Strange Days

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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Strange Days
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1995
Darsteller

Ralph Fiennes, Angela Bassett, Juliette Lewis, Tom Sizemore, Michael Wincott

Regie
Kathryn Bigelow
Farbe
Farbe
Laufzeit
139 min
Bildformat
Widescreen
 

 

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Los Angeles: Es sind die ersten Stunden des 31. Dezembers, des letzten Tages im Jahrtausend. Lenny Nero  (Ralph Fiennes) trägt ein Headset namens Superconducting Quantum Interference Device, kurz SQUID genannt. Solches überträgt die Disc mit der Aufzeichnung eines Raubüberfalls direkt auf seine Hirnrinde. Die SQUID-Technologie lässt ein Geschehen nicht nur hören und sehen, sondern mit allen Sinnen so empfinden, wie es sich für die aufzeichnende Person darstellte. Doch die von dem Großhändler Tick (Richard Edson) angebotene Disc ist ein „Blackjack“ die mit dem Tod des Aufzeichnenden endet. Damit will Lenny, ehemaliger Polizeibeamter des LAPD, der in Los Angeles zum größten Dealer der begehrten Discs wurde, nichts zu tun haben. Dennoch kauft er die Aufzeichnung von Tick zu einem geringeren Preis. In der Stadt herrschen seit einiger Zeit Unruhen und auf den Straßen spielen sich Szenen wie in einem Bürgerkrieg ab. In dem Trubel wird eine Frau namens Iris (Brigitte Bako) von den Polizeibeamten Burton Steckler (Vincent D’Onofrio) und Dwayne Engelman (William Fichtner) in eine U-Bahnstation verfolgt. Als eine Bahn einfährt, kann sie sich im letzten Monent in einen Waggon retten, während die Beamten auf sie schießen und Steckler sogar die Scheibe der Waggontür einschlägt. Er bekommt die Perücke der Frau zu fassen und zieht sie zusammen mit einem SQUID-Headset heraus, indessen Iris in der U-Bahn knapp entkommen kann. Iris ruft bei Lenny Nero an. Sie will ihn um Hilfe bitten, doch als Lenny, der eben zur Tür hereinkommt, den Hörer abnimmt, hat die verzweifelte Iris soeben wieder aufgelegt…
 
“Paranoia is just reality on a finer scale.” James Cameron steht für vieles, was ich an Filmen aus dem Hollywood der letzten 30 Jahre verabscheue: für Arnold Schwarzenegger in der Terminator-Serie (seit 1984), für Arnold Schwarzenegger im grauenhaften True Lies - Wahre Lügen (1994), für den zweiten Teil der unsäglichen Rambo-Serie (1985), für den massenkompatiblen Schmonz auf der Titanic (1997), für die pompöse Inhaltsleere von Avatar - Aufbruch nach Pandora (2009). All das stammt aus der Feder von Cameron und in vielen Fällen führte er auch Regie. Cameron bedient das hyper-kommerzielle Blockbusterkino. Sein Zeug ist überblasen, patriotisch, banal. Und dennoch funktioniert Strange Days, für das er gemeinsam mit dem Martin-Scorsese-Autoren Jay Cocks (Zeit der Unschuld, USA 1993) und nach einer eigenen Erzählung das Drehbuch verfasste. Doch mit Kathryn Bigelow als Regisseurin - von 1989 bis 1991 James Camerons Ehefrau - haben wir gleich die nächste kontroverse Figur. Mit ihren Kriegsdramen K-19 - Showdown in der Tiefe (2002), Tödliches Kommando - The Hurt Locker (2008) und Zero Dark Thirty (2012) zog sie sich die Kritik vieler Menschen vor allem außerhalb der USA zu und erwies sich zugleich als exzellente Dramaturgin. Bigelow ist klug und erfolgsorientiert, sie bedient die Emotionalität im Kino wie Stephen Spielberg und hat ein Faible für Zeitlupensequenzen. Strange Days wurde von ihr explizit als zeitkritisch dunkles Statement wider Intoleranz, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit in den USA der 90er Jahre betrachtet.
 
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© Koch Media GmbH
 
“Memories are meant to fade. They're designed that way for a reason.” Lenny Nero ist eine waschechte Film-Noir-Figur in einem dystopischen Los-Angeles-Entwurf, der dem aus Der Blade Runner (USA/HK/UK 1982) verwandt ist und der auch durch die Los-Angeles-Riots im Frühjahr 1992 inspiriert wurde. Die Unruhen finden sich in der Entwicklung der Handlung dezidiert gespiegelt und bilden atmosphärisch den Hintergrund zu einem Film, darin der Alltag in Kalifornien bürgerkriegsähnliche Zustände aufweist. Staatsräson und Kulturleben sind vollends getrennt voneinander und das einzige Prinzip, um in dem Dschungel der Metropole im Verfall zu überleben, ist der Widerstand. Alle Handlungsträger sind kampferprobt und bewaffnet, sie schützen sich und ihre Familien durch Selbstjustiz und erkennen in der staatlichen Obrigkeit nur den Feind. Die James-Cameron-Erzählung erinnert im Komplott an einen James-Ellroy-Roman und zeigt mit ihrer Femme fatale Parallelen zu Steven Soderberghs Die Kehrseite der Medaille (USA 1995). Die elektronische „Droge“ SQUID ist eine Idee, die überzeugt, und Ralph Fiennes und Angela Bassett sind klasse besetzt. Michael Wincott und Juliette Lewis sind in ihren Rollen leider klischeehaft; zudem ist die Action den üblichen Genreformeln eines Hollywoodfilms geschuldet. Aber „Bigelow (…) behält bei all den Schauwerten die Figuren gekonnt im Auge, so dass Strange Days sogar als Neo-Noir vollkommen überzeugt“, schlussfolgert die Kurzkritik bei moviepilot mit einiger Berechtigung.
 
Sehr gute 2DVD- und BD-Editionen (2015) der Koch Media GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat, wahlweise englische und deutsche Tonspur, wobei schon bei den deutschen Untertiteln (optional) klar wird, dass die Übersetzung mehr Löcher als ein Schweizer Käse aufweist und der Sprachwitz des Originals verloren geht.
 

Neo Noir | 1995 | USA | Kathryn Bigelow | Josef Sommer | Michael Wincott | Ralph Fiennes | Tom Sizemore | Vincent D'Onofrio | William Fichtner | Juliette Lewis

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