Bewertung
***
Originaltitel
The Capture
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1950
Darsteller
Lew Ayres, Teresa Wright, Victor Jory, Jacqueline White, Jimmy Hunt
Regie
John Sturges
Farbe
s/w
Laufzeit
90 min
Bildformat
Vollbild
Der am rechten Arm verletzte Lin Vanner (Lew Ayres) wird von der Polizei durch Mexiko gejagt und kann seinen Häschern nur mit Mühe entkommen. Eines Abends sucht er Unterschlupf neben dem Hühnerstall der Ranch von Pater Gomez (Victor Jory) und wird von ihm ins Haus gebeten. Hier versorgt ihn der Geistliche, der schnell errät, wen er vor sich hat, mit dem Nötigsten und Vanner erzählt seine Geschichte… Vor einem Jahr war er Vorabeiter auf den in Mexiko gelegenen Ölfelfern der Bolsa Grande Oil, als der Transport der Lohngelder per Kurier überfallen und ausgeraubt wurde. Ein Großteil der sechsköpfigen Wachmannschaft wurde durch Feuer aus einem Maschinengewehr getötet; nur der angeschossene Corporal Juan Valdez (Felipe Tulich) und der US-Kurier selbst, Earl C. Mahoney (Barry Kelley), kamen mit dem Leben davon. Mahoney versorgt sich mit Waffen und Eskorte und macht sich auf den Weg, um die Gangster zu stellen. Und Lin Vanners betuchte Verlobte Luana Ware (Jacqueline White) erwartet das auch von Lin, nachdem er anhand der Landkarte eine wahrscheinlichere Fluchtroute erraten hat, als die, der Earl Mahoney und seine Männer folgen. So macht sich Lin Vanner seiner Verlobten zuliebe zu Pferd auf den Weg und stellt tatsächlich im Grenzgebiet den ehemaligen Mitarbeiter der Bolsa Granede Oil, Sam Tevlin (Edwin Rand). Als Lin Vanner den Verdächtigen in jener Felslandschaft ruft, streckt der Flüchtige den rechten Arm nicht in die Höhe, was Vanner zu einem Schuss verleitet. Doch der Streifschuss an der linken Brust ist kein Kratrzer, wie die Männer glauben, sondern erweist sich als tödlich…
“Disappointing western-tinged noir (or noir-tinged western) from John Sturges about a man driven by guilt over killing a robbery suspect”, schreibt Martin Teller zielsicher für Letterboxd. Die Geschichte ist in ihren Details nicht uninteressant, aber aufgrund ihrer Rezeptur ergibt sich ein unausgegorenes Ganzes, das die tendenziell spannenden Charakteranlagen der Rollenportraits im Keim erstickt. War Lew Ayres vielleicht der falsche Darsteller für den Lin Vanner, fragen sich auch international die Rezensenten dieses Hybrids aus Film Noir und zeitgenösischem Western à la John Steinbeck? Tatsächlich könnte man sich den Film eher mit einem Edmond O’Brien oder Glenn Ford vorstellen, insofern Ayres’ immer jenen Tick zu sehr den Musterbürger gibt. Er wird das Image des biederen, netten Nachbarn selbst in verschwitzten Klamotten und unrasiert nicht los. Aber auch die von Teresa Wright dargestellte Witwe Ellen Tevlin ist nur scheinbar von Tiefe. Ihre Trauer um den verlorenen Mann im Verhältnis zu Lin Vanner, der unter falschem Namen auf ihrer Farm tätig wird, ist null und nichtig. Dafür gibt es zwar Gründe, doch die Motivation des daraus resultierenden Verhaltens bleibt im Grunde so unglaubwürdig, dass der Zuschauer an den Figuren und an ihrer Geschichte das Interesse verliert. “Despite the good acting on the part of both Ayres and Wright, the film becomes almost unbearably boring (…) - two characters that are written to be uninteresting”, schreibt Steve Miller in seinem Blog Shades Of Gray, und auch er bringt es auf den Punkt. Hier hilft nicht, dass Vanner urplötzlich, fast ein Jahr nach den Ereignissen, die seinen Schuldkomplext und seine Kündigung als Vorarbeiter bei Bolsa Grande Oil verursachten, den Entschluss fasst, jenen Mann zu finden, der mutmaßlich im Besitz der gestohlenen Lohngelder sein muss und davon profitiert. Zwar kommt damit im letzten Drittel etwas Dynamik in die Sache, doch ist das Ende derart überzuckert und pathetisch, dass Autor Niven Busch und Regisseur John Sturges ihr Ziel erneut verfehlen.
The Capture ist kein Film, über den man sich während der Zeit, da man ihn goutiert, ärgern muss. Er beweist jene solide Herangehensweise der Leute vor und hinter der Kamera, die man auch von einem kleineren Studio wie Republic Studios während jener Jahre in Hollywood erwartet. Neben den beiden Hauptakteuren sind auch Barry Kelley und JacquelineWhite zuverlässige Größen aus der der zweiten Reihe. Und die Schauplätze in Mexiko geben dem Film zusätzlich ein Flair des Besonderen. Insofern ist schade, dass hieraus nichts erwächst und solche Qualitäten letztlich ungenutzt, bestenfalls dekorativ verdorren. John Sturges’ Geschichte traut sich als Film Noir nichts zu und funktioniert als Melodram ebenfalls mehr schlecht als recht. Im Vergleich mit dem in Mexiko entstandenen Die Vergessenen (MEX 1950) von Luis Bunuel oder mit Joseph Loseys vielleicht gar von The Capture inspirierten Dem Satan singt man keine Lieder (USA 1951) – Witwe heiratet auch dort den Mörder ihres Ehemanns – ist The Capture um ein vielfaches zu unentschlossen und zu blass.
The Capture ist in der Public Domain und kursiert in berscheidener Bild- und Tonqualität, ungekürzt und im Originalformat, mit der englischen Tonspur und ggf. sogar mit Untertiteln in diversen, billigen DVD-Ausgaben. Zudem ist er auch online in mehreren Portalen kostenlos verfügbar.