jessica Sharzer einen kaum erträglichen, extrem angestaubten Sitcom-Humor. Traurig stimmt mich dabei, dass die im Film bis hinab zu unvorstellbaren Tiefpunkten zelebrierte Aneinanderreihung weiblicher Rollenklischees allen Ernstes von zwei Frauen verfasst wurde. Stephanie Smothers und Emily Nelson (Blake Lively) zeigen so viel Persönlichkeit wie ein Set Barbie-Puppen aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts und ihr Rollenverständnis reicht noch weiter zurück.

 

“This half-baked missing persons thriller... gamely attempts to reinvent the careers of its two stars and its director, but isn't nearly dark, nasty or tough enough“, schrieb Kevin Maher für die Times. Richtig! Er ist ein Hohelied auf den biederen US-amerikanischen Mittelstand, zudem enttarnt er sich mit dem Finale und seinem Abspann endgültig als blödsinnige Farce. Auch John McNaughtons Wild Things (USA 1998), Mike Barkers Best Laid Plans (USA 1999) oder David Finchers Gone Girl – Das perfekte Opfer (USA 2014) kranken an einer Überfülle mit Gewalt hebeizitierter Wendungen einer Filmhandlung, und es ist mehr als offensichtlich, dass der ach so originelle Nur ein kleiner Gefallen sich von derlei Werken hat inspirieren lassen und lediglich das Setting in ein Vorstadt-Idyll nach Mustern beliebter TV-Serien verlagerte. Ein Rätsel sind mir auch die Lobeshymnen auf das Schauspiel in diesem Machwerk, welches ich seitens der drei Darsteller im Zentrum der Handlung – Anna Kendrick, Blake Lively, Henry Golding – als Abfolge von TV-Stereotypen empfand: Rollencharaktere auf dem Niveau eines Werbespots oder bestenfalls auf dem einer Vorabendserie. Stephanie Smothers, die im Film mit leichter Ironie und ansonsten distanzlos zur Heldin stilisiert wird, ist für mich der Inbegriff spießbürgerlicher Selbstgerechtigkeit und genau das ist auch dieser Film. Oder war die ursprüngliche Idee, solche Charaktere in ihrer Scheinheiligkeit vorzuführen, nur dass entweder Paul Feig es verbockt hat oder sein rabenschwarzer Sarkasmus für mich als Zuschauer unsichtbar bleibt? Tja, möglich wär’s.

 

Es gibt eine technisch jeweils erstklassige deutsche BD- und DVD-Edition (2019) der Studiocanal GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat, dazu die englische Tonspur und die deutsche Kinosynchronisation, optional deutsche Untertitel sowie den Kinotrailer, Audiokommentare von Paul Feig und mehrerenDarstellern, einige Featurettes, geschnittene Szenen sowie ein alternatives Ende als Extras.

 


Neo Noir | 2018 | USA | Paul Feig | Roger Dunn | Blake Lively

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