James Whitmore, John Cassavetes, Sal Mineo, Mark Rydell, Denise Alexander
New York: Auf dem in der Nacht verlassenen Gelände einer Fabrik treffen zwei Jugendgangs aufeinander, die Dukes und die Hornets. Der Exzess der Gewalt ist gnadenlos, doch schließlich gewinnen die von Frankie Dane (John Cassavetes) geführten Hornets die Oberhand und nehmen einen Jungen (Paul Wallace) der Dukes gefangen. In ihrem Viertel malträtieren und quälen ihn die Hornets in einem Hinterhof; Lenny Daniels (Jimmy Ogg) bedroht ihn gar mit einer selbstgebauten Pistole. Das wird von dem in der Nachbarschaft wohnenden Mr. McAllister (Malcolm Atterbury) beobachtet, der vor den Hornets keine Angst hat und die Polizei verständigt. Und kurz darauf erhält Mr. Daniels (Paul Bryar) Besuch von zwei Polizeibeamten, die seinen Sohn Lenny festnehmen. Frankie Dane, der als Anführer der Hornets Lenny vor dem Zugriff der Justiz nicht schützen kann, ist außer sich vor Wut auf McAllister. Aber jener lässt sich dessen wüste Triaden nicht bieten und ohrfeigt den 18jährigen sogar, was in Frankie endgültig einen Plan zur Rache an dem Widersacher entstehen lässt… Frankie lebt mit seinem kleinen Bruder Richie (Peter J. Votrian) und mit seiner Mutter (Virginia Gregg) auf engstem Raum und hasst ihr Leben zu dritt auf tiefster Seele. Die Frau bringt mit ihrem Job als Kellnerin sich selbst und die Söhne nur mühsam über die Runden und leidet unter der impulsiven Natur ihres Ältesten. Der Sozialarbeiter Ben Wagner (James Whitmore) beißt sich an Frankie Dane bis dato ebenfalls die Zähne aus, besonders jetzt…
“I… was just downstairs and realized I never seen your place before.” - “Well, feast your eyes tonight. It's straight out of Hollywood.” Zu Beginn war es Nicholas Ray, der ab den späten 40er Jahren den Blick auf die junge Generation der USA geworfen und ihr einen Platz im Spielfilm aus Hollywood eingeräumt hatte. Aber sowohl Im Schatten der Nacht (USA 1948) als auch A Woman’s Secret (USA 1949) gingen sang- und klanglos unter, ebenso Joseph Loseys Die Nacht der Wahrheit (USA 1951). Insbesondere Rays Debüt Im Schatten der Nacht erinnert mitunter an die dunklen Sozial- und Gangsterdramen der 30er Jahre, die dem Film Noir vorhergegangen waren, etwa an William Wylers Sackgasse (USA 1937), der die Geburtsstunde der Dead End Kids beinhaltete, einer Gruppe jugendlicher Darsteller, die bis in die frühen 40er als junge Delinquenten das Hollywoodkino bereicherten. In jenen 50er Jahren musste erstmal die McCarthy-Ära mit einem Paukenschlag zu Ende gehen, bevor ab Oktober 1955 Nicholas Rays …denn sie wissen nicht, was sie tun (USA 1955) zu einem Welterfolg wurde. Entfesselte Jugend (USA 1956) gehört eindeutig zu den Filmen im Fahrwasser dieses Erfolgs, dem man zugute halten kann, dass seine Grundhaltung nicht so konservativ bieder daherkommt wie diejenige in Frank Tuttles Ein Schrei in der Nacht (USA 1956). Während in Tuttles Film Natalie Wood spielte, war in demjenigen Siegels Sal Mineo in einer tragenden Rolle zu sehen. Beide Akteure hatten neben James Dean ihren Durchbruch der Beteiligung an Nicholas Rays …denn Sie wissen nicht, was sie tun zu verdanken.
“Delivering a fine, cultish little 1956 film noir crime drama movie, Don Siegel directs tautly and imaginatively”, resümiert Derek Winnert mit Blick auf die Regieleistung Don Siegels, die nichts zu wünschen übrig lässt. Der Film profitiert außerdem von den engagierten Darbietungen seiner jungen Schauspieler - Mineo, Whitmore, Cassavetes und Rydell sind allesamt ein Genuss in ihrem Bemühen, dem Film ihren Stempel und so etwas wie Klasse und Stil zu verleihen. Besonders beeindruckt hat mich persönlich die Leistung der 50jährigen Virginia Gregg, die in vielen Film Noirs in der Riege der Nebendarsteller zu finden ist und immer wieder auffällt. Ihr Portrait der Mrs. Dane gehört zu den Höhepunkten dieses Dramas, das trotz seiner Engergie und seines Engagements leider nicht voll überzeugt. So war John Cassavetes 26 Jahre alt und nicht 18, und merkt man es ihm an. Zudem ist der Film als solcher mit einer Botschaft zu sehr auf sie fokussiert und lässt kaum andere Noten des Lebens auf der Schattenseite urbaner Verhältnisse durchklingen. Das Finale ist flott inszeniert, zugleich vorhersehbar, und zu guter Letzt zählt Entfesselte Jugend trotz seiner harschen Attitüde nur zu den mittelprächtigen Nachfolgern Nicholas Rays, der einem nicht im Studio sondern auf der Straße gefilmten Werk wie Luis Buñuels Die Vergessenen (MEX 1950) nicht das Wasser reichen kann. Während Don Siegel mit Der Henker ist unterwegs (USA 1958) und John Cassavetes als gleichnamiger Privatdetektiv der TV-Serie Johnny Staccato (USA 1959) dem Film Noir treu blieben, traten James Whitmore und Sal Mineo im thematisch verwandten Jugenddrama The Young Don’t Cry (USA 1957) erneut zusammen auf.
Der bis dahin obskure Entfesselte Jugend wurde unter seinem Originaltitel Crime In The Streets erstmals als Teil der Film Noir Classic Collection Vol. 5 (2010) via Warner Bros. (nur in den USA) als DVD veröffentlicht, bild- und tontechnisch einwandfrei restauriert, ungekürzt und im Oriiginalformat, dazu gibt es die englische Tonspur mit optional englischen Untertitel, das Ganze allerdings ohne jegliche Extra