Neo Noir
| France
| 1985
| Luc Besson
| Luc Besson
| Jean Bouise
| Jean Reno
| Jean-Hugues Anglade
| Isabelle Adjani
Bewertung
**
Originaltitel
Subway
Kategorie
Neo Noir
Land
FRA
Erscheinungsjahr
1985
Darsteller
Isabelle Adjani, Christopher Lambert, Richard Bohringer, Michel Galabru, Jean-Hugues Anglade
Regie
Luc Besson
Farbe
Farbe
Laufzeit
98 min
Bildformat
Widescreen
Paris: Mit einem geklauten Peugeot 205 rast Fred (Christopher Lambert), die weißblonden Haare toupiert und in einem Tuxedo, über die Stadtautobahn Richtung Zentrum. Mehrere ebenfalls festlich gekleidete Herren in einem Mercedes haben die Verfolgung aufgenommen, die immer waghalsiger wird, bis Fred im Peugeot schließlich die Treppen einer Métro-Station hinabfährt, aussteigt und ins Innere verschwindet. Schnell taucht er wieder auf, erklimmt die Treppe einer Hochbahn und verschwindet, als ein Zug einfährt, in einem der vorderen Wagons. Die Verfolger rennen mit gezückten Pistolen hinterdrein, auch sie besteigen einen der hinteren Wagons. Die U-Bahn fährt los und fährt alsbald von der Brücke in einen Tunnel… Die große Métro-Station im Zentrum der Stadt ist das Reich des Schlagzeugers (Jean Reno) und des Skaters Jean-Louis (Jean-Hugue Anglade) und ihrer Freunde, die jeden Winkel kennen und in zahllosen bis tief unter die Erde reichenden Schächten und Kammern Zuflucht oder gar Wohnstatt fanden. Hier ist nun auch Fred, der von einem öffentlichen Telefon aus Héléna (Isabelle Adjani) anruft, denn in der letzten Nacht war er zu Gast auf ihrer Party. Allerdings hat Fred, der von Héléna auf der Straße eingeladen wurde, obwohl sie ihn gar nicht kannte, dort nichts Gutes angestellt. Er sprengte den Tresor im Haus und stahl eine Reihe für Héléna höchst wichtiger Dokumente, für die er nun ein Lösegeld von 50.000 Francs verlangt. Er schlägt zum Zweck des Austauschs ein Treffen in der Métro vor…
„Ästhetisch eindrucksvolle Version des “Film noir" und Hommage an die Eingeweide von Paris," schrieb der Filmdienst über dieses Frühwerk Luc Bessons. Neben seiner Zugehörigkeit zum europäischen Neo Noir ist Subway ein Beispiel des (von der französischen Filmkritik so benannten) Cinéma du look jener Frühachtziger, dessen Credo sich als “Style over Substance“ erwies und vor allem durch Referenzen an Zeitgeist und Subkultur zu punkten suchte. Drei Jahrzehnte später ist das Cinéma du look nur genießbar, wenn die Geschichten oder das Schauspiel so viel hergeben, dass der Zuschauer jenseits der inzwischen vergangenen Kontexte daran anschließt. Diesbezüglich hat Subway kaum etwas zu bieten. Der Film ist ein Reflex auf bereits etablierte Zeitströmungen. Als Sammelsurium seiner Einflüsse serviert er reihenweise Klischees, ohne selbst im Humus jener Subkultur verwurzelt zu sein, der er sich anbiedert. Die Filmstars Christopher Lambert und Isabelle Adjani im New-Wave-Look mit Punkfrisuren sind bloß Abziehbilder, stets Rollenträger ihrer gespreizt manierierten Theaterkultur und haben keine glaubwürdige Chemie miteinander. Ohnehin dümpelt das Schauspiel entweder im Mittelmaß oder erweist sich wie im Fall Christopher Lamberts als weit unterm Durchschnitt, auch Isabelle Adjani zeigt keine Spur von Klasse. Die krampfhaft „originellen“ Charaktere stolpern wie unbeholfene Akteure eines Musikvideos durch die urbanen Kulissen der Metrostation, deren visuellen Reizen gleichfalls Grenzen gesetzt sind. Auch fürs Jahr 1985 war diese Inszenierung schon kalter Kaffee, von der musikalischen Tapete Eric Serras ganz zu schweigen.
© Studiocanal GmbH
Von Anbeginn zeigt sich der Unterschied: Die US-Amerikaner Jim Jarmusch, David Lynch, Abel Ferrara und Amos Poe waren zu Beginn der Achtziger selbst Protagonisten einer Subkultur, darin sie sich den Rang von Filmemachern erarbeiteten. Amos Poes Subway Riders (USA 1982) ist wohl der am ehesten dem Einfluss der Schwarzen Serie geschuldete Film der Subkultur jener Jahre, aber auch in anderen Filmen waren die Einflüsse des Film-Noir-Kinos präsent. Subway wirkt epigonenhaft und auf eine peinlich klischeehafte Weise darum bemüht, im Kontext seines Zeitgeists gesehen und gehört zu werden. Die ganze Hysterie und der Pop-Appeal sind aber bloß Schall und Rauch. Jean Reno als Schlagzeuger ist in seiner “Coolness“ bloß grotesk, Talente wie Michel Galabru und Jean-Pierre Bacri werden als Slapstick-Cops verheizt, allein Jean-Hugues Anglades gibt als „Skater“ Jean-Louis eine passable Figur ab. Während die erste Stunde von der Dramaturgie des Katz-und-Maus-Spiels zehrt, ist das letzte Drittel langweilig und albern. Isabelle Adjanis Auftritt beim Dinner der Freunde ihres Ehemanns entstammt der Fantasie eines Gymnasiasten – der schlechteste Dialog in einem mit doofen Gesprächen reichen Film. Schauspiel und Inszenierung sind hier nicht einmal fernsehreif und bis zu dem in jeglicher Hinsicht unterirdischen Finale wird es nicht besser… Im Gegensatz anderen Akteuren des Cinéma du look wurde ausgerechnet Luc Besson zu einem der bedeutendsten Autoren und Regisseure des französischen Kinos der 90er Jahre und zwar mit in ihrer Zeit umjubelten Werken, die so wie dieses schnell Staub ansetzten. Mit Nikita kehrte Besson 1990 nochmals zum Neo Noir zurück und bis heute schreibt und inszeniert er Filme in fast allen Genres des Mainstreamkinos.
Es gibt bild- und auch tontechnisch sehr gute deutsche BD- (2010) und DVD-Editionen (2021) via Arthaus / Studiocanal GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat inklusive der deutschen und französischen Tonspur, dazu optional deutsche Untertitel, das Ganze jedoch ohne jegliche Extras.