Athan Karras, Jeanne Jerrems, David Hooks, Rosemary Torri, Edward Brazier
© First Run Features
Im Hafen von New York geht ein Frachtschiff aus Griechenland vor Anker. Der impulsive Matrose Yiannis Martakis (Athan Karras) hat Streit mit Demo (J. C. Nassberg), so dass schließlich der Kapitän (Chris Marx) die beiden trennen und schlichten muss. In seiner Kabine, die er sich mit dem älteren George Andros (David Hooks) teilt, greift Yiannis sich seine Jacke und entnimmt der Lade mit persönlicher Habe eine Pistole, was George beunruhigt, da Yiannis Landgang hat und nicht sagen will, was er damit vorhat. George und Demo veranlassen beim Kapitän, dass Yiannis der Nachtwache zugeteilt wird, doch Yiannis überwältigt Demo und verlässt das Schiff unerlaubt. Er sucht den Laden des Schiffsausrüsters Panos Coupas (Basil Sunday) auf, den er jedoch nicht antrifft, indessen ihm die dort tätige Putzkraft (Maggie Owens) mitteilt, er solle es im gegenüber liegenden Café versuchen. Hier arbeitet die junge Niki Vassos (Jeanne Jerrems), ebenfalls griechischer Abstammung, die dem ratlos wirkenden Matrosen behilflich ist, denn Panos Coupas hat das Café bereits wieder verlassen. Im Telefonbuch findet sie dessen Adresse in Washington Heights heraus und ruft sogar für Yiannis dort an, doch der Hausherr ist nicht anwesend. Sie rät ihm, mit dem A-Train zu der genannten Adresse zu fahren, doch als Niki mit einer Tüte voller Lebensmittel das Café verlässt, steht Yiannis noch mit dem Zettel in der Hand vor der Tür. Niki bietet Yiannis an ihn zu begleiten, und gemeinsam machen sie sich auf den Weg durch die Stadt…
Dark Odyssey ist ein ambitionierter, von zwei jungen Filmschaffenden praktisch ohne Budget Ende der 50er Jahre in New York gedrehter Film, der nach seiner Premiere sofort in der Versenkung verschwand und erst seit Ende der 90er Jahre auf DVD wieder zur Verfügung steht. Gemessen an den Bedingungen, unter denen er entstand, ist das Ergebnis ein verblüffend stringent inszeniertes Drama, das den geduldigen Cineasten noch heute mit wunderbaren Aufnahmen der Metropole New York in jenen Spätfünfzigern und mit einer allemal soliden Geschichte um Blutrache und eine unerwartete Romanze belohnt. In jenen Tagen waren John Cassavetes oder Allen Barron nicht die einzigen Autoren und Regisseure, die sich weit jenseits von Hollywood an unabhängigen Low-Budget-Produktionen versuchten, die von der französischen Nouvelle Vague und vom italienischen Neorealismus beeinflusst waren und dem US-Kino der 50er deutlich fernstanden. Zugleich ist jene Geschichte um einen Matrosen, der in der ihm fremden Großstadt eine alte Rechnung begleichen will und von einem geradewegs alttestamentarischen Ethos der Rache getrieben wird, das in der Tragik eines dunklen Geheimnisses wurzelt, nicht weit von Film Noirs à la The Dark Past (USA 1948) oder Faustrecht der Großstadt (USA 1950). Nicht weil deren Handlungsverläufe demjenigen von Dark Odyssey gleichen, sondern weil ihre Protagonisten in ihrer Prägung ähnlich gefangen sind und sich selbst so wenig entrinnen können, wie das bei Yiannis Martakis der Fall ist. Letzterer erinnert zugleich an den polnischen Matrosen Bronislav Korchinsky (Horst Buchholz) in J. Lee Thompsons Tiger-Bay (UK 1959) und an den illegalen ungarischen Einwanderer Peter Kuban (Victor Gassman) in Maxwell Shanes Die gläserne Mauer (USA 1953).
Leider reichen die allemal sympathischen Akteure nicht ans Niveau der genannten Schauspieler heran. Ebenso wenig gelingt es Kyriakys und Metzger, die grandiose Kulisse der Großstadt für ihre Inszenierung zweckmäßig zu nutzen. Trotz wunderbarer Schauplätze und Drehorte bleibt diese oft fade; Kameraführung und Ausleuchtung wirken meist einfallslos. Nur selten versuchen sich die Regisseure an einer stilistischen Note, die in etwas wie eine Filmsprache mündet. So erscheinen manche Szenen, wie etwa Yiannis mit Rückblenden rhythmisch zersetzte Tanzszene verblüffend modern, allzu viele aber hölzern und laienhaft. Dass solche Akzente nicht ans Budget gekoppelt sind, sondern von Kreativität und Vision der Filmschaffenden selbst abhängen, bewies einige Jahre zuvor Stanley Kubrick mit seinem Film Noir Der Tiger von New York (USA 1955). Ihm standen ebenso sichtbar bescheidene Ressourcen zur Verfügung, dennoch geriet er ungemein ausdrucksstark. Demgegenüber ist der gänzlich in Vergessenheit geratene Dark Odyssey eine Kuriosität seiner Zeit, den kaum ein Cineast bereuen wird gesehen zu haben. Ich habe das nur teils im Film Noir verhaftete Werk trotz seiner ganz offensichtlichen Schwächen jedenfalls mit Genuss goutiert. Was es an Können und Finesse vermissen lässt, kann es mitunter durch seinen Charme und die Authentizität vieler Rollencharaktere ausgleichen. Nach seiner Premiere wurde er von den Produzenten in einer gekürzten Fassung als Passionate Sunday angeboten, lief aber nie überhaupt im Kino.
Gute DVD-Edition aus den USA von Image Entertainment (1999) mit dem Film in bild- und tontechnisch zwar nicht topp restaurierter, allemal recht guter Qualität, ungekürzt und im Originalformart, mit gut verständlichem Originalton ohne Untertitel, als Extra ist der Kinotrailer für die Version als Passionate Sunday dem Film angefügt. Das Ganze gibt es in dem für die Anfänge der DVD typischen Digipack.