Bewertung
*****
Originaltitel
The Public Enemy
Kategorie
Pre Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1931
Darsteller
James Cagney, Edward Woods, Jean Harlow, Donald Cook, Joan Blondell
Regie
William A. Wellman
Farbe
s/w
Laufzeit
79 min
Bildformat
Vollbild
© Warner Bros.
Schon als Jungs lebten die Freunde Tom Powers (Frank Coghlan Jr.) und Matt Doyle (Frankie Darro) meist auf der Straße, trieben sich in zwielichtigen Bars in zwielichtiger Gesellschaft herum. So lernten sie den Ganoven Putty Nose (Murray Kinnell) kennen und erwiesen ihm und sich selbst mit einer Reihe von Diebstählen einen Dienst. Als nun Tom (James Cagney) und Matt (Edward Woods) erwachsen sind und bei einem der Aufträge für Putty etwas schief läuft, lässt sie der in die Jahre gekommene Kleingangster schmählich im Stich. Der hitzige und impulsive Tom nimmt Rache, und damit sind er und Matt endgültig in der Welt des Verbrechens angekommen. Daheim sehen sie sich von jeweils Toms Bruder Mike (Donald Cook) und Matts Schwester Molly (Rita Flynn), die mehr ahnen als sie wissen, mit Moral und Anstand konfrontiert. Als jedoch inmitten der Prohibition das Geschäft mit dem schwarz gebrannten Alkohol zu blühen beginnt, führt sie der Weg in die Bande des Gangsters Paddy Ryan (Robert Emmett O’Connor) und damit zu Taten ganz anderer Größenordnung…
Der Klassiker aller Klassiker des US-amerikanischen Gangsterfilms der dreißiger Jahre. Man muss ihn sehen, um zu verstehen, warum er so legendär ist und dabei seinem Ruf stets gerecht wird. Dass er über die Jahrzehnte nochmals besser alterte als z.B. Der kleine Cäsar (USA 1931) mit Edward G. Robinson und Narbengesicht (USA 1932) mit Paul Muni ist nicht dem Schauspiel James Cagneys zu verdanken. Alle drei Akteure in allen drei Filmen sind perfekt gewählt und liefern streckenweise grandiose Leistungen ab. Aber William A. Wellmans The Public Enemy traut sich, seiner Geschichte und seinen Schauspielern, einfach mehr zu und nimmt sich mehr heraus. Nicht nur der Charakter Tom Powers’, der Film selbst ist überraschend radikal und enthemmt, mit dem Hauptdarsteller James Cagney jenseits aller Strickmuster von Identifikation. Powers’ wirkt als Figur von tradierten Rollenmodellen und einer Psychologie der Anerkennung durch Andere nahezu entkoppelt. Er nimmt sich einfach, was er will, und das bringen Cagney und Wellman in jeder Einstellung mit einer Prägnanz zur Geltung, die Filmgeschichte schrieb. Zudem sucht das Finale im Spielfilm der Dreißiger und Vierziger für alle Zeiten seinesgleichen. Einfach unglaublich!
© Warner Bros.
The Public Enemy war für den 32jährigen James Cagney, der im letzten Moment zur Rolle des Tom Powers’ kam, der Durchbruch. Cagney sollte das Image des "Tough Guys" für die nächsten zwanzig Jahre nicht mehr los werden, obwohl sich die Zahl seiner Gangsterfilme in Grenzen hielt. Zum Film Noir kam er erst 1949 mit Raouls Walshs Sprung in den Tod / Maschinenpistolen, einem der Klassiker. The Public Enemy lief 1931 derart erfolgreich, dass er von einem Kino am Times Square, New York, 24 Stunden am Tag gezeigt wurde. Als er 1941, nach Einführung des Hays Code in den USA, wiederaufgeführt wurde, kam er in einer lediglich zensierten Version in die Kinos. In der Zeit von Senator McCarthy, im Jahr 1954, wurde ihm ein Prolog voran gestellt, der die Zuschauer darüber aufklärte, was von Menschen wie Tom Powers zu halten sei. Bis heute legendär ist die Szene, darin Powers seiner Freundin Kitty (Mae Clarke) am Frühstückstisch eine halbe Grapefruit ins Gesicht drückt. In Deutschland hatte dieser Klassiker erst im April 1970 unter dem Titel Der öffentliche Feind seine um fast 40 Jahre verspätete Premiere im Fernsehen.
Die deutsche DVD-Edition von Warner Brothers (2005) unterm TV-Titel Der öffentliche Feind ist schlicht erstklassig: Tonspuren auf Deutsch, Englisch, Italienisch, 18 Untertitel, die gänzlich ungekürzte und bildtechnisch restaurierte Fassung von 1931, haufenweise Extras, u.a. eine Einleitung von Leonard Maltin, den US-Kinotrailer, sowie den Dokumentarfilm Bier und Blut: Feinde der Öffentlichkeit. Unbedingt ansehen!