Film Noir
| USA
| 1958
| Irving Lerner
| Lucien Ballard
| Davis Roberts
| Phillip Pine
| Steven Ritch
| Vince Edwards
Bewertung
****
Originaltitel
Murder By Contract
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1958
Darsteller
Vince Edwards, Philip Pine, Herschel Bernardi, Caprice Toriel, Michael Granger
Regie
Irving Lerner
Farbe
s/w
Laufzeit
81 min
Bildformat
Widescreen
Claude (Vince Edwards) ist ein junger Mann, der sich in seinem Apartment sorgfältig ankleidet und sich auf den Weg zu Mr. Moon (Michael Granger) begibt. Die beiden führen eine Art Bewerbungsgespräch, bei dem Claude erwähnt, dass er einen festen Job hat, der soweit gut bezahlt ist und sogar mit der Aussicht auf Boni verbunden. Aber er möchte gern seine Freundin aus Cleveland heiraten und mit ihr gemeinsam ein Haus bauen, dafür bräuchte unter den gegenwärtigen Umständen 20 Jahre. Mr. Moon arbeitet für einen Gangster namens Mr. Vick, in dessen Auftrag er Berufskiller unter Vertrag nimmt. Genau dafür bewirbt sich nun auch Claude. Nach dem Gespräch hört Claude eine lange Zeit nichts mehr von Mr. Moon. Die Zeit vergeht in der Routine von Schlafen, Ankleiden; Essen und Übungen zum Erhalt der körperlichen Fitness, bis eines Tages das Telefon klingelt. Claude erledigt seinen ersten Auftrag in einem Friseursalon – mit dem Rasiermesser des Barbiers, der im Hinterzimmer mit anderen Kunden gefesselt und geknebelt am Boden liegt. Claude erweist sich als ein absolut zuverlässiger Killer, der eine ganz eigene Art der Professionalität ausbildet. So bekommt er den Auftrag für den Mord an einem wichtigen Belastungszeugen in einem Prozess wider einen Gangster in Los Angeles. Am Flughafen wird Claude von Marc (Phillip Pine) und George (Herschel Bernardi) in Empfang genommen, die ihn bei seinem Vorhaben unterstützen sollen. Aber der kühle und von seiner Selbstdisziplin gekennzeichnete Claude ist fast außer sich, sobald er hört, dass sein nächstes Opfer mit Namen Billie Williams (Caprice Toriel) eine Frau ist, die gegen Claudes eigenen Chef, Mr. Vick, aussagen soll…
Ein wahrlich dunkler, ein fieser Film, der zu jenen gehört, die – neben Michael Powells Augen der Angst (UK 1960) und Delmer Daves’ The Red House (USA 1947) - von Martin Scorsese wieder „ausgegraben“ und der Welt des Kinos zurückgegeben wurden. Ganz unübersehbar ist zudem der Einfluss, den Der Tod kommt auf leisen Sohlen (neben Robert Wises Wenig Chancen für Morgen, USA 1959) auf Allen Barons Meisterwerk Explosion des Schweigens (USA 1961) hatte. Sowohl wurde sein Drehbuchautor Ben Maddow (Asphalt-Dschungel / Raubmord, USA 1950) zur Zeit der McCarthy-Ära mit Berufsverbot belegt, als auch sein Regisseur Irving Lerner zu einem früheren Zeitpunkt wegen des Verdachts aus Spionage für die Sowjetunion auf die „schwarze Liste“ gesetzt. Tatsächlich gibt es in diesem B-Film über einen Auftragskiller, dessen Geschichte schlicht und direkt erzählt wird, einen Unterstrom regimekritischer, überaus unangenehmer Töne und Signale, die für den Charakter des Films bestimmend sind. Der Tod kommt auf leisen Sohlen gibt dem Publikum keinen Raum für ein stilles Lächeln oder eine andere Art der Distanznahme. Claude arbeitet gänzlich akkurat und präzise. Er hat die Ausstrahlung eines Geschäftsmanns im Körper eines Athleten. Er ist vollkommen kühl und selbstbeherrscht und dabei – hochgradig gestört, ein Psychopath ersten Grades.
In der Tradition des Film Noirs ist der Psychopath als Verbrecher lange vertreten – ob Lizabeth Scott als von Habgier zerfressene Jane Palmer in Der blonde Tiger (USA 1949) oder Richard Basehart (eindeutig ein Vorläufer Claudes) als vereinsamter, beziehungsgestörter Irrläufer Roy Morgan in Schritte in der Nacht (USA 1948). Aber die Verbrecher dieser Zeit wurden stets als „gestört“ gebrandmarkt, demgegenüber sich Claude nahtlos ins Bild der Gesellschaft einfügt, darin er so unauffällig und wohlgestaltet funktioniert, wie man sich derlei nur vorstellen könnte. Gegenüber den beiden Schergen Marc und George, die als Kontaktleute zu seinen Auftraggebern in Los Angeles die Betreuung übernehmen, wirkt Claude als ein ganz mustergültiger US-Amerikaner. Er ist tadellos gekleidet, er ist von sportlicher Statur, er hat gute Manieren und weiß stets, was er will und warum. Im Vergleich mit dem Mörder wirken überhaupt viele wie Freaks – wie jener Waffenhändler, auf dessen Tresen Papierfahnen mit Hakenkreuz feilgeboten werden. Ein Film ohne eine einzige positive Identifikationsfigur, derlei war im Hollywood der ausgehenden Fünfziger mehr als selten. Irving Lerner nahm die Frühsechziger und Filme wie den schon erwähnten Explosion des Schweigens (1961) oder Joseph Loseys Die Spur führt ins Nichts (UK 1960) vorweg. Zusammen mit Im Zeichen des Bösen (USA 1958) liegt Der Tod kommt auf leisen Sohlen nahezu am Ende der klassischen Film-Noir-Ära und schaffte es 2009 in das von Sony Pictures Home Entertainment in den USA herausgegebene 5DVD-Box-Set Columbia Picture Film Noir Classics I. Direkt im Anschluss drehte Regisseur Irving Lerner mit Darsteller Vince Edwards und Kameramann Lucien Ballard noch den in Deutschland nahezu unbekannten Film Noir City Of Fear (USA 1958).
Exzellente restaurierte Fassung im Rahmen der von Sony Pictures editierten 5DVD-Ausgabe Columbia Pictures Film Noir Classics II (2010) in den USA (Regionalcode 1), d.h. ungekürzt im Originalformat, nämlich Widescreen 1:85.1, dazu den Originalton mit englischen Untertiteln, als Extra eine kurze Einführung von Martin Scorsese.