Film Noir
| USA
| 1948
| Lew Landers
| Charles Russell
| Fritz Leiber
| Lee Patrick
| Mary Beth Hughes
Bewertung
**
Originaltitel
Inner Sanctum
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1948
Darsteller
Charles Russell, Mary Beth Hughes, Bill House, Dale Belding, Lee Patrick
Regie
Lew Landers
Farbe
s/w
Laufzeit
62 min
Bildformat
Vollbild
Ein Zug reist durch die Nacht und in der Bar lernen sich Dr. Valonius (Fritz Leiber) und Mary Kembar (Eve Miller) kennen. Die junge Frau ist verlobt, doch ihr Bräutigam zieht vor, in seinem Abteil zu bleiben, indessen die Frau selbst vom Reisen gelangweilt und genervt ist. Verlobt ist sie nicht zum ersten Mal; neben einer hübschen Armbanduhr trägt sie einen kostbaren Armreif, beides Verlobungsgeschenke verschiedener Männer. Dr. Valonius ist von ihren Ansichten betroffen und erzählt ihr als Warnung, das eigene Leben und das Anderer doch ernst zu nehmen, eine Geschichte… Sie handelt von Howard Dunlap (Charles Russell), der eines Nachts in der Kleinstadt Clayburg tatsächlich einen Zug verließ, um seiner Freundin zu entkommen. Doch sie lief ihm hinterher und als sie auf dem Bahnsteig miteinander stritten, kam sie versehentlich zu Tode - von einem spitzen Gegenstand erstochen. Dunlap wirft ihren Leichnam im Affekt auf den letzten Waggon des abfahrenden Zuges, und versucht, sich aus dem Staub zu machen. Doch als er soeben den Bahnhof verlassen will, spricht ihn ein Junge (Dale Belding) an, der zwischen Kisten und Fässern verborgen stand. Mike Bennett hat gesehen, wie Harold etwas auf den Waggon geladen hat, und er sieht nun auch, dass auf seinem Anzug frische Blutspuren sind. Howard Dunlap zieht seinen Hut tief ins Gesicht, schleicht sich hinter den Jungen und ergreift eine Brechstange, just als das Kind in die entgegen gesetzte Richtung schaut, wo es soeben von seiner Mutter Ruth Bennett (Lee Patrick) gerufen wird…
“You're pretty awful, you're even too bad for me,“ spricht die hübsche Jean Maxwell (Mary Beth Hughes) zu Howard Dunlap, nachdem die Karten ihres Spiels für beide offen zutage liegen. Es sind solche Stellen im Film, der mit einem dynamischen Einstieg und einem soliden Finale aufwarten kann, die seine Nähe zum Film Noir demonstrieren. Mary Beth Hughes, die sonst nicht in Film Noirs auftrat, spielt ihre Rolle der erst etwas naiven, zuletzt aber cleveren jungen Dame überaus versiert und glaubhaft. Demgegenüber ist Charles Russell in der Hauptrolle des vom Schicksal zu Mord und Vertuschung getriebenen Howard Dunlap zumeist miserabel. Was Tom Neal in Edgar G. Ulmers ebenfalls mit einem quasi nicht vorhandenen Budget realisierten B-Noir Detour (USA 1945) perfekt gelang, nämlich via Understatement die passive Grundhaltung seines Charakters als Komponente seiner Tragik und der Anderen Unglück zu installieren, missrät Russell auf ganzer Linie. Howard Dunlap erscheint konturlos, widersprüchlich und durchweg nicht Herr seiner Lage – aus Gründen, die dem Zuschauer leider verborgen bleiben. Er agiert mundfaul und grundlos panisch, seine Handlungen stehen in keinem ernstzunehmenden Bezug zur Situation. Nach 10 Minuten erscheinen reihenweise Nebendarsteller, deren Charaktere zur Geschichte nichts beitragen und deren Noten des Humors hoffnungslos antiquiert und öde daher kommen. Auch Dale Belding als Mike Bennett nervt gewaltig, und Lee Patrick ist sieben Jahre nach Die Spur des Falken / Der Malteser Falke (USA 1941) kaum wiederzuerkennen.
© Alpha Video Distributors, Inc.
Richtiggehend grotesk ist das Drehbuch, das so viele Ungereimtheiten und unglaubwürdige Szenen produziert, dass es nachgerade ärgerlich wird. Dunlap kriegt weder gegenüber Zeitungsredakteur McFee (Billy House) noch vor der Inhaberin des Gästehauses Mrs. Mitchell (Nana Bryant) die Zähne auseinander und wird dennoch überall eingelassen und bewirtet. Er soll sogar mit Mike in einem Zimmer schlafen, obwohl Herr Dunlap (ohne Gepäck reisend) niemandem bekannt ist. Vor dem Bahnhof wird er von McFee in dessen Wagen mitgenommen. Erst fährt der Zeitungsmann selbst, später sehen wir Dunlap den Wagen lenken – McFee ist auf der Rückbank eingeschlafen. Wie lange sind die beiden in dieser Nacht unterwegs? Eine Stunde...? Im Gästehaus trifft Howard Dunlap aber dann den kleinen Mike, der mit seiner Mutter vom Bahnhof offenbar nach Hause spaziert ist und der in dem Zimmer wohnt, das man versehentlich (?) Dunlap zuweist. Also blöder und durchsichtiger geht es kaum noch. Derart holpert und stolpert der Film durch seine 62 Minuten, die die Geschichte nicht wirklich zu füllen imstande ist. Was Reise ins Verderben beweist, ist schlicht, wie sehr gerade ein B-Film, dem man seine fehlende Ausstattung in jeder Szene ansieht, von einem guten Drehbuch und seinen Darstellern abhängig ist. Den hier kann man sich aus genannten Gründen schenken.
Überraschend gute DVD-Edition (2004) als Inner Sanctum von Alpha Video Distributors, Inc. (codefree) in keinesfalls schlechter Bildqualität, obwohl natürlich nicht restauriert, ungekürzt im Originalformat, und mit einem sauberen Originalton ohne Untertitel und ohne Extras.