Crimson Kimono, The

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Bewertung
***
Originaltitel
Crimson Kimono, The
Kategorie
Post Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1959
Darsteller

Victoria Shaw, Glenn Corbett, James Shigeta, Anna Lee, Paul Dubov

Regie
Samuel Fuller
Farbe
s/w
Laufzeit
81 min
Bildformat
Widescreen
 

 

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© Columbia Pictures Corporation
 
Los Angeles, Main Street, 20:00 Uhr: In dem Nachtclub The Burlesque beendet die stadtbekannte Stripperin Sugar Torch (Gloria Pall) soeben eine Revuenummer und begibt sich in ihre Garderobe, vor der sie dem Inhaber Casale (Paul Dubov) noch Feuer für eine Zigarette gibt. Als sie die Tür öffnet, ertönt ein Schuss, sodann ein zweiter. Doch Sugar Torch gelingt es, ihrem Mörder zu entkommen und auf die Straße hinaus zu fliehen, wo sie in ihrem Kostüm vom Trottoir in den fließenden Autoverkehr flüchtet, als eine dritte Kugel sie niederstreckt und sie tot zusammen bricht… Sergeant Charlie Bancroft (Glenn Corbett) und Sergeant Joe Kojaku (James Shigeta) - mit japanischen Wurzeln, doch in den USA geboren - übernehmen die Untersuchung des Mordfalls und beginnen ihre Nachforschungen im Nachtclub. Dort finden sich in der Garderobe eine Reihe von Accessiores japanischen Zuschnitts, auch ein Gemälde, das Sugar Torch in einem roten Kimono zeigt. Clubinhaber Casale weiß von einer geplanten Revue zu berichten, wo Sugar Torch als Geliebte zweier rivalisierender Männer, eines Karate- und eines Schwertkämpfers, ein tragisches Schicksal erleiden sollte und zwar in einem roten Kimono. Während Jojaku versucht, die beiden asiatischen Mitstreiter der Revuenummer ausfindig zu machen, begibt sich Bancroft auf die Suche nach dem Maler des Bildes. Zu seinem Erstaunen stellt er fest, dass es sich um eine Frau handelt, um eine junge obendrein, nämlich Christine Downs (Victoria Shaw), die in ihrem Apartment neben Sugar Torch zu den Malsitzungen auch einen Herrn namens Hansel (Neyle Morrow) empfangen hatte…
 
Die ersten vier Minuten sind fantastisch und zeigen 1959, was Fuller in seinen nächsten drei Film Noirs bis 1964 noch alles leisten sollte. Vier Minuten unfassbar dynamisches, dramatisches Kinoerleben auf offener Straße, mitten im Trubel des nächtlichen Los Angeles’ - eine Samuel-Fuller-Inszenierung, wie sie kaum besser sein könnte. Doch an solche Minuten kommt der Rest des Films nicht heran… Je weiter The Crimson Kimono fortschreitet desto größer wird die Enttäuschung über ein Drehbuch, das in 81 Minuten viele Themen zusammen bringt, derer der Film nicht Herr werden kann. Was mit einem brutalen Mord anhebt, wird nach dem ersten Drittel zu einer Liebesegeschichte mit melodramatischem Einschlag, bekommt durch Auseinandersetzung mit einer ethnischen Minderheit, den Japanern, Aspekte eines Sozialdramas und bringt all das in teils plumper und unglaubwürdiger Weise mit dem sich überstürzenden Finale zum Abschluss. Schade! Der Film hat viel Potential. Drei der Hauptdarsteller - Glenn Corbett und James Shigeta jeweils in ihrem Filmdebüt, dazu die Australierin Victoria Shaw - können auf ganzer Linie überzeugen. Nur Anna Lee als versoffene Kunstmalerin „Mac“, eine typische und im Grunde wunderbare Sam-Fuller-Figur, nervt durch ein z.T. offensichtliches Overacting. Der Einbezug exquisiter Schauplätze in der Metropole L.A. – typisch für Fuller und wegweisend für die Sechziger – gibt dem Film eine bemerkenswerte Optik. Dazu gibt es viele Film-Noir-Anleihen und ebenso „primitive“ wie ausdrucksstarke Schnittfolgen, die der Story formal auf die Sprünge helfen.
 
The Crimson Kimono-still-web3.jpg  The Crimson Kimono-still-web2.jpg The Crimson Kimono-still-web1.jpg
© Columbia Pictures Corporation
 
Aber die Geschichte ist inhaltlich zu beschwert und ihr Fortgang zu bemüht, um den Zuschauer, der nicht in den Kontext jener sozialen Problematik eingebunden ist, auf Dauer zu interessieren. Ja, die Schaupläze in Little Tokyo, die Zeremonien und die Einblicke in jene kulturelle Vielfalt, in die japanisch-amerikanischen Beziehungen und ihre Probleme, sind spannend und doch höchstens von dokumentarisch-historischem Wert. Als Film-Noir-Geschichte oder als ein Werk zeitgenössischer Kultur reichen Schauspiel und Inszenierung nicht aus. Nach dem Auftakt manövriert sich Autor und Regisseur Samuel Fuller in das Fahrwasser teils psychologischer, teils soziologischer und teils kultureller Erörterungen, die zu knapp ausfallen, um in dem Rahmen der Dreiecksbeziehung zwischen Christine Downs, Charlie Bancroft und Joe Kojaku einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Im Kontext der Spätfünfziger war das sicher engagiert und mutig, doch im Film als Erzählwerk sind die Schwächen offensichtlich, so dass es teils parodistisch wirkt. So ist die Lösung des Kriminallfalls als auslösendes Moment des Finales schlicht absurd. Samuel Fuller, der als Freund des fernen Ostens schon Tokio-Story (USA 1955) gedreht hatte, lieferte mit Alles auf eine Karte (USA 1961), mit Schock-Korridor (USA 1963) und mit The Naked Kiss (USA 1964) drei seiner besten Film Noirs ab. Glenn Corbett und Virgina Shaw, später vor allem beim Fernsehen engagiert, starben beide früh, er mit 59 und sie mit 53 Jahren. James Shigeta wurde (bis 2009) zu einem der populärsten Darsteller von Männern aus Ost-Asien bzw. von Japanern in Hollywood-Filmen.
 
In den USA gibt es The Crimson Kimono im Rahmen der 7DVD-Box The Samuel Fuller Collection (2009), bildtechnisch topp restauriert, ungekürzt und im Originalformat, englischer Ton mit wahlweise englischen oder französischen Untertiteln. In Europa gibt es eine spanische Einzel-DVD, ungekürzt mit englischer Tonspur.
 

Post Noir | 1959 | USA | Samuel Fuller | Samuel Fuller | Sam Leavitt | James Shigeta | Neyle Morrow | Paul Dubov | Walter Burke | Gloria Pall

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