Walking Too Fast

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Pouta
Kategorie
Neo Noir
Land
CZ/SVK
Erscheinungsjahr
2009
Darsteller

Ondrej Malý, Kristína Farkasová, Martin Finger, Luboš Veselý, Lukáš Latinák

Regie
Radim Spacek
Farbe
Farbe
Laufzeit
146 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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In der Stadt Ostrava, Tschechoslowakei, im Jahr 1982: Der in einem Krankenhaus arbeitende Regimekritiker Tomáš Sýkora (Martin Finger) hat eine Affäre mit der Kranführerin Klára Kadelecova (Kristína Farkasová), die erst vor kurzem aus ihrem Dorf in die Stadt gezogen ist. Für ihr Rendezvous stellt ihnen der allein lebende und ebenfalls den Dissidenten zugehörige Schriftsteller Pavel Veselý (Luboš Veselý) seine Wohnung zur Verfügung. Tomáš Sýkora ist allerdings mit Silvie (Barbora Milotová) verheiratet. Die beiden haben zwei Kinder und die Familie hat unter der Verfolgung durch die Staatssicherheit, der Státní bezpečnost, zu leiden. Niemand ahnt, dass der im Westen gefeierte Veselý insgeheim mit der Státní bezpečnost zusammenarbeitet und als einer ihrer Agenten Informationen über Tomáš Sýkora an die skrupellosen Beamten Antonin Rusnák (Ondrej Malý) und Martin Husár (Lukás Latinák) weiterleitet. Die beiden fahren mit ihm übers Land, indessen sie Veselý wegen Neuigkeiten bei den Dissidenten gehörig ausquetschen. So erfahren sie auch von der außerehelichen Beziehung Sýkoras. Martin Husár genießt die Macht, die ihm sein Amt über andere verleiht. Indessen ist der impulsive, streitsüchtige Antonin Rusnák von alledem zunehmend gelangweilt. Bei einem Besäufnis mit Kollegen der Státní bezpečnost bricht Rusnák auf der Toilette betrunken zusammen und verletzt sich an der Stirn. Seine Frau (Monika Fingerová) verarztet ihn, doch lässt Antonin sie seinen abgrundtiefen Hass auf ihre Ehe und sein ganzes Leben deutlich spüren…

 

Walking Too Fast - so der internationale Verleihtitel - war ein Erfolg bei der Filmkritik und heimste in Tschechien mehrere Filmpreise ein, bevor er bis ins Jahr 2013 auch international auf Filmfestivals zu sehen war. Kommerziell war er nicht von Bedeutung. Sowohl in seiner Heimat als auch in England, wo er nur in Programmkinos gezeigt wurde, zog er kaum Leute an. Zudem zeigten auch europäische Filmvertriebe kein Interesse an dem Werk. Lediglich in Tschechien wurde er in Kooperation mit HBO von Bionaut Films bereits 2010 in voller Länge und mit englischen Untertiteln auf DVD veröffentlicht. Seine Verbindung zur Tradition des Film Noirs verdankt er in erster Linie der psychischen Disposition seines Protagonisten Antonin Rusnák, eines Antihelden par excellence. Wider Willen verfällt jener der hübschen Klára Kadelecova, die für ihn geradewegs zu einer schicksalentscheidenden Femme fatale wird, nachdem er auf dem Weg zu ihr in skrupelloser Weise alle Widersacher und alle Widerstände aus dem Weg räumte. Noch die komplexen Verhältnisse der vermeintlich durch Allianzen oder durch die Liebe, durch die Ehe und gar die Arbeit verbundenen Beteiligten dieses Dramas erinnern an Entwicklungen und Verwicklungen vieler Neo-Noir-Dramen, wo sich hinter scheinbar gesicherter Identität Fallgruben auftun: “It all makes for a fascinating movie, and to be honest, as I've written this review, I've probably gotten more "into the head" of Antonin than I'm particularly comfortable with“, schreibt Dennis Kriz für seinen Blog Fr. Dennis at the Movies in einer der wenigen internationalen Besprechungen des Films.

 

Radim Spacek verfällt in keiner Weise der Falle einer Dämonisierung vergangener Zeiten, lässt sich nicht zu klischeehaften Gut-Böse-Konstellationen verführen und bringt stattdessen eine Riege präzise konturierter Rollencharaktere auf die Leinwand. Letztere profitieren enorm von ihren teils grandiosen Darstellern, allen voran Ondrej Malý, der sich mit diesem Film als einer der führenden Darsteller seiner Heimat empfahl und der Figur des Antonin Rusnák bis in winzige Nuancen ein unheimliches Leben einhaucht. Aber auch mit Blick aufs Jahr 1982 ist es Radim Spacek durchweg geglückt, eine vergangene Zeit bis ins Detail glaubwürdig auferstehen zu lassen. Sein Großstadtbild ist nie von der Melancholie vergangener Jahrhunderte übertüncht sondern trist und grau und so funktional ausdruckslos wie das Leben der Agenten der Státní bezpečnost. Neben David Ondříčeks Ve Stinu (CZ/SVK/POL 2012) ist Walking Too Fast ein Beleg für die hohe Qualität des zeitgenössischen tschechischen Kinos, das mit Blick auf seine Geschichten, Erzähltechniken und Bilderwelten nicht nur im eurpäischen Rahmen ein internationales Niveau beweist und weit mehr Beachtung verdiente. Warum dieser Film ebenso wie Ve Stinu, der immerhin in den USA zur Aufführung kam, in der europäischen Rezeption quasi nicht existiert, wird mir daher weiterhin ein Rätsel bleiben. Zumindest Ondrej Malý tritt seit Walking Too Fast immer wieder in Produktionen auf, die auch international Beachtung finden, unter anderem in Kind 44 (CZ/UK/USA/RUS 2015).

 

Erstklassige DVD-Ausgabe (2010) von Bionaut Films mit dem Film bild- und tontechnisch einwandfrei und ungekürzt im Originalformat, den tschechischen Originalton mit optional einblendbaren englischen Untertiteln und dazu eine Reihe von Extras, allerdings alle auf Tschechisch.

 


Neo Noir | 2009 | International | Radim Spacek | Oldřich Kaiser | Ondrej Malý | Svatopluk Matyás

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