Grifters

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
The Grifters
Kategorie
Neo Noir
Land
USA/CAN
Erscheinungsjahr
1990
Darsteller

Anjelica Huston, John Cusack, Annette Bening, Pat Hingle, J.T. Walsh

Regie
Stephen Frears
Farbe
Farbe
Laufzeit
105 min
Bildformat
Widescreen
 

 

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Los Angeles, Kalifornien: Lilly Dillon (Anjelica Huston) fährt seit Jahr und Tag für den Mobster Bobo Justus (Pat Hingle) von Pferderennen zu Pferderennen und wettet große Summen, um mit ihren Einsätzen die Gewinnausschüttungen zu manipulieren. Dabei achtet Sie darauf, selbst nicht zu kurz zu kommen, und verwahrt im Kofferraum ihres Autos einen Koffer, darin sie sukzessive die an Bobo vorbei geschummelten Gewinne für sich anspart. Ihr Sohn Roy Dillon (John Cusack) ist ein Gauner, der sich mit raffinierten Taschenspielertricks so langsam aber sicher ein Vermögen erschleicht. Er verwahrt sein Geld in bar im Hohlraum eines Bilderrahms an der Wand seines Apartments. Roys Freundin Myra Langtry (Annette Bening) betrügt, wo immer sich ihr eine Gelegenheit bietet, heute einen Juwelier (Stephen Tobolowsky), der ihr zwar auf die Schliche kommt, sich gegen das Angebot ihrer körperlichen Reize aber nicht zur Wehr setzen kann… Roy hat weniger Glück, denn einem Barkeeper (Joe Munroe) fällt sein Betrugsschema auf und Dillon bekommt einen üblen Faustschlag in die Magengegend, von dem er sich auffallend mühsam erholt. Noch bevor Myra bei ihm auftaucht, erinnert er sich in einem Tagtraum selbst, wie er einst vom Grifter Mintz (Eddie Jones) sein Handwerk erlernte…
 
“Why work at some crummy two-bit job when the world is full of suckers?“ Der für den Film Noir so typische Sprachwitz, dem sich ein Gutteil der Faszination aller Filme der klassischen Ära verdankt, hebelt immer wieder die Fassade der bürgerlichen Moralkonventionen aus und führt den Zuschauer in eine Welt, die der seinen unmittelbar benachbart ist. Der eine Schritt vom Weg ab, in Grifters anhand einer Rückblende dargeboten, darin Roy Dillon aus eigenem Antrieb zum „Grifter“ – zum Trickbetrüger – wird, führt ins Reich unbegrezter Möglichkeiten. Geschickte Manipulationen entscheiden innerhalb kürzester Zeit über Armut oder Reichtum, über Verlust oder Gewinn. Nur ein Arsenal von Tricks und ein präzises Verstehen der Psychologie von Habenwollen und Haben ist vonnöten, um seine Mitmenschen hinters Licht zu führen und auszunehmen. Die Betrüger, Profis einer skrupellosen Vorteilnahme um jeden Preis, sind Geschöpfe des Kapitalismus’. Für sie zählt nichts als Geld. Solches ist der Treibstoff ihres Lebens und täglich arbeiten sie mit vollem Einsatz einzig und allein an deren Vermehrung – eloquent und gut gekleidet wie Geschäftsleute. Sie stehen nicht außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft, sie sind deren natürlichster Bestandteil und bei allen hoch angesehen – vom Hotelmanager bis zum Police Officer. Doch was hier locker anhebt, obgleich schon der Vorspann in Schwarzweiß, die Musik Elmer Bernsteins und der Erzähler aus dem Off (Martin Scorsese) in den ersten Minuten den Film-Noir-Bezug herstellen, wird in der zweiten Hälfte zunehmend dunkler. Niemandem darf ein Grifter vertrauen, denn niemand ist für ihn, was der oder die Andere vorgibt zu sein. Entzieht er sich einerseits der Fassade bürgerlicher Wohlanständigkeit, ist andererseits sein eigenes Tun hinter einer solchen Fassade verborgen – ist sein Leben nichts als Täuschung. Darin gibt es nichts Echtes, weil es das nicht geben darf.
 
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© Universum Film GmbH

 
Jim Thompsons Romanvorlage The Grifters markiert mit der Beziehung zwischen der Mutter und ihrem Sohn ein Extrem dieses Verlusts von Urvertrauen in die eigene Existenz und ihre Bedingungen. Zunehmend animalischer, bis hinab zum Trieb des nackten Überlebens steigert sich das Mit- und Gegeneinander der beiden Kontrahenten und führt zu einem wahrlich beeindruckenden Finale. Stephen Frears’ Grifters ist Film Noir in Reinkultur, ein vielschichtiger und von faszinierenden, hemmungslosen Charakteren getriebener Film, dessen mörderische Schlussminuten an logischer Konsequenz nichts zu wünschen übrig lassen. Neben Anjelica Huston, die eine herausragende Leistung bietet, ist vor allem Pat Hingle als Mobster Bobo Justus großartig, wie überhaupt das Verhältnis der beiden zum Besten des Films gehört. Trotz der Namen vor und hinter der Kamera – Scorsese, Frears, Cusack, etc. – ist der Neo Noir Grifters jedoch kein Meisterwerk. Vielleicht sind die Charaktere tatsächlich zu distanziert, vielleicht sind es Cusack und Bening, die solide aber nicht überragend spielen, vielleicht ist es die geruhsame erste Hälfte, bevor der Film richtig Fahrt aufnimmt – die ganz große Klasse erreicht er trotz der Autoren Thompson (Roman) und Donald E. Westlake (Drehbuch) leider nicht. Einmalig ansehen sollte sich der Film-Noir-Freund Grifters aber auf jeden Fall.
 
Sehr gute DVD-Ausgabe (2007) der Universum Film GmbH, München, mit dem Film ungekürzt im Originalformat, optional deutsche und englische Tonspur ohne Untertitel, ein Making Of, ein Interview mit Stephen Frerars und den original Kinotrailer als Extras. Ein Manko ist allerdings die  deutsche Synchronisation, die dem Film seine Magie raubt. Unbedingt auf Englisch ansehen, das geht ansonsten gar nicht.
 

 

Neo Noir | 1990 | USA | Stephen Frears | Donald E. Westlake | Jim Thompson | J. T. Walsh | John Cusack | Anjelica Huston

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