Gordon Jackson, June Thorburn, Maya Koumani, Terence Alexander, Mary Clare
© Renown Pictures Ltd.
London: Richard Fuller (Gordon Jackson) saß wegen der Veruntreuung von Firmengeldern für einige Zeit im Gefängnis. Er hatte einem Freund Bardgeld seines Arbeitgebers geliehen. Anstatt es zum vereinbarten Zeitpunkt zurückzugeben, verschwand jener damit; Richard Fuller wurde verhaftet und verurteilt. Zur Entlassung gibt ihm der Gefängnisdirektor ein Empfehlungsschreiben, das an eine Dienststelle zur Wiedereingliederung von ex-Häftlingen adressiert ist. Aber Fuller hat kein Glück. Er verliert eine Anstellung nach der anderen, niemand will einem ex-Kriminellen eine Chance einräumen… Eines Tages sitzt er auf einer Parkbank und durchstöbert deren Stellenanzeigen. Ein Jugendlicher neben ihm liest ein Buch über einen Serienhelden namens Roger Fenton. Da beschließt Fuller seinen Namen zu ändern und als Roger Fenton sein Glück zu versuchen. In einer Kleinstadt arbeitet er in der Hausverwaltung von H.G. Shipley (Llewelyn Rees) und kann sein Talent unter Beweis stellen, als er beauftragt wird, eine halb verfallene Villa bei Dunsley in Augenschein zu nehmen. Während er deren Räume inspiziert, kommt ein Hund zur offenen Verandatür herein, welcher der Kunstmalerin Audrey Truscott (June Thorburn) gehört, die in der Nähe lebt. Sie habe sich angewöhnt, während ihrer Spaziergänge den Garten des leerstehenden Hauses zu durchqueren, erklärt sie, und lädt Fenton zum Tee ein. Sie bereitet aktuell eine Ausstellung vor und wundert sich über den Namen ihres Gastes, da sie selbst einst ein Roger-Fenton-Buch las…
“Two packets of blackmail, please!“ Montgomery Tully war mit seinem ersten Spielfilm Murder In Reverse (UK 1945) zu einem gefragten Regisseur für Kriminaldramen und Film Noirs avanciert und wurde in den 50er Jahren neben Terence Fisher einer der Filmschaffenden für die Film-Noir-Serie der Hammer Film Production und der US-amerikanischen Lippert Pictures. Der mit Dan Duryea besetzte Das Gangster-Syndikat (UK 1953) und Five Days / Paid To Kill (UK/USA 1954) mit Dane Clark in der Hauptrolle listen jeweils Montgomery Tully als Regisseur. Was die B-Produktion The Price Of Silence ausmacht, ist eine Riege kompetenter Schauspieler aus der zweiten Reihe, und mit Ausnahme der wenig ausdrucksvollen Maya Koumani liefern sie gute bis sehr gute Leistungen ab. Gordon Jackson hatte sich in den 50er Jahren in mancher Nebenrolle hervorgetan, sei es in Douglas Peirces Die Affäre Delavine (UK 1955) oder in Cyril Endfields Duell am Steuer (UK 1957). Er entwickelt eine gute Chemie mit June Thornburn, die ihrerseits in Komödien und B-Filmen herangewachsen war. Auch Sam Kydd in der Rolle des ehemaligen Mithäftlings und Erpressers von Roger Fenton, der als “The Slug“ firmiert, sowie Victor Brooks als Superintendent Wilson von Scotland Yard überzeugen. Die Geschichte vom ex-Häftling, der wieder auf die Füße zu kommen hofft, ist ein Zentralthema des Film Noirs und des Neo Noirs. Von Fritz Langs Gehetzt / Du lebst nur einmal (USA 1937) über Henry Hathaways Feind im Dunkel / Der weiße Schatten (USA 1946) und Phil Karlsons Der vierte Mann (USA 1952) bis zu Marcel Bluwals Im Fahrstuhl fuhr der Tod (FRA 1962) oder Guillaume Canets Blood Ties (FRA/USA 2013) wurde die Figur im Film Noir mitunter zu einem Dreh- und Angelpunkt. Trotz neuen Namens kann auch Roger Fenton alias Richard Fuller seine Vergangenheit nicht abstreifen, sie verfolgt ihn erbarmungslos… Das könnte der Startpunkt für einen guten Thriller sein. Doch außer an guten Schauspielern fehlt es diesem B-Film so ziemlich an allem.
© Renown Pictures Ltd.
Ungeachtet der Laufzeit von nur 73 Minuten ist The Price Of Silence, die Verfilmung des Romans One Step From Murder (EA 1958) aus der Feder Laurence Meynells, unfassbar zäh und langweilig. Viele Möglichkeiten, die Rollencharaktere detaillierter zu porträtieren oder das Tempo anzuziehen, werden verschenkt. Die Beziehung zwischen Roger Fenton und Maria Shipley, der um ein vielfaches jüngeren Ehefrau seines Chefs, die Fenton für eine Affäre gewinnen will, wird redundant ausgewalzt und diejenige zu Audrey Truscott bleibt skizzenhaft. Im Finale löst sich alles, was Fentons Identität und Leben in Freiheit bedrohte, ruckzuck in Wohlgefallen auf, indessen vor der Tür Audrey samt Hund im Cabriolet wartet – bereit zur Fahrt in die Flitterwochen. Vor allem aber wird die beste Anlage der Story komplett missachtet: Roger Fenton ist erfolgreich und sichert sich die Aufmerksamkeit seines Chefs, weil er zugunsten eines Geschäftsabschlusses skrupellos auf seinen Vorteil bedacht ist und seinen Konkurrenten gnadenlos in die Pfanne haut. Sein Erpresser “The Slug“ kämpft mit der wenig einträglichen Geschäftsgründung eines Kiosks ums Überleben und kümmert sich zudem um seinen 15-jährigen Sohn… Bei genauer Betrachhtung ist es Fenton, der über Leichen zu gehen bereit ist und den Sozialdarwinismus gesellschaftlicher Verhältnisse verinnerlicht hat. Diese Ambivalenz lässt der Film außen vor: „The Slug“ verschwindet kommentarlos, der vom Ehrgeiz besessene Fenton triumphiert, der Zuschauer gähnt.
Es gibt eine solide, allerdings kaum restaurierte Fassung des Werks in der insgesamt mit 10 Filmen bestückten 3-DVD-Box (2017) The Renown Pictures Crime Collection Volume One der Renown Pictures Ltd. (UK), bild und tontechnisch akzeptabel, mit der original englischen Tonspur ohne Untertitel und auch ohne Extras.