Nikolaj Coster-Waldau, Omari Hardwick, Lake Bell, Jon Bernthal, Emory Cohen
Im Hochsicherheitstrakt eines Staatsgefängnisses in Kalifornien, USA, sitzt Jacob “Money“ Harlon (Nikolaj Coster-Waldau) mit nacktem Oberkörper in seiner karg möblierten Zelle und schreibt einen Brief an seinen Sohn Joshua (Jonathon McClendon). Seit sechs Jahren hat letzterer nichts von seinem Vater gehört, den nach eigener Einschätzung in dieser Rolle völlig versagte und der sich mit diesem Brief von ihm verabschieden möchte… Ein Häftling hat sich aufgehängt; mehrere Wärter unter der Führung von Lieutenant Roberts (Mark Sivertsen) stürmen in den Trakt mit den Einzelzellen. Roberts ordnet an, Lopez in die Sicherheitsverwahrung zu bringen. Dann lässt er innehalten und holt erst einmal Jacob Harlon aus seiner Zelle, denn jener soll heute entlassen werden. Roberts begleitet Harlon, nachdem er seine 200.00 US-Dollar Entlassungsgeld erhielt, zum Ausgang, wo ihn ein Shuttle-Bus erwartet und zum Bahnhof fahren wird. Vorher überreicht er Harlon noch einen Zettel von “The Beast“ (Holt McCallany), der für dessen Vorhaben unerlässlich ist. Mit dem Zug fährt Harlon nach 10jähriger Haft zurück nach Pasadena, wo er am Bahnhof von Frank “Shotgun“ (Jon Bernthal) abgeholt wird, ebenso wie Harlon, der von allen „“Money“ genannt wird, ein Miglied der Gang PEN1 - Abkürzung für Public Enemy Number 1. Shotgun macht Money mit Howie (Emory Cohen) bekannt , einem bis dato nicht-krimenellen Veteranen des Kriegs in Afghanistan, der für ihr gemeinsames Vorhaben die Idee und den Plan ausarbeitete…
“The fact is, we all started out as someone's little angel.“ Der dänische Schauspieler Nikolaj Coster-Waldau (Jo Nesbø's Headhunters, NOR/SWE/DNK/GER 2011) hat schon vor über15 Jahren mit Nebenrollen den Sprung in US-amerikanische Film- und TV-Produktionen geschafft. Seit seiner Beteiligung an der Erfolgsserie Game Of Thrones – Das Lied von Eis und Feuer (USA/UK 2011-2017) ist er endgültig zu einer Größe im Pool der dortigen Darsteller geworden. Der ehemalige Stuntman Ric Roman Waugh, seit 2001 nurmehr als Autor und als Regisseur tätig, engagierte ihn für die Hauptrolle in diesem Gefängnisdrama, das den Lebens- und Leidensweg eines zuvor glücklichen Geschäftsmanns und Familienvaters im US-amerikanischen Strafvollzug nachzeichnet. Waugh schließt damit auffällig an einige Produktionen an, wie sie für das Zeitalter des Film Noirs relevant waren, so etwa Zelle R 17 (USA 1947) oder auch Verlorene Frauen / Frauengefängnis (USA 1950), darin gleichsam anhand von Einzelschicksalen die Brutalität und zerstörerische Kraft der vermeintlichen Rehabilitation bebildert wurde. Shot Caller verzichtet in seiner ersten Hälfte auf die explizite Darstellung physischer Gewalt im Hochsicherheitstrakt der Schwerverbrecher, darin der zu 7 Jahren Freiheitsentzug verurteilte ex-Börsenmakler Jacob Harlon seine zweite Heimat findet. Stattdessen widmet sich der Film erst einmal der Geschichte des Hauptdarstellers und seiner Familie. Anhand zahlreicher Rückblenden zeichnet er dessen Entwicklung vom Musterbürger und liebenden Ehemann zum desillusionierten, beinharten Mitglied einer Gang schrittweise nach. Doch das gelingt nur zu Teilen und lässt vieles außen vor.
"Perhaps what it lacks in credibility is the utter corruption of Jacob where he’s (…) transformed into an almost unrecognisable shadow of his former self”, schreibt Simon Hooper für Any Good Films? und legt seinerseits den Finger auf die wunde Stelle der Produktion. >Mir fehlte es mit Blick auf den von Coster-Waldau so engagiert und auch nuanciert und kompetent gespielten Charakter schlicht an Glaubwürdigkeit. Auch mit dem Wissen um jene 10 Jahre, die den einen Handlungsstrang vom andere trennen, bleibt solche Entwicklung in ihrer Drastik einfach unrealistisch und schwer vorstellbar, zumal Jacob Harlon gleich nach Ankunft in der Anstalt mal locker einen Häftling zusammenschlägt und dafür mit Einzelhaft geahndet wird. Derlei Nahtstellen der Handlung sind immer wieder rätselhaft bis absurd, seien es Harlons versierte Kampfkunst oder ein Vermögen von 178.000 US-Dollar, dank der er nach seiner Haftstraße seiner Frau und seinem Sohn eine materiell sorgenfreie Zukunft garantiert. Autor und Regisseur Ric Roman Waugh drehte bereit mit seinem Felon (USA 2008) eine gleich geartete Geschichte - Familienvater geht für den von ihm verursachten Tod eines Einbrechers ins Gefängnis in landet im Hochsicherheitstrakt – seinerzeit mit Stephen Dorff, Val Kilmer und Marisol Nichols. Shot Caller erweist sich als engagiert und spannend und beweist Liebe fürs Detail. Aber auch die Schlusssequenz liegt für mich weit jenseits der Glaubwürdigkeit mit Blick auf Entwicklung und Vermögen ihres zentralen Charakters. Fazit: Kann man sich anschauen, ist aber kein Muss und hinterlässt einen eher mit einem Achselzucken anstatt wirklich berührt oder gar betroffen.
Sehr gute BD- und DVD-Editionen (2017) der Constantin Film Verleih GmbH, München, mit dem Film ungekürzt im Originalformat und inklusive des original englischen Tons (ein Muss) und einer deutschen Synchronisation (nicht zu empfehlen), dazu optional deutsche Untertitel, den Kinotrailer und Interviews von insgesamt 41 Minuten Spielzeit als Extras.