Joker

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
*****
Originaltitel
Joker
Kategorie
Neo Noir
Land
USA/CAN/AUS
Erscheinungsjahr
2019
Darsteller

Joaquin Phoenix, Robert De Niro, Zazie Beetz, Francis Conroy, Brett Cullen

Regie
Todd Phillips
Farbe
Farbe
Laufzeit
122 min
Bildformat
Widescreen

 


 

 © Warner Bros.

Gotham City: Während an diesem 15. Oktober das Radio läuft und die Nachrichten vom achtzehnten Tag des Streiks der Müllabfuhr berichten, schminkt Arthur Fleck sich vor dem Spiegel. Er arbeitet als Clown für die Agentur von Hoyt Vaughn (Josh Pais) und wird für allerlei Gelegenheiten gemietet. So steht er heute in seinem Kostüm mit grüner Perücke vor Kenny’s Music Shop, einem Musikinstrumentenhandel, der bald schließen wird, und hält, von einem Jazz-Pianisten begleitet, tanzend und feixend ein Schild mit der Aufschrift "Everything Must Go!" empor. Plötzlich kommen fünf Straßenjungs des Weges, schlagen Arthur sein Schild aus der Hand, schnappen es sich und rennen davon. Trotz seiner langen Schuhe nimmt der Gefoppte die Verfolgung auf und rennt den Teenagern hinterher, die jedoch in eine Seitengasse abbiegen und zwischen übervollen Mülltonnen auf ihn warten. Als er sie fast schon erreicht hat, schlägt ihm einer, der sich versteckte, sein Schild ins Gesicht, das in Stücke bricht, indessen er selbst zu Boden geht. Im Nu sind die fünf über ihm und malträtieren ihn mit Tritten, bis Arthur Fleck schwer atmend, gedemütigt und mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen bleibt… Immer wieder und wieder bricht er in ein unkontrolliertes Lachen aus, das ihn allerdings zu quälen scheint, bis sich Arthur auf seinem Stuhl vor dem Schreibtisch der Sozialarbeiterin (Sharon Washington) schließlich beruhigt. Sie fragt ihn, ob er sein Tagebuch mitgebracht habe und ob sie es sehen könne, ist beim Durchblättern dessen aber überrascht...

 

“Is it just me, or is it getting crazier out there?” Die Frage stellt der dank sieben ihm zur Einnahme verschriebener Psychopharmaka einzig noch in der Zivilgesellschaft lebende Arthur Fleck seiner Sozialarbeiterin gleich zu Beginn des Films. Und der Film stellt sie seinem Publikum, dass die Antwort darauf, welche die Sozialarbeiterin Arthur schuldig bleibt, selbstredend kennt und die eigene Welt und sich selbst gespiegelt findet. Joker ist keine Comicverfilmung und erst recht kein infantiles Machwerk über Superhelden, die zum x-ten Mal die USA oder die Welt vor dem immerwährenden Bösen retten. Dabei begann die Tradition mit Tim Burtons Kinofassung der 1939 erstmals im Magazin Detective Comics (später DC Comics) erschienenen, von Zeichner Bob Kane und Autor Bill Finger erdachten Figur Batman (USA 1989). Niemand sonst als Jack Nicholson übernahm darin die Rolle von Batmans (Michael Keaton) notorischem Widersacher “Joker“. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts erlebten Verfilmungen von Comic-Serien der US-Verlage Marvel und DC Comics dank der via Computergrafik hoch entwickelten Spezialeffekte (CGI) einen Boom, der stets anhält. So erfolgreich die mit hohen Budgets realisierten Blockbuster auch sind, so kindisch und banal sind sie zugleich, was Millionen Erwachsene weltweit nicht davon abhält, sich Filme mit Spiderman, Captain America, Superman, Black Widow, Batman oder den Fantastischen Vier anzuschauen. Todd Phillips entnahm der DC-Serie Batman einen einzelnen Charakter und entwickelte eine Geschichte, die ein traditioneller Psychothriller und klassisches Erzählkino ist, welches man klar dem Neo Noir zurechnen kann. Arthur Fleck aka Joker, wie er sich erst im Finale des Films betiteln lässt, ist der Fall Guy des Film Noirs schlechthin, eine Figur, wie sie in den 40er und 50er Jahren von Elisha Cook jr. oder Whit Bissell verkörpert worden wäre. In der Sprache des Hier und Jetzt: Fleck ist ein Underdog und ein Loser, der Schwächste unter den Schwachen, welcher fortwährend gequält und missachtet wird.

 

“When I was a little boy and told people I was going to be a comedian, everyone laughed at me. Well, no one's laughing now.“ Wenn Arthur Fleck inmitten einer Serie von Demütigungen realisiert, dass der einzige Mensch, dem er zeitlebens vetraute, seines Vetrauens so wenig würdig war und ist, wie es seine übrigen Peiniger sind, bricht der Damm seiner Selbstkontrolle und er schlägt zurück. Die Stilsicherheit des von Scott Silver und Todd Phillips verfassten Drehbuchs besteht darin, dass es Arthur Fleck nicht zum Helden verklärt. Vielmehr wirkt er ebenso hilf- und haltlos wie zuvor, durch die eigenen Taten weit mehr verstört als befriedigt – ein Antiheld par excellence und ein irrwitziger und triftiger Widerspruch zu den Superhelden jener Comicwelt, der er entstammt. Dass der Film so berührend und glaubwürdig geriet und mit der zentralen Figur aus einem Comic Strip der Welt jenseits des Kinosaals den Spiegel vorhält, ist bemerkenswert. Joaquin Phoenix spielt grandios und stellt alle (!) vorherigen Darstellungen des Jokers in den Schatten. Auch Zazie Beetz und Francis Conroy liefern erstklassige Portraits ab, und Robert De Niro agiert zurückhaltend und punktgenau. Hat das zweistündige Epos, welches von seinen Fans enorm gehypt wurde, aber 5 Sterne verdient? Ich war mir dessen selbst erst nicht sicher, muss aber gestehen, dass das Werk eine starke Nachwirkung entfaltet. Joker gehört zu den Filmen, die einem im Gedächtnis bleiben. Er entpuppt sich als Antithese zum Hollywood-Junkfood der Comic-Blockbuster und damit als Wolf im Schafspelz.

 

Es gibt eine jeweils gut editierte deutsche BD- und DVD-Ausgabe (2020) sowie drei Sondereditionen (eine BD 4K UHD, eine BD im Steelbook und auch ein Steelbook mit BD 4K UHD) der Warner Bros. Entertainment GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch topp, dazu den englischen Originalton, die deutsche Kinosynchronisation (je nach Ausgabe noch Polnisch, Tschechisch, Russisch, Thai, Italienisch und Französisch) sowie optional Untertitel auf Deutsch, Englisch, Niederländisch, Italienisch und Französisch, als Bonus ein Making of, eine Kostüm-Probe, geschnittene Szenen und ein weiteres Feature.

 


 

Neo Noir | 2019 | USA | Todd Phillips | Joaquin Phoenix | Robert De Niro | Shea Whigham

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