Bewertung
***
Originaltitel
True Blue
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
2001
Darsteller
Tom Berenger, Lori Heuring, Pamela Gidley, Barry Newman, Soon-Tek Oh
Regie
J.S. Cardone
Farbe
Farbe
Laufzeit
97 min
Bildformat
Widescreen
© Sony Pictures Home Entertainment
Boston: Police Officer Rembrandt Macy (Tom Berenger) und seine Kollegin Beck (Pamela Gidley) haben keinen leichten Stand bei ihrem Vorgesetzten, nachdem eine Razzia bei Drogenhändlern in eine Schießerei mit Todesopfern ausartete. Lieutenant Monty (Barry Newman) entzieht ihnen kurzerhand den Fall und setzt Macy, der nach dem gewaltsamen Tod seiner Frau May Lin (LinLyn Lue) nur mühsam sein Alkoholproblem in den Griff bekommt, auf einen anderen an. Als Kinder am heutigen Vormittag in einem Gewässer des Taylor Parks ein angebundenes Modellboot aus dem Wasser holten, entdeckten sie daran die amputierte Hand einer Frau. Macy und Beck finden heraus, dass es sich um die Hand der jungen und erfolgreichen Melanie Ann Hains handelt, die im Rathaus angestellt ist. Die Frau ist noch nie zuvor aktenkundig geworden, und so suchen die beiden Polizisten ihre Mitbewohnerin Nikki Calderon (Lori Heuring) auf, um näheres über die vermisste und wahrscheinlich tote Juristin in Erfahrung zu bringen. Es stellt sich heraus, dass die Karrierefrau Melanie Ann nicht so harmlos war, wie alle Welt und ihr eigener Vater Howard Hains (Jan Filips) glaubte, und dass Nikki, die überaus ängstlich reagiert, unter Umständen mehr weiß, als sie zugeben will. Doch bald stecken die beiden mit ihrer Untersuchung fest. Und Macy bittet seinen Freund Tiger Woo (Soon-Tek Oh) um Hilfe, früher selbst Polizist, der einen guten Draht in Kreise der chinesischen Mafia unterhält…
True Blue - mit einer Reihe schon damals nicht ganz zugkräftiger Schauspieler - will unbedingt im Fahrwasser des Neo-Noir-Kinos punkten und liefert eine Geschichte vom Reißbrett. Der Cop Rembrandt Macy hat eine belastete Vergangenheit, die ihn nicht loslässt. Er begegnet einer Femme fatale, in die er sich verliebt. Und er wird nichtsahnend in ein Komplott verstrickt, an dem korrupte Polizeibeamte und Schmalspurgangster beteiligt sind, etc. pp. In Boston regnet's und die Handlung führt Macy und Beck bei Tag und Nacht in verschattete Hinterhöfe und schäbige Apartments. Über weite Strecken macht Autor und Regisseur J.S. Cardone seine Sache aber nicht so schlecht, wie uns die Kritik weltweit glauben lasen will. Die Kameraarbeit Darko Suvaks ist durchaus bemerkenswert, wenn auch der Kriminalfall selbst und der Filmschnitt ans US-amerikanische TV-Serienfutter erinnern. Zudem hat Cardone Paul Verhoevens Basic Instinct (FRA/USA 1992) und Ridley Scotts Der Blade Runner (USA/HK/UK 1982) angeschaut, um sich ein wenig inspirieren zu lassen, aber daran ist primär auch nichts auszusetzen. Der Film ist rasant geschnitten, bietet viele überraschende Wendungen und überzeugt zumindest teilweise durch seine Schauspieler. Dass er international von der Journaille geradezu gehasst wird, erscheint ungerechtfertigt, sind die Schwächen dieses Neo Noirs anderseits unübersehbar.
Letztere beginnen mit Tom Berenger, der für seine Rolle als Cop im Gegensatz zu Michael Douglas in Basic Instinct zu wenig Charisma und Dynamik aufbringt. Neben einem überzeugenden Barry Newman, einer ebenfalls guten Lori Heuring (Mulholland Drive - Straße der Finsternis, (FRA/USA 2001) und dem auffällig charaktervollen Spiel Soon-Tek Ohs fällt Berenger deutlich ab. Ein guter Neo Noir lebt von seinen Charakteren, ihren inneren Konflikten und der Ausweglosigkeit einer Konstellation innerhalb der Geschichte. Alles das versucht Cardone verzweifelt zu inszenieren, doch Rembrandt Macy wirkt klischeehaft, ein TV-Cop ohne Facetten. Pamela Gidleys Beck ist ebenfalls ein Nicht-Charakter, der auf eine Funktion getrimmt scheint: Macys (heimlich?) in ihn verliebte Kollegin. Das ist zum Gähnen, obgleich das Skript letzten Endes damit einen Zweck verfolgt. Doch wenn der Zuschauer diesen im Finale versteht, ist die Geschichte eh übern Berg. J.S. Cardone spitzt die Auflösung nämlich derart zu, dass die vorherigen Wendungen unglaubwürdig erscheinen, mehr eine Noir-Groteske als das dramatische Ende einer verwickelten Erzählung. Thrillerfreunde mögen mit dem flott daher kommenden Kriminalfilm im typischen Neo-Noir-Gewand der Neunziger einen unterhaltsamen Abend verleben, für den Film-Noir-Liebhaber ist er letzten Endes zu flach und seelenlos. True Blue wurde ohne Kinoauswertung direkt auf den Videomarkt geworfen und brachte keinem der Beteiligten eine Wiederbelebung der eigenen Karriere.
Erstklassige DVD-Ausgabe (2002) der Sony Pictures Home Entertainment, bildtechnisch topp, ungekürzt im Originalformat mit Tonspuren auf Deutsch und Englisch, Untertitel auf Deutsch, Englisch, Türkisch.