Johnny Depp, Forest Whitaker, Toby Huss, Dayton Callie, Neil Brown jr.
North Hollywood, Kalifornien, am 18. März 1997: Der Undercover-Cop Frank Lyga (Shea Whigham) wartet in seinem Wagen an einer Ampel und hört indessen Radionachrichten, die vom New Yorker Begräbnis des nur 9 Tage zuvor in Los Angeles erschossenen Rappers The Notorius B.I.G. aka Christopher Wallace berichten. Lygar stellt einen anderen Sender ein, der den Highway Song von Blackfoot spielt, und sieht im Außenspiegel einen 1992er Mitsubishi Montero heranfahren, am Steuer der afroamerikanische Police Dectective Kevin Gaines (Amin Joseph) in Zivil, der seinerseits Murder Was The Case von Snoop Doggy Dogg hört und sich den Bart kämmt. Gaines hält vor der noch immer roten Ampel neben Lyga auf der zweiten Spur, und der Rap-Song schallt aus dem geöffneten Seitenfenster, so dass Lyga zu ihm hinüberblickt und sichtlich genervt fragt, ob er ihm helfen könne. Gaines sieht sich provoziert und es kommt zu einem Schlagabtausch. Als die Ampel auf Grün schaltet, rasen die Autos los. Gaines versucht Lyga auszubremsen und zu stellen, aber jener fährt weiter, so dass er ihn verfolgt. An der nächsten Kreuzung zeigt die Ampel ebenfalls rot; Lyga kommt mit quietschenden Reifen zum Stehen und Gaines ist erneut neben ihm… Plötzlich fallen Schüsse. Kevin Gaines fährt wieder los und quert die Straße, um auf einer gegenüberliegenden Tankstelle in einen Jeep hineinzufahren. Frank Lyga folgt ihm und springt mit gezückter Waffe ins Freie, aber kurz darauf wird Kevin Gaines tot vom Fahrersitz gezogen…
”In 1997, everybody thought the LAPD was filled with only one thing - racist cops. But it wasn’t. It also had politicians.“ Es gibt so einige männliche US-Schauspieler der 80er und 90er Jahre, die sich seit langem im Abwärtstrend befinden und in einem Hollywood-Flop oder missratenen B-Film nach dem anderen auftreten. Nicolas Cage, John Travolta oder Bruce Willis, einst zugkräftige Namen, gelten als Kassengift und zeigen sich oft in Direct-to-Video-Produktionen. So mancher attestiert auch Forest Whitaker und Johnny Depp ein solches Schicksal und auf den ersten Blick scheint es berechtigt. Doch gehört City Of Lies ganz und gar nicht zu jenen Produktionen, die einen noch nicht verblassten Starruhm mittels eines drittklassigen Kriminal- oder Action-Spektakels melken wollen. Im Gegenteil! Dass solches Werk, das im Dezember 2018 auf dem italienischen Courmayeur Noir Film Festival seine Premiere feierte, nicht bereits im September 2018 ins US-amerikanische Kino gekommen war und für 2 ½ Jahre von der Bildfläche verschwand, gilt teils als mysteriös, teils… aber auch nicht. Der Film des Regisseurs Brad Furman (Der Mandant, USA 2011) basiert auf dem Sachbuch LAbyrinth: A Detective Investigates the Murders of Tupac Shakur and Notorious B.I.G. (EA 2002) von Pulitzerpreisträger Randall Sullivan, der die Morde an den afroamerikanischen Rappern Tupac Shakur (Gang Related, USA 1997) im September 1996 und The Notorious B.I.G. im März 1997 durch die Brille des Police Detectives Russell Poole unter die Lupe nimmt. Im Jahr 1999 verließ Poole das Los Angeles Police Department unter dem Eindruck, seine Vorgesetzten wollten die Täter und Strippenzieher hinter den Morden decken. Als Privatdetektiv sammelte er, ohne die Morde aufklären zu können, weitere Indizien und stellte sie in Interviews Randall Sullivan zur Verfügung. Bevor Poole 2015 in Kooperation mit dem FBI die Untersuchung hätte wiederaufnehmen können, starb er an einem Herzinfarkt.
Zwei Jahre später drehte Brad Furman City Of Lies, der großteils von der britischen Good Films Collective finanziert wurde, die an Sullivans Buch die Filmrechte erworben hatte. Schon im Mai 2017 waren die Dreharbeiten abgeschlossen worden; im Mai 2018 erschien der erste Trailer. Der Kinostart war für den 7. September angekündigt, doch im August wurde der Film auf Eis gelegt. Eine offizielle Version gab einen Rechtsstreit zwischen Johnny Depp und einem Aufnahmeleiter als Grund an. Filmjournalist Michael Kennedy berichtete jedoch in ScreenRant: “A Daily Beast report, which included interview portions with both Furman and Randall Sullivan, asserted that the LAPD had actively attempted to suppress the film from being released.” Lediglich in Europa lief er Anfang 2019 hier und dort und wurde im Juni 2019 in Italien auf BD und auf DVD veröffentlicht. Erst nach der Ära des rechtsnationalen Donald Trumps als US-Präsident wurde er am 21. März 2021 in den USA (und in Kanada) uraufgeführt, wo er angesichts der stets grassierenden Corona-Pandemie kaum Zuschauer fand. Das Schauspiel Johnny Depps und Forest Whitakers ist exzellent. Die komplexen Details der Morduntersuchung Russell Pooles, die Sullivan in seinem Buch akribisch zusammenführte und der darüber übers hinaus weisende Wechsel der Zeitebenen von 2015 und 1997 machen City Of Lies zu einem Drama, das vom Zuschauer Aufmerksamkeit verlangt und sich nicht als leichte Unterhaltung versteht. Wer sich darauf einlassen kann, wird mit einem hoch brisanten Werk belohnt, das (wie manch anderer US-Film dieser Tage) den Finger auf eine schmerzende Wunde legt und nicht lockerlässt. War er für eine lange Zeit mit 3 bis 5 Produktionen pro Jahr vertreten, so macht sich Johnny Depp im Anschluss an City Of Lies rar und trat seither in lediglich zwei, zudem seriösen Filmrollen in Erscheinung.
Eine deutsche BD- und auch DVD-Edition wird via Koch Media GmbH am 26. August 2021 erscheinen, ungekürzt und im Originalformat mit dem englischen Originalton und mit einer deutschen Synchronisation, dazu optional deutsche Untertitel und den original Kinotrailer (wahrscheinlich die US-Fassung, denn der Film läuft nicht im deutschen Kino) als Bonus-Feature.