Až se vrátíš…

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Až se vrátíš…
Kategorie
Film Noir
Land
CSK
Erscheinungsjahr
1948
Darsteller

Otýlie Beníšková, Václav Voska, Jirina Stránská, Libuše Zemkova, Oto Motyčka

Regie
Václav Krška
Farbe
s/w
Laufzeit
81 min
Bildformat
Vollbild

 


 

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Prag: Es ist früh am Morgen und die verwitwete, greise Monika Šachová (Otýlie Beníšková) ist auf dem Weg nach Hause, als sie an einem Plakatkleber vorüberkommt. Sie spricht mit ihm, und er überlässt ihr drei Plakate, eins davon dieAnkündigung der Sängerin Bobi-Lala (Ljuba Hermanová) im mondänen Club Extase. Als sie vor ihrer Mietskaserne anlangt, springt ihr der verwirrte David Kníže (Eman Fiala) mit seiner Mundharmonika entgegen, der unbedigt ihre Handtasche tragen will, doch die Šachová weist ihn barsch von sich. Die sonst auf der Straße in der Sonne herumlungernden Bewohner amüsieren sich über solche Abfuhr. Zugleich halten sie die Šachová für geizig, zumal jene ihr Vermögen sicher in dieser Handtasche spazieren trage. Über den Balkon des Atriumhofs gelangt Monika Šachová in ihre im ersten Stock gelegene Wohnung, wo das eng möblierte Wohnzimmer mit allerlei Plakaten tapeziert ist. Und wie so oft nimmt sie die Fotografie ihres Sohnes Vladimir (Václav Voska) zur Hand und betrachtet sie mit Wohlwollen, bevor sie das Poster der Bobi-Lala über eine schadhafte Stelle klebt… Ein Trupp Strafgefangener kreuzt in der Provinz einen Bahnübergang, direkt daneben eine Plakatwand. Der im Sträflingsanzug mit einem Pickel über der Schulter ebenfalls wartende Vladimir Šacha starrt ungläubig auf das Plakat, welches die Sängerin Bobi-Lala im Prager Nachtclub Extase anpreist. Noch als der Zug durchgefahren ist, kann er sich von dem Anblick kaum losreißen und mit den anderen weitergehen…

 

“The socially critical film assumes a gloomy atmosphere and highly developed visual stylization“, stellt Milan Hain in seinem Essay zum Programm des Noir Film Festivals 2018 in Křivoklát, Tschechische Republik, fest und bringt damit internationale Zuschauer auf die Spur eines 70 Jahre alten Films, der in West-Europa völlig unbekannt blieb. Lediglich in Dänemark lief der gemeinhin als Till You Return übersetzte Film im Jahr 1949 angeblich unterm Titel Club Extase im Kino. Ansonsten ist mir über die Geschichte seiner Aufführung außerhalb der Tschechoslowakei nichts bekannt. Dabei hat Václav Krskas Film Noir, denn um nichts anderes handelt es sich hier, viel zu bieten. Eine Mietskaserne ist für ihre Bewohner, die tagtäglich um ihre Existenz ringen und nur mühsam noch die Illusion einer besseren Zukunft aufrechterhalten, der Inbegriff eines Schicksals in der Vorhölle. Die Handtasche der wortkargen Greisin Monika Šachová, die jene wie einen Augapfel zu hüten weiß, scheint den Schlüssel zum Ausweg zu beinhalten, wie sich ihre vom Fieber der Erlösung infizierten Nachbarn einreden. Als durch einen Zufall sowohl die Sängerin Bobi-Lala im Haus zu Gast ist und sich von der Šachová die Karten legen lässt, bricht zeitgleich Vladimir Šacha, der einst ihretwegen zum Kriminellen wurde, aus seiner Haft aus… Damit geraten Ereignisse ins Rollen, die das Leben der Hausbewohner entscheidend verändern werden und auf ihre allzu menschliche Natur ein neues Licht werfen. Václav Krškas ( Zde jsou lvi, CSK 1958) Film ist so offensichtlich in der Tradition der europäischen Theatergeschichte verankert wie er zugleich seine Stilmittel des Kinos in verblüffend versierter Weise zu nutzen weiß und den Vergleich mit den besten US-amerikanischen Film Noirs jener Zeit nicht zu scheuen braucht. Sowohl sein Autor und Regisseur als auch der Kameramann Josef Střecha (Alibi, CSK 1959) nutzten das volle Repertoire ihrer Stilmittel und schufen ein temporeiches Drama.

 

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Der Film Noir rekuriert gern auf Protagonisten mit einem Geheimnis in ihrer Vergangenheit und er nutzt die Urbanität einer Lokalität, um die Alltagswirklichkeit zu verfremden und Facetten jenseits ihrer Fassaden sichtbar werden zu lassen. Diese Lokalität und ihre innere Mechanik, die erst durchs Gewimmel der Bewohner überhaupt in Betrieb gerät, ist in Až se vrátíš… enorm faszinierend. Bestechend ist dabei jenes Ensemble, das Krška hilft, seine vielstimmige Partitur menschlichen Miteinanders zum Tönen zu bringen. Neben den Leistungen von Otýlie Beníšková, Václav Voska und Oto Motyčka in Schlüsselrollen fällt mir zum wiederholten Male auch Eduard Dubský positiv auf, der hier als Polizeioffizier Antonína Kaška seinerseits die Entwicklung der Handlung befeuert, als er auf der Spur nach dem flüchtigen Sträfling Vladimir Šacha im Haus der alten Šachová mit so mancherlei Ungereimtheit konfrontiert wird. Auf dem Noir Film Festival 2018 in Křivoklát lief Až se vrátíš… in einer bild- und tontechnisch sehr gut erhaltenen, ungekürzten Fassung mit englischen Untertiteln. Es ist an der Zeit, dass sich auch westeuropäische Filmvertriebe verstärkt um solche Filmklassiker aus Osteuropa bemühen und sie der internationalen von Cineasten zugänglich machen.

 

Až se vrátíš… liegt bis heute nicht als eine BD oder DVD vor, auch in der Tschechischen Republik nicht, und wartet somit jenseits von Filmfestivals stets auf seine Wiederentdeckung.

 


 

Film Noir | 1948 | International | Václav Krška | Eduard Dubský | Milos Kopecký

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