Bewertung
****
Originaltitel
Zero Effect
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1998
Darsteller
Bill Pullman, Ben Stiller, Ryan O’Neal, Kim Dickens, Angela Featherstone
Regie
Jake Kasdan
Farbe
Farbe
Laufzeit
116 min
Bildformat
Widescreen
© Warner Bros.
Portland, Oregon: Steve Arlo (Ben Stiller) ist ein Jurist, der aktuell für den Privatdetektiv Daryl Zero (Bill Pullman) tätig ist, einen ebenso brillianten wie erfolgreichen Mann seines Fachs. Arlo erklärt dem Klienten Gregory Stark (Ryan O’Neal), selbst ein steinreicher Geschäftsmann, dass Zero nie persönlich mit seinen Auftraggebern in Kontakt träte und dass er so exorbitant teuer sei, weil er selbst aussichtslose Fälle mit seiner unfassbaren Intuition und seiner präzisen Herangehensweise an jede Recherche zu lösen wisse. Was er Stark verschweigt, ist die Tatsache, dass Zero außerhalb seiner Rolle als Detektiv nahezu inkompetent ist und im Grunde kein soziales Leben hat. Schließlich ist Stark überzeugt, mit Zero den richtigen Mann gefunden zu haben und beauftragt jenen via Steve Arlo, ihm einen Schlüsselbund wieder zu beschaffen, daran der Schlüssel zu einem für ihn wichtigen Schließfach hängt. Der ist ihm einem Jahr abhanden gekommen und seither wird Stark von unbekannter Seite deswegen erpresst. Mehr Informationen will Gregory Stark nicht preisgeben und Arlo reist nach Los Angeles zurück und bespricht sich in dessen Penthouse mit dem exzentrischen Zero, der dank Amphitaminen seit drei Tagen wach ist und auf einer akustischen Gitarre selbstverfasste Lieder spielt. Der Detektiv übernimmt den Fall. Doch Arlos Freundin Jess (Angela Featherstone) ist frustriert, dass Steve ihn am heutigen Sonntag zum Flughafen begleiten soll, wo Daryl Zero sich auf den Weg nach Portland begibt…
Martin Blank schreibt in seiner Rezension für Letterboxd, Zero Effect sei zwar ein “Gen-X spin on the detective genre, but it cuts deeper than that and ultimately pitches its tent in the bluesy territory of film noir without really trying to be a homage.” Bei Rixbitz liest man zu diesem Debüt: “Mr. Kasdan’s inventive spin on a timeworn genre should please dedicated noir/mystery fans with a sense of the absurd.” Regisseur Jake Kasdan war zum Zeitpunkt des Drehs 23 Jahre alt. Sein Vater, Drehbuchautor Lawrence Kasdan, debutierte mit 32 Jahren als Regisseur und zwar mit einem der besten Neo Noirs aller Zeiten: Heißblütig - Kaltblütig / Eine heißkalte Frau (USA 1981), heute unterm Originaltitel Body Heat geläufiger. Schon ab Ende der Achtziger erwies sich jede weitere Arbeit als Ausweis der Unispiriertheit und wie mancher große Debütant kam Lawrence Kasdan an den eigenen Erstling nie wieder heran. Heute sind Vater und Sohn am unteren Ende der Fahnenstange angelangt - bei so kommerziellen wie flachen Hollywoodkomödien nach Schema F. Demgegenüber ist Zero Effect als Erstlingswerk von einer anarchischen Frische und mit einem Augenzwinkern in Szene gesetzt, dass es an die Privatdetektive in Der Schmalspurschnüffler (USA 1978) oder Tote tragen keine Karos (USA 1982) erinnert, je eine parodistische Hommage ans klassische Film-Noir-Kino. In Sachen Geistesverwandschaft lässt Zero Effect aber vor allem an Aki Kaurismäkis Annäherung an diese originär US-amerikanische Filmtradition denken.
“When you live with no passion at all, other people's passion come into glaring relief.“ Neben seinem ebenso frechen wie zu Teilen wirren Eklektizismus’ des Drehbuchs, das sich sowohl bei Sir Arthur Conan Doyle als auch bei Raymond Chandler bedient, profitiert Jake Kasdan vor allem vom Quartett seiner Hauptdarsteller. Bill Pullman (Lost Highway, USA/FRA 1997) erweist sich überraschend versiert und komödientauglich. Der (späte) Ryan O’Neal (Driver, USA/UK 1978) ist bei weitem engagierter als sonst und Kim Dickens (Ort der Wahrheit, USA 1997) zählt eh zu den am meisten unterschätzten Darstellerinnen der späten Neunziger und frühen Zweitausender. Ich bin kein Freund Ben Stillers, aber auch er überzeugt in einem Film, dessen komödiantische Elemente lediglich in den ersten 20 Minuten am Rande des Klamauks rangieren. Als Duo kolportieren Daryl Zero und Steve Arlo die manieristische Arbeitsweise von Sherlock Holmes und Dr. Watson, zumal die Begegnung Zeros mit Gloria Sullivan (Kim Dickens) derjenigen von Holmes mit Irene Adler in Doyles Ein Skandal in Böhmen (EA 1891) eindeutig nachempfunden ist. Ansonsten gibt es den Erzähler aus dem Off, eine dunkle Vergangenheit und haufenweise Leute, die nicht sind, die sie eingangs zu sein scheinen. Es ist in diesem Werk nicht alles Gold, was glänzen will, doch sieht man wunderbare Sequenzen und ein stimmiges Finale samt einem konsequenten Schluss, der die heterogene Erzählung in überraschender Weise zu binden weiß. Jake Kasdan versteht es, seinen Figuren Leben einzuhauchen und ihre Beziehungen weit über den Witz hinaus als komplex und begründet zu zeigen. Ein fast vergessener, kleiner Neo Noir, der wie diejenigen Kaurismäkis nicht für jeden das Richtige ist, doch in seiner Eigenart empfehlenswert.
Nur in den USA erschien 1999 via Warner Bros. eine DVD-Edition (Regionalcode 1), die den Film ungekürzt aber im falschen Bildformat (4:3 Vollbild) zeigt, was seinerzeit mit Blick aufs alte Fernsehformat eine gängige Praxis war. Englischer Originalton und mehrere Untertitel, dazu den Kinotrailer und einen Audiokommentar Jake Kasdans als Extras.