In der allein stehenden Mietskaserne einer Vorstadt von Paris dringt aus einer Wohnung im obersten Stock der Lärm eines heftigen Streits. Plötzlich fällt ein Schuss. Aus der Tür stürzt ein gut gekleideter Herr (Jules Berry) ins Treppenhaus, wo er zusammenbricht und die Stufen hinab fällt. In der Wohnung lebt der Fabrikarbeiter François (Jean Gabin). Er weiß, dass er seinen Erzrivalen Valentin getötet hat. Und er wehrt sich gegen die Aufforderung der Polizei, sich zu ergeben, indem er mehrere Schüsse ins Treppenhaus feuert und sich verbarrikadiert. Es ist Abend und die Polizei belagert das Haus. Indessen erinnert sich François in seiner Dachstube, wie er vor einiger Zeit die hübsche Blumenverkäuferin Françoise (Jacqueline Laurent) kennen lernte. Mit ihr teilte er den Namen und die Herkunft aus einem Waisenhaus - und sie verliebten sich ineinander. Eines Nachts traten der Hundedompteur Valentin (Jules Berry), ein wortgewandter Verführer und Sadist, und seine Assistentin Carla (Arletty) in François’ Leben. Jener musste schnell erkennen, dass es Valentin auf die gutgläubige Françoise abgesehen hatte. Und dass Carla und er selbst, der Fabrikarbeiter mit einem fröhlichen und einem traurigen Auge, aus dem gleichen Holz geschnitzt waren…
Ein meisterhafter Film des damals dreißigjährigen Franzosen Marcel Carné, der bereits mit
Hafen im Nebel (FRA 1938) ein grandioses Drama inszeniert hatte, ebenfalls mit Jean Gabin in der männlichen Hauptrolle und der definitiv zu den ganz großen Vorläufern des Film Noirs gerechnet werden muss. Wie sich an den Zuschauerwertungen in Online-Foren ablesen lässt, polarisiert
Der Tag bricht an seine Zuschauer bis heute. Die Gründe dafür lassen sich nur mutmaßen. Der Film gilt als ein Paradestück des
französischen poetischen Realismus', wie der akademische Betrieb solche Epoche des Filmschaffens betitelte. In der Tat: Der allseits sichtbaren Poetik des Stils fällt der harsche Realismus der Sprache ins Genick und das ist keinesfalls romantisch, wie man es von den nostalgischen Kabinettstücken des Hollywoodfilms jener Jahre gewöhnt ist. Im Gegenteil ist es ein ausgefuchstes Theaterspiel auf höchstem Niveau.
Jean Gabin sah bereits älter aus, als er wirklich war (35) und spielt den François mit einer Kraft, die staunen lässt. Das Ensemble mit der faszinierenden Arletty und dem öligen Jules Berry ist schlicht wunderbar. Die Studiobauten und die expressionistische Ausleuchtung in Kombination mit den innovativen Kamerawinkeln nehmen in vielen Einstellungen bildtechnische Stilmittel des Film Noirs vorweg. Erzählt wird
Der Tag bricht an fast vollständig in Rückblenden. Zudem besticht der Film durch eine Konsequenz seiner Handlung, die die Zensur außen vor lässt. Damit ist er vielen US-amerikanischen Film Noirs der Vierziger weit überlegen und vor allem auch Anatole Litvaks Remake
Die lange Nacht (USA 1947) mit Henry Fonda, Vincent Price und Barbara Bel Geddes, dessen
Happy End nach den Maßgaben der durch den Hays Code implementierten Filmzensur in den USA einfach nur absurd ist.
Die englische DVD-Edition von Optimum Releasing Ltd. / StudioCanal Image (2007) zeigt ein erstklassig restauriertes Bild im Originalformat und optional englische Untertitel zur französischen Tonspur. Der Film ist mit 86 Minuten ungekürzt und im Originalformat enthalten. Vorbehaltlos zu empfehlen!