Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen

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Bewertung
*****
Originaltitel
Bad Lieutenant: Port Of Call – New Orleans
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
2009
Darsteller

Nicolas Cage, Eva Mendes, Vondie Curtis-Hall, Val Kilmer, Brad Dourif

Regie
Werner Herzog
Farbe
Farbe
Laufzeit
117 min
Bildformat
Widescreen
 

 

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Als der Hurrikane Katrina über New Orleans hereinbricht, rettet Sergeant Terence McDonagh (Nicolas Cage) den Kleinkriminellen Evaristo Chavez (Nick Gomez) aus einer gefluteten Gefängniszelle und zieht sich beim Sprung ins Wasser ein unheilbares Rückenleiden zu. Um mit den Schmerzen zu leben, greift der für seine Tat zum Lieutenant beförderte Cop zu harten Drogen, die er sich aus Beständen seines Reviers zu beschaffen weiß. Captain James Brasser (Vondie Curtis-Hall) schätzt McDonagh und beauftragt ihn mit der Aufklärung eines Massakers zwischen rivalisierenden Drogenkartellen. Damit wird der Lieutenant in einen Strudel aus Rausch, Sex und Korruption gezogen. Denn Drogen beschafft er auch seiner Freundin Frankie (Eva Mendes), einer Edelprostituierten. Schon bald ist ihm jedes Mittel Recht, um im großen Stil an Rauschmittel und an Geld zu gelangen, mit der er beim Buchmacher Ned (Brad Dourif) seine Wettschulden begleichen will. Als er schließlich dem Gangster Big Fate (Alvin 'Xzibit' Joiner), dem Auftraggeber des Massakers, gegenüber tritt, schlägt ihm McDonagh einen Deal vor... 
 
Das Waschblatt der deutschen DVD-Edition spricht von einem „modernen Film Noir“. Ist das wohl richtig? Erfreulichweise ja.. Werner Herzogs Port Of Call - New Orleans, wie der Film ursprünglich hatte heißen sollen, ist durch und durch Neo Noir. Sein schier unfassbarer Zynismus reicht von der Grundierung bis in seine höchsten Verästelungen. Als deutscher Regisseur in der Tradition von Fritz Lang, Robert Siodmak, Edgar J. Ulmer und später Wim Wenders (Hammett, USA 1982) zeigt Herzog, dass sich in den USA noch heute erstklassige Filme drehen lassen. Zugleich führt er die USA und die Traumfabrik Hollywood vor und zwar so, dass es scheinbar weder von Kritikern noch vom Publikum sonderlich bemerkt wurde. Das Ende des Films ist schwärzer als schwarz – es ist diabolisch gut. Auch als ein Kommentar zum gesellschaftspolitischen Bestand ist diese Farce ein Meisterstück!
 
"Everything I take is prescription - except for the heroin." Der gefallene Gesetzeshüter ist eine klassische Figur des Film Noirs und in vielen Inkarnationen eine solche faustischen Zuschnitts. Van Heflin in Dem Satan singt man keine Lieder (1951), Fred MacMurray in Schachmatt (1954), Orson Welles in Im Zeichen des Bösen (1958), Treat Williams in Prince Of The City – Die Herren der Stadt (1981) und natürlich Harvey Keitel in Bad Lieutenant (1992) standen für Werner Herzogs Neo Noir Pate. Die Schauplätze, Darsteller, Rollencharaktere, Schnittfolge, Kameraarbeit, Musik  – all das ist exzellent gewählt und ausgeführt. Dass Nicolas Cage in der Hauptrolle eine seiner besten Darstellungen präsentiert, ist nur noch die Zugabe. Eva Mendes, Jennifer Coolidge, Brad Dourif und Michael Shannon sind ihrerseits topp besetzt und zu 100% glaubwürdig. Werner Herzogs Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen ist ein aberwitziger, ein bitterböser, ein zeitgemäßer und ein teils missverstandener Neo Noir der Extraklasse.
 
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© Splendid Film GmbH

 
"The only criminal he can't catch is himself" lautete ein durchaus cleverer Werbespruch für den Film. Aber obwohl er sich u.a. an Abel Ferraras Bad Lieutenant (USA 1992) anlehnt, - Eva Mendes als Hure heißt Frankie, in Ferraras Streifen spielt Frankie Thorn eine vergewaltigte Nonne - ist er definitiv kein Remake. Wie angemerkt, hatte Werner Herzog selbst einen anderen Titel für seinen Neo Noir im Sinn, musste sich aber dem Druck des Studios beugen, das sich dadurch eine bessere kommerzielle Verwertbarkeit erhoffte. Schließlich suchte Werner Herzog den verärgerten Abel Ferrara persönlich auf und entschuldigte sich bei ihm dafür. Eine Geste, die für sich selbst spricht.
 
Exzellente Bd- und DVD-Ausgaben u.a. auch als 2-Disc Special Edition der Splendid Film GmbH (2009), die dem Werk auf allen Ebenen gerecht wird: 1A Bildqualität, Tonspuren auf Deutsch und Englisch, dazu deutsche und auch englische Untertitel, ein Wendecover und lohnenswerte Extras. Vorbildlich!
 

Neo Noir | 2009 | USA | Werner Herzog | Brad Dourif | JD Evermore | Marco St. John | Michael Shannon | Nicolas Cage | Tom Bower | Tony Bentley | Val Kilmer | Vondie Curtis-Hall | Eva Mendes

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am 21. Juli 2013 - 13:36

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Nach der mir bekannten Version ist Werner Herzog Abel Ferrara vor ein paar Jahren beim Festival in Venedig mehr oder weniger zufällig über den Weg gelaufen und hat die Gelegenheit genutzt, ein paar kurze Worte des Bedauerns auszudrücken. Ferrara hatte danach erklärt, dass die Angelegenheit für ihn erledigt sei und er Herzog vergebe.

Was keineswegs eine Selbstverständlichkeit war. Denn wenn man beide 'Bad Lieutenants' an einem Abend hintereinandser anschaut, fällt einem überhaupt erst auf, wie schamlos Herzog & Co. bei Ferrara geklaut und geplündert haben: Die Sucht nach Sportwetten und Drogen, Schulden bei den Buchmachern, Beschaffungskriminalität, diverse Liebschaften mit Haupt- und Nebenfrauen, Erpressung und sexuelle Nötigung von Pärchen auf dem Parkplatz... Dies sind alles Ideen und Handlungen, die nahezu 1:1 und ohne besondere Variationen aus dem '92er 'Bad Lieutenant' übernommen wurden - ohne die Kühnheit und die Kraft des Originals zu erreichen.

Zwar ist Herzogs Film durchaus sehenswert und Nicolas Cage ein guter Schauspieler, doch im direkten Vergleich mit Ferrara & Keitel verlieren beide. Cage erinnert im Übrigen optisch und in seinem Gebaren mitunter stark an einen charismatischen Nebendarsteller aus den 50er und 60er Jahren, der auch im klassischen Film Noir eine Rolle spielte: Timothy Carey. In Stanley Kubricks 'The Killing' (1956) schießt Carey den Renngaul ab; weitere prägnante Auftritte hatte er u.a. in 'Paths of Glory' (1957) und in Marlon Brandos Kultwestern 'One Eyed Jacks'(1961). So sehr ich Cage als schrägen Charakterdarsteller schätze: Timothy Carey war in der Darstellung neurotisch-kaputter Typen seinerzeit noch besser und intensiver.

Trotz der unerreichten Vorbilder mag ich wie gesagt Werner Herzogs 'Bad Lieutenant: Port of Call - New Orleans'. Die Musik ist stimmig und der Streifen ist unterhaltsam, cool, authentisch. Nur eines ist 'Bad Lieutenant: Port of Call' meiner Ansicht nach nicht: ein moderner Film Noir oder auch Neo Noir. Dazu besitzt das Werk zu viel Humor, insbesondere Cage spielt zuweilen hart an der Grenze zur Parodie. Vor allem aber ist es der - vielleicht doppelbödige - , aber dennoch versöhnliche und geradezu märchenhafte Schluss, in dem sich alle Sorgen und Nöte in Luft auflösen, und der den Film fast in die Nähe einer schwarzen Komödie rückt und den Zuschauer zwar amüsiert, doch eben auch ungemein beruhigt und unaufgewühlt zurücklässt.

Hätte sich der Zimmerkellner und ehemalige Häftling, dem Cage einst im Hochwasser das Leben rettete, als Auftragskiller des Syndicats entpuppt, der professionell und nüchtern seinen Job ausführt und die Rache des inhaftierten Drogenbarons vollendet, dann hätte sich der Kreis auf bemerkenswerte Weise geschlossen und das Noir-Attribut wäre in meinen Augen auch halbwegs verdient. Zum Vergleich empfehle ich den Kauf und die Betrachtung von Abel Ferraras desillusionierendem Mafia-Familiendrama 'The Funeral' (1996). Dagegen wirkt Herzogs "Hommage an den Film Noir" fast wie eine heitere Seifenoper.

Barolojoe

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