Neo Noir
| USA
| 1972
| John Huston
| Conrad L. Hall
| Jeff Bridges
| Stacy Keach
| Candy Clark
| Susan Tyrrell
Bewertung
*****
Originaltitel
Fat City
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1972
Darsteller
Stacy Keach, Jeff Bridges, Susan Tyrrell, Candy Clark, Nicholas Colasanto
Regie
John Huston
Farbe
Farbe
Laufzeit
93 min
Bildformat
Widescreen
© Sony Pictures Home Entertainment
Stockton, Kalifornien: Der ehemalige Profiboxer Billy Tully (Stacy Keach) ist weit in seinen Dreißigern. Da er notorisch pleite ist und ansonsten nichts gelernt hat, will er wieder mit dem Boxen anfangen, um sich vor der Verarmung zu retten. Beim Training trifft er auf den 18jährigen Ernie Munger (Jeff Bridges) und erkennt dessen Potential. Er empfiehlt ihm, seinen ehemaligen Manager und Trainer Ruben (Nicholas Colasanto) aufzusuchen, was Munger auch tut. In einer Bar trifft Tully später seine Bekannte Oma (Susan Tyrrell), eine unglückliche Alkoholikerin, und ihren Freund Earl (Curtis Cokes). Er erzählt ihnen von Ernie Munger und seinem Entschluss, wieder selbst zu boxen. Nachdem seine Frau ihn verlassen hat, ist Tully aus jedem Job gefeuert worden und trinkt selbst zu viel. Trotz seiner schlechten Verfassung kann Tully Ruben davon überzeugen, wieder mit ihm zu arbeiten. Als jedoch Earl ins Gefängnis muss, kommen Oma und Tully sich bei einem Saufgelage näher...
Exakt 31 Jahre nach Die Spur des Falken / Der Malteser Falke (USA 1941), für viele Filmhistoriker der erste Film Noir der klassischen Ära, kehrte sein Autor und Regisseur John Huston mit einer für die Frühsiebziger kleinen Produktion nochmals aufs Film-Noir-Terrain zurück. Sowohl Huston selbst war in seiner Jugend ein Leichtgewichtboxer gewesen als auch der Autor des Romans Fat City, Leonard Gardner, der das Drehbuch selbst verfasste – ehemals Amateurboxer in Stockton. Das Stadtportrait, von Kameramann Conrad L. Hall (American Beauty, USA 1999) grandios auf Zelluloid gebannt, trägt viel zur Film-Noir-Atmosphäre von Fat City bei. Wie in Hundstage (USA 1974) oder in French Connection / Brennpunkt Brooklyn (USA 1971) sind viele Szenen nicht gestellt, sondern fangen den Alltag auf der Straße ein. Das Semi-Dokumentarische solcher Eindrücke gibt dem Film seinen authentisch rauen Charakter.
© Sony Pictures Home Entertainment
Ein zentraler Film-Noir-Bezug der Verlierer-Geschichten in Fat City ergibt sich thematisch. Das Boxer-Millieu als Bühne des Überlebenskampfes im Dschungel der stets von Anderen betriebenen, undurchsichtigen Wirklichkeitsmaschinerie ist ein klassisches Film-Noir-Thema. Vor allem Robert Rossens Jagd nach Millionen (USA 1947) und Robert Wises Ring frei für Stoker Thompson (USA 1949) bieten der Geschichte und der Art ihrer Verfilmung eindeutige Vorlagen. Im Film Noir von Robert Wise spielt Robert Ryan einen in die Jahre gekommenen Boxer, der den Zeitpunkt des Ausstiegs verpasste und verzweifelt zu gewinnen sucht. Komplementär zu Stil und der wunderbaren Regie Hustons erweisen sich die darstellerischen Leistungen als weit über dem Durchschnitt. Susan Tyrrell wurde für ihre „Oma“ für den Oscar nominiert, Jeff Bridges und Stacy Keach stehen ihr in nichts nach. Fat City ist ein großartiges Porträt dreier Low-Life-Charaktere und für manchen Kritiker ist es der beste Film John Hustons, der zwei Jahre später als Schauspieler in Roman Polanskis epochalem Neo Noir Chinatown (USA 1974) auftrat. 2009 lief Fat City für eine ganze Woche täglich im New Yorker Film Forum. Ein oft übersehener Neo Noir ganz eigener Art und definitiv ein Muss!
Die deutsche DVD-Edition (2008) der Sony Pictures Home Entertainment GmbH bringt den Film in einer bildtechnisch exzellent restaurierten Fassung, ungekürzt mit Tonspuren auf wahlweise Englisch, Deutsch, Französisch oder Italienisch, dazu optional 13 Untertitel. Vorbehaltlos zu empfehlen!