Man From Nowhere, The

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Psychologische Verteidigung


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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
Ajeossi
Kategorie
Neo Noir
Land
KOR
Erscheinungsjahr
2010
Darsteller

Won Bin, Sae-ron Kim, Tae-hoon Kim, Hee-won Kim, Seong-oh Kim

Regie
Jeong-beom Lee
Farbe
Farbe
Laufzeit
119 min
Bildformat
Widescreen

 


 

 

Eine Stadt in Südkorea, spät abends: Ein Inspektor der Drogenfahndung, Kim Chi-gong (Kim Tae-hoon), zündet sich in der Dunkelheit eine Zigarette an und erkundigt sich per Mobiltelefon bei Detective No (Lee Jong-pil), wo er stecke. Dann wendet er sich an seine hinten im Passagierraum des Mini-Vans sitzenden Untergebenen und erklärt, dass es bald losgehe. Detective Park (Do-won Jeong), der Schlagstöcke verteilt, schärft ihnen ein, die Überwachung von zwei Monaten nicht zu gefährden, und ein übermüdeter Kollege fragt ihn, ob er etwa Angst habe… Indessen fährt eine Limousine beim Eingang eines Nachtclubs vor und ein “Bear“ genannter Krimineller (Son Sang-kyeong) steigt aus und nimmt von der Rückbank eine Reisetasche. Auf der Bühne des Clubs räkelt sich Tänzerin Jeong Hyo-jeong (Kim Hyo-seo) zum Discorhythmus oberhalb der wogenden Gästeschar. Etwas abseits nimmt der übergewichtige “Bear“ an einem Tisch Platz. An der Bar teilt No dem Inspektor via Telefon mit, dass der Drogenkurier angekommen sei und die Polizisten verlassen den Mini-Van. Inspektor Kim Chi-gong macht sich in die entgengesetzte Richtung auf den Weg und weist No an, dass sie erst bei Übergabe zuschlagen dürfen, den Dicken verhaften und die Tänzerin entkommen lassen sollen. Ein Kellner gibt “Bear“ per Telefon ein Signal. Er bedient ihn am Tisch: die Tasche wechselt ihren Besitzer. Detective No hat die Übergabe beobachtet. Samt der Tasche ist der Kellner auf dem Weg in die Garderobe und Jeong Hyo-jeong ebenfalls…

 

"South Korea’s highest-grossing picture of 2010 (…) also leaves an impression as a highly effective, no-nonsense work of contemporary Film Noir”, schreibt Jen Johans für Film Intuition: Review Database und liegt mit solcher Einschätzung, die er selbst als einen Zusatzwert markiert, zumindest teilweise richtig. Die alleinerziehende Mutter und heroinabhängige Clubtänzerin Jeong Hyo-jeong betrügt im Verbund mit dem Kriminellen Nam Seong-sik (Hwang Min-ho) das Drogenkartell um eine Lieferung. Aber sie hat sie Rechnung ohne die skrupellosen Brüder Man-seok (Kim Hee-won) und Jong-seok (Kim Sung-oh) gemacht, die sich bei Gelegenheit von ihrem Boss Oh Myung-gyu (Song Young-chang) loseisen und fortan auf eigene Rechnung arbeiten. Mithilfe ihres Mannes fürs Grobe, Ramrowan (Thanayong Wongdrakul), entführen sie Jeong Hyo-jeong und deren neunjährige Tochter So-mi (Kim Sae-ron), bevor sie bei dem benachbarten Pfandleiher Cha Tae-sik (Wo Bin) auftauchen und ihm das in Jeong Hyo-jeongs Kameratasche versteckte Drogenpaket abluchsen. Cha Tae-sik ist aber nicht der Mann, der er zu sein scheint. Ihn verbindet mit Son-mi eine tiefe Beziehung, von der niemand etwas ahnt... So beginnt Cha Tae-sik seine Suche nach So-mi und was folgt, - Wie könnte es auch anders sein? - ist der gnadenlose Rachefeldzug eines Mannes, dessen wahre Identität nach und nach enthüllt wird. The Man From Nowhere ist ein rasanter, blutiger Thriller mit exzellentern Darstellern, einer fantastischen Bildsprache durch Kameramann Lee Tae-yun und einer kompetenten Regie Lee Jeong-beoms (Jo Pil-ho: Der Anbruch der Rache, KOR 2019), der als Autor auch für das Drehbuch verantwortlichg zeichnete. Letzteres ist genau das Problem des Films. 

 

In dem Maße, wie harte, viruos insenierte Gewalt die Action-Liebhaber befriedigen soll, drückt Lee auf die Tränendrüse und zeichnet eine klischeetriefende Beziehung zwischen dem Killer und einer Halbwaisen auf der Schattenseite des Lebens. Cha Tae-sik in der Verkörperung durch Wo Bin, der hier in jeder Hinsicht zum Hipster und Mädchernschwarm stilisiert wird, verkörpert als wortkarger Loner mit hängenden Schultern und Kopf in der Kapuze seines Hoodies von Anbeginn das Harte-Schale-weicher-Kern-Klischee bis zur Lächerlichkeit. Auch für andere Rollencharaktere gilt, dass sie ihre Funktionen als Bösewicht, als Unschuldslamm, als Bulle, als loyaler Partner, etc. wie auf die Stirn gestempelt herumtragen. Lässt man Cha Tae-sik, der mit niemandem zimperlich umgeht, seine Rolle als von einer Mission der Selbstjustiz bessenenem Antihelden trotzdem durchgehen, ist spätestens das Finale, das ihn zum Helden mit schier übermenschlichen Fähigkeiten und reinem Herzen stilisiert, derart übertrieben und konstruiert, dass es einen den Kopf schütteln lässt. The Man From Nowhere ist eben nicht nur Neo Noir. Er ist ein für das Mainstream-Publikum konzipiertes Werk, das in seiner Heimat der erfolgreichste Kinofilm des Jahres 2010 wurde. Er orientiert sich deutlich an Élie Chouraquis Man On Fire (FRA/ITA 1987), der unterm gleichen Titel im Jahr 2004 von Tony Scott mit Denzel Washington in der Hauptrolle als US-Remake inszeniert wurde. Und niemand sonst als Denzel Washington spielte in The Equalizer (USA 2013), der die Handlung von The Man From Nowhere quasi variiert und Vorreiter einer Serie ultra-gewalttätiger, latent faschistoider Selbstjustiz-Thriller aus den USA wurde, die sich weltweiter Beliebtheit erfreuen. Neben Washington als Robert McCall schützen Tom Cruise (seit 2022 Alan Ritchson) als Jack Reacher (USA 2012), Keanu Reeves als John Wick (USA/UK/CHN 2014) oder Ben Affleck als The Accountant (USA 2016) die ethischen Grundwerte der bürgerlichen Gesellschaft und erhalten als Killermaschinen dafür von Kritikern und Publikum einen Freischein für viele Spielarten von Folter und Gewalt. Auch die Tür, das ist offensichtlich, half Lee Jeong-beoms The Man From Nowhere (KOR 2010) weiter zu öffnen und gilt in der Branche wohl auch deshalb als “Meisterwerk“.

 

Es gibt eine bild- und tontechnisch exzellente deutsche BD- oder DVD-Ausgabe (2011, FSK 18) der Splendid Film GmbH, ungekürzt und im Originalformat mit original koreanischem Ton und mit der deutschen Kinosynchronisation, - auf keinen Fall zu empfehlen! – dazu optional deutsche oder holländische Untertitel, als Extras den deutschen oder den koreanischen Kinotrailer.

 


 

Neo Noir | 2010 | International | Lee Jeong-beom

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