Lindsay Crouse, Joe Mantegna, Mike Nussbaum, Lilia Skala, J.T. Walsh
© Orion Pictures Corporation
Seattle im US-Bundesstaat Washington: Die Psychotherapeutin Dr. Margaret Ford (Lindsay Crouse) wird von einer jungen Frau (Willo Hausman) angesprochen. Letztere bittet sie, ihr das Exemplar von Fords Erfolgsbuch Driven zu signieren, weil es ihr enorm geholfen habe… In ihrer Praxis behandelt Margaret Ford den jungen William “Billy“ Hahn (Steven Goldstein), der verzweifelt erscheint und ihr vorhält, dass sie gar nicht in der Lage sei ihm zu helfen und dass sie auch kein Interesse daran habe. Er zückt eine Pistole und deutet an, sich damit erschießen zu wollen, doch der erfahrerenen Therapeutin gelingt es, Billy zur Übergabe der Waffe zu bewegen. Der Patient gibt ihr zu verstehen, dass er 25.000 US-Dollar Spielschulden habe und zwar bei einem gewissen Mike (Joe Mantgegna), der in einem Club namens House Of Games in der Beaumont Street residiere. Dr. Ford notiert sich diese Adresse, nachdem sie Billy bei Übergabe der Pistole, die sie in ihren Schreibtisch einschließt, verspach ihm nachhaltig zu helfen. So macht sie sich am Abend auf den Weg zu der anrüchigen Adresse und tritt in einen großen Raum mit Bar und mit diversen Billardtischen. Der Barkeeper (Jack Wallace) fragt sie, was sie wünsche und sie antwortet, dass sie gern mit Mike sprechen wolle. Erst als sie diesen Wunsch mit einigem Nachdruck wiederholt, lässt sich der Mann herab, hinterm Tresen hervor in einen Nebenraum zu gehen. Von dort kehrt er mit einem dunkelhaarigen Mann zurück, den Margatet Ford sofort als Mike zu erkennen glaubt…
“What I'm talking about comes down to a more basic philosophial principle: Don't trust nobody.“ Selten sah ich einen Film, bei dem es mir im Rückblick weniger darauf ankam, wie plausibel er in Entwicklung der Handlungsfäden scheint, sondern wie er mir als Drehbuch und in der Inszenierung fast makellos vorkommt. Das psychologisch tief wurzelnde Duell der Psychotherapeutin Dr. Margaret Ford versus Berufsbetrüger Mike, zwei überlebensgroße Rollencharaktere, die sich druckfertige Dialoge um die Ohren hauen, die für Liebhaber cineastischer Leckerbissen ein Hochgenuss sind, gehört ohne Zweifel zum Besten und am wenigsten vom Zeitgeist ins Mittelmaß hinabgestoßene, was das US-Kino der 80er Jahre zu bieten hat. Es war das Regie-Debüt des seit 1970 als Dramatiker tätigen David Mamet. Seit seiner Adaption von James M. Cains Die Rechnung ohne den Wirt (EA 1934) für das Remake von Tay Garnetts Im Netz der Leidenschaften (USA 1946), das mit Jack Nicholson und Jessica Lange, betitelt Wenn der Postmann zweimal klingelt (USA/GER 1981), als Skandalfilm gehandelt wurde, schrieb er regelmäßig auch Drehbücher. Aber erst 6 Jahre später verfilmte er ein solches aus der eigenen Feder auch als Regisseur. In den folgenden drei, überaus produktiven Jahrzehnten hat Mamet als Autor und Regisseur Preise und Ehrungen erhalten und stets mit einem Stamm von Schauspielern gearbeitet, die seine Filme prägten, unter ihnen Ricky Jay, Joe Mantegna, Jack Wallace und William H. Macy, die alle auch in diesem Erstling auftreten. Niemand hat mich jedoch wie Hauptdarstellerin Lindsay Crouse (Prince Of The City – Die Herren der Stadt, USA 1981) beeindruckt, seinerzeit noch David Mamets Ehefrau, die auf eine ab 1976 von Höhepunkten gekennzeichnete Filmografie zurückblicken kann und der ihre Leistung in Haus der Spiele dennoch nicht das Tor zu Ruhm und Ehre öffnete. Womöglich ist der Film dafür zu abgründig, im Finale und in der Schlussequenz zu konsequent - beides vor und hinter der Kamera überragend in Szene gesetzt.
“House of Games (…) takes place at night, in dimly lit taverns, back rooms, streets and alleys, the standard venues of film noir crime“, schreibt Lawrence Russell für culturecourt.com und bringt einen Aspekt des Films zum Vorschein, der Dr. Margaret Ford beschreibt, die im Dunkel der Nacht die Dunkelheit ihrer Persönlichkeit erleben lernt, was von ihrem neuen, kriminellen Umfeld berufsmäßiger Trickbetrüger nur ungenau erfasst und eingeschätzt wird… Dass ein Neo Noir im Rückgriff auf die Tradition des Filmstils gern mal eine überraschende Wendung bringt und dem Zuschauer vor Augen führt, wie wenig er sich selbst und dem Erfassen von Wirklichkeit nach Maßgaben bildungsbürgerlicher Alltäglichkeit trauen darf, ist Knackpunkt des Skripts und der Dramaturgie. In der Regel sind derlei Überraschungen nur des Effekts willen präsent .Neo Noirs wie John McNaughtons Wild Things (USA 1998) oder Best Laid Plans (USA 1999) erheben sie zum Selbstzweck und verspielen ihr Potential. Bei David Mamet deckt eine Wende in der Handlungsentwicklung stets ein Persönlichkeitsmerkmal auf, das der Zuschauer selbst hätte erahnen können, was er jedoch übersah, weil Regie und Schauspiel ihn bewusst täuschten. Zudem geht in Haus der Spiele das Erkennen durch den Zuschauer mit der Selbsterkenntnis der Protagonisten einher – mehr als nur zum Zeugen macht uns der Film zu Komplizern und führt über die Grenzen moralischer Konventionen hinaus in den freien Fall. Haus der Spiele ist ein Meisterstück des Neo Noirs und für jeden Filmliebhaber ein Muss!
Es gibt eine US-amerikanische BD (2019) und DVD (2010) der Criterion Collection mit einer neuen, digital hochwertig restaurierten Fassung, dazu mit Audiokommentaren von Regisseur David Mamet und Schauspieler Ricky Jay, neueren Interviews mit Joe Mantegna and Lindsay Crouse, der Kurzdokumentation "David Mamet on House of Games", dem US-Kinotrailer und einem Filmessay von Filmkritiker Kent Jones plus Auszügen aus der Einleitung zu David Mamets Drehbuch. Aber auch die deutsche DVD-Ausgabe (2006) der Twentieth Century Fox Home Enrtertainment hält, was sie verspricht, und bringt den Film ungekürzt im Originalformat mit dem original englischen Ton und Synchronspuren auf Deutsch, Französisch und Spanisch, optional Untertitel auf Französisch, Spanisch, Niederländisch, Schwedisch, Finnisch, Norwegisch, Dänisch, Polnisch, Griechisch, Rumänisch, Englisch und Deutsch und mit dem Kinotrailer als einizigem Bonus.