Neo Noir
| USA
| 1967
| Gordon Douglas
| Joseph F. Biroc
| Frank Sinatra
| Lloyd Bochner
| Lloyd Gough
| Richard Conte
| Robert J. Wilke
| Simon Oakland
| Gena Rowlands
Bewertung
***
Originaltitel
Tony Rome
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1967
Darsteller
Frank Sinatra, Jill St. John, Richard Conte, Gena Rowlands, Simon Oakland
Regie
Gordon Douglas
Farbe
Farbe
Laufzeit
105 min
Bildformat
Widescreen
© Twentieth Century Fox Film Corporation
Miami, Florida: Privatdetektiv Tony Rome (Frank Sinatra) lebt auf seinem Boot Straight Pass und ist notorisch spiel- und wettsüchtig. Heute verliert er im Boxclub 5th Street Gym beim Kartenspiel, als ihn ein Telefonanruf erreicht. Sein ehemaliger Partner Ralph Turpin (Robert J. Wilke), der jetzt im Corsair Hotel als Hausdetektiv angestellt ist, bittet ihn um Hilfe. Tony Rome schuldet Turpin, der ein zwielichtiger Geselle ist, einen Gefallen, also fährt er vorbei. In der letzten Nacht ist eine junge Frau namens Diana Pines (Sue Lyon) dort abgestiegen und liegt nach exzessivem Alkoholkonsum bewusstlos in ihrem Zimmer. Der Hotelmanager Welch ist außer sich, denn er fürchtet, dass ihm Dianas einflussreicher Vater, Bauunternehmer Rudolph Kosterman (Simon Oakland) auf die Pelle rückt und sein Hotel näher untersuchen lässt, nachdem er seine Tochter bei der Polizei als vermisst gemeldet hat. Rome lässt sich breitschlagen, die junge Frau für 200 US-Dollar in ihr Elternhaus zu bringen. Dort wird er sowohl von Rudy Kosterman, dessen Ehefrau Rita (Gena Rowlands) - Dianas Stiefmutter - als auch von Ehemann Donald Pines (Richard Krisher) in Empfang genommen. Im Salon trifft er auf Ann Archer (Jill St. John), einen Partygast der letzten Nacht. Kosterman, der sich über Dianas Aussetzer wundert, will den Namen des Hotels erfahren, wo seine Tochter eincheckte, doch Rome verrät ihm nichts. Er bringt die reiche Strohwitwe Ann Archer ins Fontainebleu Hotel, bevor er eine böse Überraschung erleben muss…
”Well, there’s a compulsion among the lower classes to get a little money to eat once in a while. Maybe you heard the rumour about it.” Ein routinierter Thriller, der eindeutig in der Tradition des Film Noirs steht und haufenweise Veteranen jener großen Zeit der Spätvierziger versammelt, etwa Regisseur Gordon Douglas (Den Morgen wirst du nicht erleben, USA 1950), Schauspieler Richard Conte (Schrei der Großstadt, USA 1948), und Kameramann Joseph F. Biroc (Johnny Allegro, USA 1949). Ohnehin ist das Ensemble der Herren eins im fortgeschrittenen Alter: Frank Sinatra war 51, Richard Conte 57, Simon Oakland 52, Lloyd Gough 59 und Jeffrey Lynn zum Zeitpunkt des Drehs 58 Jahre alt. Es ist die Kulisse von Miami, Florida, es sind dessen Schauplätze und Birocs wunderbare Kameraarbeit, die Gordon Douglas’ Film sein Flair verleihen und ihn in jene für die Sixties so typisch poppigen Farbwelten aus Hollywood einreihen. Allein die Pracht der Moden und Stile, die Kleider der Frauen, der Pomp der Villen und die Straßenkreuzer machen Der Schnüffler zu einem kurzweiligen Bilderbogen jener vergangenen Ära scheinbarer Sorglosigkeit. Der Film ist eine Adaption des ersten der drei Romane um den Privatdetektiv Anthony Rome, nämlich Miami Mayhem (EA 1960), aus der Feder von Marvin H. Albert. Ein Jahr später verfilmte Gordon Douglas mit Frank Sinatra und Richard Conte in gleichen Rollen auch Alberts zweiten Anthony-Rome-Roman (EA 1961), betitelt Die Lady in Zement (USA 1968).
“I met a lot of gamblers in my time, but, lady, you’re the champ.” Einmal abgesehen von vielen kurzweiligen Einzeilern, die zumeist der ultracoole Privatdetektiv Tony Rome im Lauf der Handlung abfeuern darf, ist Der Schnüffler eine verwässerte, auf seinen Unterhaltungswert getrimmte Version eines Film Noirs. Der Detektiv ist eine vom Spieltrieb heimgesuchte Figur, dem die Frauen ebenso schnell zulaufen, wie sie ihn wieder verlassen, doch allzu schwer hat er an derlei Bürden nicht zu tragen. Im Gegensatz zu den Herren jenseits der Fünfzig sind die Frauen allesamt unter vierzig, großteils in ihren Zwanzigern, doch statt einer wirklichen Femme fatale sehen wir vom Geld ihrer Männer verwöhnte Püppchen, die sich vollends rollenkonform verhalten. Gena Rowlands ist eine grandiose Schauspielerin, doch ihr Rollencharakter ist kaum zweidimensional, eine “ex-Cocktail Waitress“ mit Vergangenheit, doch im Grunde ein netter Kerl. Jill St. John ist bloß an kurzweilig prickelnder Unterhaltung interessiert, ihre Abhängigkeit von den Männern, zu der sie sich freimütig bekennt, ist ebenso einem sexuellen Interesse geschuldet wie einem materiellen Kalkül. Ann Archers Dialoge mit Tony Rome sind eingangs witzig, später redundant. Nancy Sinatra singt den Titelsong von Lee Hazlewood und der Held steuert sein Boot über die Brandung des Atlantiks der bereits erwähnten Fortsetzung entgegen, doch Die Lady in Zement fiel sogar nochmals schwächer aus. Für Sixties-Freunde halbwegs kurzweilig, als Neo Noir eindeutig entbehrlich.
Sehr gute DVD-Edition (2007) der Twentieth Century Fox Home Entertainment mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bildtechnisch topp mit Tonspuren auf Englisch, Deutsch und Spanisch, optional Untertitel auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Dänisch, Finnisch, Norwegisch, Schwedisch, den original Kinotrailer als Extra.