Film Noir
| USA
| 1948
| William Keighley
| Joseph MacDonald
| Ed Begley
| Howard Smith
| John McIntire
| Joseph Pevney
| Lloyd Nolan
| Mark Stevens
| Phillip Pine
| Richard Widmark
| Sam Edwards
Bewertung
**
Originaltitel
The Street With No Name
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1948
Darsteller
Mark Stevens, Richard Widmark, Lloyd Nolan, Ed Begley, Barbara Lawrence
Regie
William Keighley
Farbe
s/w
Laufzeit
91 min
Bildformat
Vollbild
© Twentieth Century Fox Film Corporation
Center City: In zwei Mordfällen, darunter der Wachmann einer Bank, gibt es eine Gemeinsamkeit, nämlich die Waffe, mit der die Opfer erschossen wurden. Mehrere Agenten unter FBI-Inspektor George Briggs (Lloyd Nolan) treffen sich mit Polizeichef Bernard Harmatz (Ed Begley) und Staatsanwalt Ralph Demory (Howard Smith). Nachdem die Arbeit im Polizeilabor den Verdächtigen Robert Danker (Robert Patten), der behauptet das Opfer einer Täuschung zu sein, entlasten, bringen Indizien die Polizei nun auf die Spur von Bandenführer Alec Stiles (Richard Widmark). Doch Danker, nachdem er von einem ominösen „John Smith“ aus dem Gefängnis entlassen wurde, wird kurz darauf ermordet aufgefunden. An der FBI Academy in Quantico, Virginia, überzeugt FBI-Inspektor Briggs nun Gene Cordell (Mark Stevens), sich als Undercover-Agent in Alec Stiles’ Organisation schleusen zu lassen. Allen Beteiligten ist klar, dass das Unterfangen riskant ist…
Ein Propagandafilm! Straße ohne Namen wurde vom Federal Bureau of Investigation (FBI) und von der Zensurbehörde für die Umsetzung des Motion Picture Production Code namens Hays Office initiiert. Der Film ist reine Staatspropaganda für den American Way of Life in Gestalt des heroischen Gene Cordells als Undercover-Agent in Alec Stiles’ Bande böser Buben. Bereits mit Das Haus in der 92. Straße (1945) war Edgar J. Hoover - von 1924 bis 1972 Direktor des FBI und schon zu Lebzeiten eine Legende als Hardliner und Kommunistenhasser - ins Filmgeschäft eingestiegen. Im Vorspann von Straße ohne Namen meldet sich Hoover sogar selbst zu Wort: “Organized gangsterism is once again returning. If permitted to go unchecked three out of every four Americans will eventually become its victims. Wherever law and order break down there you will find public indifference. An alert and vigilant America will make for a secure America…”
© Twentieth Century Fox Film Corporation
Unter der Regie Henry Hathaways hatte man sich mit Das Haus in der 92. Straße (USA 1945, bereits mit Lloyd Nolan als FBI-Agent George Briggs) erstmals den Film-Noir-Stil zunutze gemacht, um rechtskonservative Propaganda zu streuen. Ab 1947 war in den USA die Republikanische Partei im Aufwind. Der Kalte Krieg warf seine Schatten voraus, das Nuklearzeitalter und das Wettrüsten folgten. Es galt, systemkritische Stimmen mundtot zu machen und den US-Amerikaner auf die Glaubenssätze der Konservativen einzuschwören. Seit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs arbeitete Hoover mit dem Komitee für unamerikanische Umtriebe (HUAC) und dem Permanent Subcommittee on Investigations unter Senator Joseph McCarthy zusammen. Die Kriminalhandlung in Straße ohne Namen erinnert an den Gangsterfilm der Dreißiger, dem oft der mahnende Zeigefinger der staatlichen Autorität voran gestellt worden war. Das Absurde an Straße ohne Namen sind Auszüge aus Lehrfilmen des FBI, die in die Handlung einmontiert sind, ist die Marschmusik hierzu und die Verherrlichung der Hetzjagd auf die rein bösen und pathologischen Gangster à la Stiles durch den patriotischen Erzähler aus dem Off. So ist Richard Widmark in seiner Wiederholung der Rolle Tommy Udos aus Der Todeskuss (USA 1947) das einzig Erträgliche an dem Film, demgegenüber die übrigen Charaktere Stereotypen bleiben. Kameramann Joseph McDonald ist fast so gut wie John Alton, der u.a. Edgar J. Hoovers weitere Propagandafilme Geheimagent T (USA 1947) und Schritte in der Nacht (USA 1948) stilisierte, doch das macht hieraus keinen Film Noir.
Barbara Lawrence (Gefahr in Frisco, USA 1949) ist als Stiles’ Ehefrau nett anzuschauen, ist aber wie die Frauenfiguren in Geheimagent T und vor allem in Schritte in der Nacht (USA 1948) zur Statistin verdammt. Die Schauspielerin June Haver, die die Rolle der June Stiles als leer und unbedeutend ablehnte, wurde von ihrem Studio 20th Century Fox kurzerhand suspendiert. Im Vergleich zu Film-Noir-Werken von John Huston, Jules Dassin oder Orson Welles ist Straße ohne Namen eine reaktionäre Farce. 1955 drehte Samuel Fuller in Farbe und in Cinemascope ein in Japan angesiedeltes Remake als Tokio-Story, das unter anderem an seinem schwachen Hauptdarsteller Robert Stack zu leiden hatte.
Erstklassige deutsche DVD-Edition (2006) von 20th Century Fox, die den Film in deren Reihe Großer Filmklassiker präsentiert, d.h. ein topp restauriertes Bild, ungekürzte Laufzeit im Originalformat mit reihenweise Tonspuren und Untertiteln und dazu den US-Kinotrailer als Extra.