Bewertung
***
Originaltitel
Miami Blues
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1990
Darsteller
Fred Ward, Alec Baldwin, Jennifer Jason Leigh, Nora Dunn, Charles Napier
Regie
George Armitage
Farbe
Farbe
Laufzeit
93 min
Bildformat
Widescreen
© MGM Home Entertainment Inc.
Auf einem Linienflug nach Miami, Florida, bittet der Passagier Frederick J. Frenger Jr. (Alec Baldwin), bevor er seinen Sekt auf ex hinunterkippt, die Stewardess (Cecilia Pérez-Cervera) um ein Kissen. Der Mann kramt unter seinem Jackett die Börse und daraus den in Kalifornien ausgestellten Führerschein eines Herman Gotliebs hervor und übt dessen Unterschrift. Nach der Ankunft am Flughafen stiehlt Frenger mit Geschick einen Koffer und begibt sich zum Ausgang. Am Fuß der Rolltreppe wartet der Buddhist Krishna Ravindra (Edward Saxon), der Reisende anspricht, um sie auf eine religiöse Schrift aufmerksam zu machen, doch Frenger ist genervt und bricht dem Mann im Vorbeigehen mit geübtem Griff einen Finger. Er sieht schon nicht mehr, wie Ravindra zusammenbricht und das Bewusstsein verliert… Draußen besteigt er den Shuttle des Grand Prix Hotels, wo er unter dem Namen Gotliebs ein Zimmer bezieht. Während ihn der Portier Pablo (José Pérez) aufs Zimmer geleitet, gibt er dem vermeintlichen Gotlieb zu verstehen, dass er auch für sonstige Annehmlichkeiten zuständig sei und Frenger bestellt ein Mädchen, das Pablo ihm bitte sofort aufs Zimmer senden solle… In seinem Büro spricht Sergeant Hoke Moseley (Fred Ward) von der Mordkommission mit dem Informanten Blink Willie (Obba Babatundé) über ein weiteres Darlehen für eine Wette, als ihn ein Anruf erreicht. Moseley schließt mit Willie die Wette ab den Hantelmörder zu fassen und verlässt, nachdem er sein Gebiss eingesetzt hat, eilig das Präsidium…
“Is she really Princess Not-so-bright or is she pretending?” Zweierlei fällt bei dem 25 Jahre alten Film schnell ins Auge. Zum ersten sind alle Darsteller besser als das Drehbuch, ein für Hollywoodfilme, die so vordergründig mit dem Unterhaltungsbedürfnis des Zuschauers kokettieren, weil sie den Erfolg an der Kinokasse im Blick haben, ganz typisches Merkmal. Zum zweiten stellt sich beim Abspann die Frage, aus welchem Grund der Drehbuchautor und Regisseur George Armitage diesen Film überhaupt gedreht hat. Welche Motivation steckt hinter dem Thriller im Neo-Noir-Fahrwasser, die über das bereits erwähnte Bedürfnis nach Unterhaltung – ein wenig “Crime“ und ein wenig Sex im palmengesäumten Florida – klar hinausginge? Tja, mir fällt keine ein… So ist man schnell beim ach so typischen Vorwurf der verpulverten Talente in einem bestenfalls fernsehtauglichen Rahmen, und damit liegt man leider auch nicht falsch. Über weite Strecken geben einem die Schauplätze, die ebenso unauffällige wie langweilige Kameraarbeit und die konservative Erzählweise den Eindruck, man sehe einen TV-Krimi, solide Kost einer auf Massenabfertigung getrimmten Alltags-Industrie. Und doch liefert Miami Blues auf beiden Seiten des Gesetzes und dazwischen reihenweise schräge Charaktere, die den Zuschauer zumindest passagenweise bei der Stange halten. Sowohl Baldwin als Fred Frenger jr. als auch Fred Ward als Sgt. Moseley sind exzellent besetzt und Jennifer Jason Leigh ist eine Schauspielerin, die in all ihren Filmen stets den Kopf über Wasser hält. So schlecht wie seine Kinoplakate ist Miami Blues allemal nie, dennoch bleibt die Melange aus zeitgeisttypischem Neo Noir und hausbackenen Thriller-Konventionen im Ganzen unbefriedigend.
Nachdem Joel und Ethan Coen ihren Low-Budget-Film Blood Simple – Eine mörderische Nacht (USA 1984) ins Kino gebracht hatten, bedeutete das für den Neo Noir einen sich über Jahre anbahnenden Paradigmenwechsel. Als John Dahl mit Kill Me Again / Töten Sie mich (USA 1989), Walter Hill mit Johnny Handsome - Der schöne Johnny (USA 1989) und die Gebrüder Coen mit Miller’s Crossing (USA 1990) aufwarteten, war endgültig klar, dass sich etwas zu verändern begonnen hatte. Miami Blues ist ein Neo Noir, der in die Anfänge jener Welle fällt, welche mit den Verfilmungen von Büchern Jim Thompsons, Elmore Leonhards und Charles Williams’ die 90er Jahre zum bis dato wichtigsten Jahrzehnt des Neo-Noir-Kinos werden ließen. Die Gebrüder Coen hatten frühzeitig erkannt, dass der klassische Film Noir von seinem schwarzen Humor, also seinem Sprachwitz lebte, der im Zug jener restaurativen 50er Jahre verloren gegangen war. Auch Miami Blues möchte witzig und bösartig sein – makaber und abgründig im Spannungsfeld von leichtfüßig zu gemeingefährlich. Doch obwohl es sich bei Miami Blues um eine Verfilmung des ersten von Charles Willefords vier Romanen (EA 1984) um den abgehalfterten Bullen Hoke Moseley handelte, erinnert die Beziehung zwischen Frenger und Susie Waggoner (Jennifer Jason Leigh) zugleich an D.O.A. - Bei Anruf Mord (USA 1988) und an Blue Steel (USA 1989). Auch diese Filme wollten mehr, als sie sich zutrauten, blieben damit in den Konventionen eines in den Achtzigern öde standardisierten Thrillerfilms stecken und enttäuschen bis heute. In Miami Blues blitzt hin und wieder einiges an Potential auf, doch Geschichte und Inszenierung werden dem bis zuletzt nicht gerecht. Dem Film fehlt schlicht die Klasse.
Erstklassige deutsche DVD der Twentieth Century Fox Home Ehtertainment LLC mit dem Film ungekürzt im Originalformat., Tonspuren auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch, dazu optional Untertitel für Deutsch, Englisch, Französisch, u.a. , Extras gibt es keine.