Michael Rennie, Moira Lister, Faith Brook, Joy Shelton, Patricia Goddard
© Verlag für Filmschriften Christian Unucka
Im Londoner Themsehafen gelingt es Inspector Gringall (Barry Jones) von Scotland Yard, den Kurier einer Geldfälscherbande beim Betreten eines Schiffes zu verhaften… Am nächsten Tag eilt Windy Nicholls (Paul Carpenter) raschen Schritts die Stufen zu Callaghan Investigations empor - zu den Büroräumen seines Chefs, des Privatdetektivs Slim Callaghan (Michael Rennie). Hier trifft Windy im Vorzmmer auf die von ihm verehrte Sekretärin Effie (Joy Shelton), die jedoch seine Einladung ins Kino erneut ausschlägt. Er händigt Callaghan die Zeitung mit der Titelseite zu Gringalls Schlag gegen die Geldfälscher aus, als der Inspektor persönlich erscheint und im Auftrag des Staatsanwaltschaft zu eruieren sucht, welche Rolle Callaghan bei der Verhaftung gespielt haben mochte, die auf einen anonymen Hinweis hin zustande kam. Nach einigem Tauziehen verabschiedet sich Gringall, der als Nutznießer von Slim Callaghans gesetzeswidriger Methoden nichts gegen ihn zu unternehmen gedenkt. Callaghan informiert Effie und Windy, dass er an diesem Abend im Nightlight Club anzutreffen sei und verabschiedet sich. Sofort darauf nimmt Windy den Anruf eines Colonels Jervis Stenhurst von dessen Landgut Dark Spinney entgegen, der den Detektiv unbedingt sprechen möchte. Windy Nicholls empfiehlt dem Colonel, in dem betreffenden Nachtclub nach Callaghan zu fragen. Jener sitzt dort geruhsam an der Bar, doch in einem unbeobachteten Moment schüttet eine junge Frau (Margaret Allworthy) in Slim Callaghans Drink ein Pulver…
“There are times when I think you’re the most horrible person in the world.“ – Possibly…” Mit dem Roman Uneasy Terms (EA 1946) verfilmte Vernon Sewell 1948 das siebente und letzte Buch aus Peter Cheyneys Slim-Callaghan-Serie, welches zugleich die erste Adapotion für die Kinoleinwand darstellte und den Autor selbst auch als Verfasser des Drehbuchs verpflichtete. Zu dem Zeitpunkt hatte Cheyney seine Serie über die später im Film deutlich populärere Lemmy-Caution-Reihe bereits beendet. Doch erst als der erfolgreiche Kriminalschriftsteller Peter Cheyney 1951 im Alter von nur 55 Jahren verstarb, sollte dies eine bis in die Sechziger abdauernde Flut von Slim-Callaghan- und Lemmy-Caution-Filmen auslösen. Davon sind lediglich noch Im Banne des blonden Satans (FRA 1953) und Meet Mr. Callaghan (UK 1954) dem Film Noir zuzurechnen, demgegenüber der Ton solcher Filme später immer mehr zur Krimikomödie verflachte. Während Lemmy Caution stets mit dem US-amerikanischen Sänger und Schauspieler Eddie Constantine besetzt wurde, gab es für den Callaghan mehrere Darsteller. Michael Rennie verkörperte ihn nur einmalig in Bigamie…?, einem in Anbetracht des Aufbaus der Filmhandlung grotesken Titel für diesen britischen Film Noir im Fahrwasser der deutlich besseren Raymond-Chandler-Verfilmungen mit Dick Powell oder Humphrey Bogart als Philip Marlowe. In Chandlers Roman Tote schlafen fest (EA 1939) erhät General Sternwood Briefe eines Erpressers, der ihn auf die Spielschulden seiner jüngeren Tochter Carmen aufmerksam macht, und auch die ältere Tochter Vivian, deren Ehemann verschwunden ist, scheint in dunkle Machenschaften verwickelt… Aus dem General Sternwood wird in Cheneys Uneasy Terms ein Colonel Stenhurst, aus den Töchtern Carmen und Vivian werden die jüngere Nichte Corinne (Moira Lister) und die ältere Nichte Viola (Faith Brook), schon die Namens sind befremdlich ähnlich. Eine Erpressung und ein Nachtclubbesitzer als Drahtzieher in letzter Instanz, zu dem beide Frauen in einer Beziehung stehen - es finden sich noch einige Parallelen, sind die Handlungsverläufe zuletzt auch verschieden.
Ebenso wie St. John Legh Clowes’ König der Unterwelt (UK 1948) und wie Edmond T. Grévilles Die seidene Schlinge (UK 1948) orientiert sich Bigamie…? stark an den US-amerikanischen Vorbildern des Film Noirs jener Zeit und versucht ihnen nachzueifern. Der originär britische Film Noir hatte direkt nach dem Zweiten Weltkrieg aber selbst viel zu bieten, sorgen hier auch Michael Rennie, Barry Jones, Faith Brook und Moira Lister mit ihrem jeweils überzeugenden Schauspiel für tendenziell kurzweilige 90 Minuten. Demgegenüber war mir der Verlauf der Handlung zu dialoglastig. In langen Schleifen des Gesprächs folgt der Zuschauer der künstlich komplexen Handlung, die vom Ende her nicht viel hergibt, demgegenüber nach dem Finale der von boshaftem Witz geprägte Schlussteil derart abrupt daherkommt, dass die Glaubwürdigkeit dessen nicht gegeben ist und zwar nicht ansatzweise. Fazit: Vernon Sewells Film Noir Bigamie..? ist eine obskure Randnotiz des europäischen Kinos der 40er Jahre, heute aber höchstens für eingefleischte Connaisseure von marginalem Interesse.
Bis dato gibt es von diesem Film weltweit weder eine BD noch eine DVD- Lediglich vereinzelt finden sich Kopien von minderwertiger Qualität in einigen der einschlägigen Online-Portale.