Bill Hunter, Gary Sweet, Mary Regan, Jim Holt, Rodney van der Wall
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In der Wüste außerhalb des Industriegebiets der australischen Stadt Silverton wartet zwischen verrotteten Autowracks ein Mann (Rodney van der Wall) am Steuer einer Mercedes-Limousine und hört im Autoradio eine Oper. Nicht weit davon liegt in der Hitze dieses Vormittags der Police Sergeant Jack Welles (Bill Hunter) mit seinem Fernglas auf der Lauer und beobachtet ihn. Mitunter wirft er einen Blick auf seinen Schlüsselanhänger, den das Portrait seiner deutlich jüngeren Ehefrau Leanne (Mary Regan) ziert… Sie sitzt in ihrem Schlafzimmer am Schminktisch, aber nicht weil sie aufstehen will. Vielmehr ist sie heute Morgen mit ihrem Liebhaber Jeff (Gary Sweet) zu einem Stelldichein verabredet. In seinem roten MG Cabriolet braust jener durch die Straßen der Siedlung, bevor er vor dem Grundstück des Sergeants zum Halten kommt. Als er ins Schlafzimmer tritt, sitzt Leanne noch dort. Nun erhebt sie sich, und eine kurze Weile starren sie sich wortlos an, bevor sie einander in die Arme sinken… Indessen hat sich für Jack Welles das Warten gelohnt. Ein Camarro gesellt sich zum Mercedes, die Fahrer schütteln sich die Hände und tauschen Aktenkoffer aus. Doch derjenige des Mercedes´ hat den seinen präpariert. Unterm Heroin, das den Koffer füllt, befindet sich ein doppelter Boden, darin eine Bombe tickt. So nimmt der eine die Drogenpakete, der andere einen Koffer voller Geld entgegen, bevor ihre Wege sich trennen. Als der Mercedes soeben starten will, braust Jack mit eingeschalteter Sirene heran und stellt den Verdächtigen…
"Craig Lahiff's steamy modern film noir (...) effectively conveys how desperate all these miserable characters are for some spark in their dull lives", schlussfolgert Dennis Schwartz für Ozu's World Movie Reviews. Nun ist das kein Film Claude Chabrols, keine der auch in Deutschland beliebten Milieustudien französischen Bildungsbürgertums, das stellvertretend für die westliche Hemisphäre so perfide einen Karneval der Habgier und Besessenheit zelebriert, dessen Melange aus Sex und Kapitalismus auch vor Mord nicht zurückschreckt. Doch Lahiffs dramaturgisch zupackender Neo Noir mit seinem Flair einer B-Produktion und einem Drehbuch, das wie ein Pfeil von der Sehne schnellt, zeichnet dennoch ein eindrückliches Portrait des australischen Mittelstands. Dessen beinharter Sozialdarwinismus wird von Anbeginn durch die fadenscheinige Konvention eines Amtseids oder anderer für ihre gesellschaftlich determinierten Rollen relevanten Hemmschwellen kaum bemäntelt. Ein in der Wüste aufgelesener Geldkoffer und ein Ehebruch sind die Zündschnur an einer Dreiecksgeschichte, die im Nu zu einem Kampf auf Leben und Tod eskaliert. Und erstmal ist es sicher nicht Chabrols Die untreue Frau (FRA/ITA 1969) sondern eher Joel und Ethan Coens Blood Simple - Eine mörderische Nacht (USA 1984) und John Dahls Kill Me Again / Töten Sie mich (USA 1989) oder auch Dennis Hoppers The Hot Spot – Spiel mit dem Feuer (USA 1990), an die solch dreckig verschwitzte Hetzjagd eines australischen Films erinnert. Aber deren letzte zwei erschienen erst nach Fever Kill, der seinerzeit in Videotheken weltweit schnell ein Schattendasein fristete und mit grauenhaften Illustrationen und Werbemotiven versehen ein Cineasten-Publikum eher abschreckte als es anzog.
”Goin’ on a holiday, Leanne?“ – “Yeah, sort of…“ Craig Lahiffs Vision über Schritte abseits des Königswegs bürgerlichen Heldendaseins, die seine Figuren erst ins Trudeln und schon bald an den Rand des Abgrunds bringen, ist von Film-Noir-Charakteren bevölkert. Sie sind so unglücklich wie verzweifelt, so leidenschaftlich wie schließlich rasend, denn für sie geht es um alles oder nichts. Ob Verfolger oder Verfolgte, in Fever Kill sind alle auf der Flucht. Die bis auf Bill Hunter völlig unbekannten Darsteller erweisen sich als kompetent und engagiert. Die Dramaturgie ist rasant und der Spannungsbogen bleibt bis ins Finale konsequent oben. 30 Jahre nach Entstehung hält Craig Lahiffs Neo Noir selbst erfahrene Cineasten auf der Stuhllehne; nur kennt ihn längst niemand mehr, Für mich persönlich zählt Fever Kill heute zu jener Hansdvoll Werke, die das Zeug zum Kultfilm hätten, die jedoch in Vergessenheit gerieten und von der Flut zeitgenössischer Veröffentlichungen an den Rand gedrängt werden. Craig Lahiff starb 2014 im Alter von 66 Jahren.Kurz zuvor hat er seinen Neo Noir Fever Kill in geringfügig abgewandelter Form noch einmal verfilmt. Als Swerve (AUS 2011) brachte er die mörderische Hatz im Gewand eines “Outback Noir“ international ins Kino. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, doch Fever Kill ist für mich der eindeutig bessere der beiden Filme - für seine Zeit ebenso frech und frisch wie unverblümt kompromisslos. Empfehlenswert!
In Deutschland gab es unter dem Titel Fever Kill – der Originaltitel des Films ist lediglich Fever – eine VHS-Videokassette (1990) der EuroVideo Medien GmbH, München, doch die ist längst vergriffen und bietet auch keine original englische Tonspur. Weltweit gibt es bis heute keine BD- oder DVD-Edition von Craig Lahiffs B-Produktion, die sich online in diversen Foren als VHS-Kopie in mittelprächtiger Bildqualität und doch immerhin mit dem Originalton findet.