Olga Pakalović, Nina Violić, Krešimir Mikić, Inge Appelt, Ivica Vidović
Zagreb, Kroatien: Ein Inspektor der Polizei (Milan Štrljić) klopft an einer Wohnungstür, worauf der Hausherr Blaž (Ivica Vidović), ein älterer Mann, ihm öffnet und nach seinem Anliegen fragt. Der Inspektor wünscht mit dessen Ehefrau namens Olga (Inge Appelt) zu sprechen, während der Mann hinter dem Inspektor in Begleitung von zwei Uniformierten Iva (Olga Pakalović) erkennt, die einst selbst in dem schäbigen Mietshaus lebte. Der Mann ruft seine Frau, die im Rollstuhl an die Türschwelle heranfährt, und der Inspektor eröffnet ihr, dass Iva behaupte, ihr kleiner Sohn Tomo (Tomo Polić) sei heute Morgen von Olga entführt worden. Olga macht sich darüber lustig und äußert den Verdacht, dass die Frau Drogen genommen habe, indessen Iva, die gehalten werden muss, ihr droht sie umzubringen. Der Inspektor betritt die Wohnung von Olga und Blaž, wo er ein Foto ihres Sohnes Daniel (Krešimir Mikić) sieht. Olga erklärt, dass Daniel krank gewesen und gestorben sei. Der Inspektor verabschiedet sich, die Polizisten und Iva gehen zum Streifenwagen zurück, und die junge Frau wirft einen langen Blick auf das an einem Bahnübergang gelegene, alte Haus. In ihrer Villa am Berg mit ihrem opulenten Wohnzimmer samt Balkon und einem Blick über die Stadt erzählt die heute verheiratete Iva dem Inspektor dann die Geschichte ihrer lesbischen Beziehung mit der Nanbudo-Trainerin Marija (Nina Violić)…
Ein bitterböser und kompromissloser Film über eine Gesellschaft, die von erzreaktionären Anschauungen und einer daraus resultierenden Intoleranz geknechtet wird. Die Abrechnung des kroatischen Autors und Regisseurs Dalibor Matanić mit der eigenen Heimat bebildert den Mikrokosmos der Filmhandlung mit einem Panoptikum hasserfüllter Psychopathen. Habgier, Herrschsucht, Misstrauen und Sozialneid treiben die Menschen des Hauses um, darin das lesbische Paar Marija und Iva eine Wohnung bezieht und im Nu die Hölle auf Erden erlebt. Dass eine Mietskaserne oder ein Wohnblock zur Versuchsanordnung wird, darin eine Erzählung exemplarisch das Leben einer gesellschaftlichen Schicht oder einer Epoche bebildert, ist auch im klassischen Film Noir zu finden. Boris Ingsters Stranger On The Third Floor (USA 1940), Wolfgang Staudtes Die Mörder sind unter uns (GER 1946), Václav Krškas Až se vrátíš… (CSK 1948) und Ted Tezlaffs Das unheimliche Fenster (USA 1949) nutzen Gemeinschaften unter einem Dach, um jeweils eine Vielfalt von Rollencharakteren in einem Miteinander oder in ihrem Gegeneinander vorzuführen. Schöne tote Mädchen ist besonders gnadenlos, da der Film sowohl den Konflikt der Generationen als auch die Diversität moderner Gesellschaften an ihre Grenzen führt, wenn in der Begegnung mit einer für sie andersartigen sexuellen Orientierung eine Gruppe von Kleinbürgern hinter den Alltagsmasken staatstreuer Gesinnung und gottesfürchtiger Biederkeit ihre ungezügelte Bestialität offenbart. Dalibor Matanić ist klar daran gelegen, das Einzelschicksal in den Kontext einer Gesinnung zu stellen, der z.B. eine offen rassistische Haltung, häusliche Gewalt oder den Abscheu gegenüber Minoritäten für salonfähig erklärt. In einer anfangs scheinbar harmlosen Lebensumgebung kommt es bald zu Vergewaltigung, Mord und Entführung, so als sei rohe Gewalt immer das probate Mittel, um Eigeninteressen durchzusetzen, indessen man die Hüter des Gesetzes frank und frei belügt und sogar zu manipulieren weiß.
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“Tragischer Film noir über das gewaltsame Ende einer Frauenliebe in einem Mietshaus in Zagreb“, verkündete kino.de, als das Werk seinerzeit auch in Deutschland auf der großen Leinwand zu sehen war. Dass in jenen frühen Jahren des Jahrtausends Independentfilme aus Osteuropa oder aus Ostasien jenseits all der Filmfestivals mit ihren ambitionierten Programmgestaltern im bundesdeutschen Kino gezeigt wurden, liegt keine 20 Jahre zurück und mutet aktuell doch wie eine andere Epoche an. Der mit einem schmalen Budget inszenierte Werk ist keinesfalls perfekt, bringt mit Olga Pakalović, Nina Violić und Inge Appelt jedoch drei Dartstellerinnen, die brillant aufspielen und denen die Männer der Handlung sichtlich beigeordnet sind. So manche Kritiker, die seinerzeit die Darstellung des Kleinbürgertums und das Plädoyer für eine tolerante Gesellschaft als zu naiv oder gar aufgesetzt bezeichneten, sollten in Anbetracht des politischen Wandels im letzten Jahrzehnt nochmals in sich horchen und sich fragen, ob sie heute zu einer anderen Einschätzung kämen. Fazit: Schöne tote Mädchen ist ein rabenschwarzer, mitunter nervenzehrender und sicher sehenswerter Film eines damals 27-jährigen Autors und Regisseurs, der mit Mittagssonne (CRO/SRB/SLO 2015) erneut international punkten konnte.
Es gibt eine deutsche DVD-Edition (2005) der EuroVideo Medien GmbH mit dem Film in guter Bild- und Tonqualität, leider auch mit einer furchtbaren Cover-Gestaltung, immerhin ungekürzt und im Originalformat, aber nur mit der deutschen Synchronspur, also ohne Originalton und ohne Untertitel. Als Extras finden sich ein Making Of und der deutsche Kinotrailer. Eine US-DVD (2013) beinhaltet den Film mit der kroatischen Tonspur und mit englischen Untertiteln, zeigt das Werk laut Angabe in Online-Portalen aber im Bildformat 4:3 (Vollbild) und nicht im originalen 2.35:1 (Widescreen) wie auf der deutschen Edition.