Unsuitable Job For A Woman, An

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
An Unsuitable Job For A Woman
Kategorie
Neo Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1982
Darsteller

Billie Whitelaw, Paul Freeman, Pippa Guard, Dominic Guard, Elizabeth Spriggs

Regie
Christopher Petit
Farbe
Farbe
Laufzeit
94 min
Bildformat
Widescreen

 


 

 

London, England: Mit der Tube fährt Cordelia Gray (Pippa Guard) durch die unter einem trüben Himmel trist daliegende Metropole zur Arbeit. Im Büro der Detektei Bernie Prydes angekommen, findet sie die Sekretärin (Margaret Wade) vor, die für den Privatdetektiv, einen ex-Polizeibeamten, und seine Assistentin, Cordelia, den Papierkram erledigt. Aktuell lakiert sie sich die Nägel und klagt, dass Pryde, ein Alkholiker, sich einmal mehr mitsamt Flasche in seinem Büro eingeschlossen habe und auf ihr Klopfen nicht reagiere. Cordelia schnappt sich den Schlüssel, geht zum Büro auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors und schließt auf. Pryde liegt zusammengesunken auf dem Schreibtisch, und Cordelia öffnet die Jalousie und lässt etwas Tageslicht ein. Erst dann merkt sie, dass ihr Chef nicht seinen Rausch ausschläft, sondern sich die Pulsadern aufschnitt und tot ist. In einem Abschiedsbrief lässt er seine Assistentin wissen, dass er ihr alles hinterlässt, so dass sie die Detektei weiterführen könne, inklusive seiner Pistole, für die er allerdings keinen Waffenschein besitzt. Zurück in ihrem Büro stellt Cordelia der Sekretärin, die wegen des Nagellacks ihre Meinung erfragt, einen Scheck aus und erklärt, dass sie heute nicht wiederkommen müsse. Als Cordelia Gray einige Tage später von Prydes Beerdigung ins Büro zurückkehrt, wartet vor ihrer Tür Elizabeth Leaming (Billie Whitelaw). Schnippisch bemerkt sie, dass Cordelia 15 Minuten im Verzug sei, bevor jene erklärt, dass sie eben Bernie Pryde das letzte Geleit gegeben habe…

 

“This compulsive and chilling detective thriller is suitably dark and occasionally scary (…) in a loose, art cinema-style adaptation infused with film noir sensibilities”, schreibt Derek Winnert über Christopher Petits hierzulande vergessenen, britischen Neo Noir und spricht mir aus dem Herzen. Das Werk ist eine Adaption des gleichnamigen Romans (EA 1972, auf Deutsch 1981 als Ein reizender Job für eine Frau) der britischen Kriminalschriftstellerin P. D. James, erstes von zwei Büchern um ihren Private Investigator Cordelia Gray. Nun sind Privatdetektivinnen auch im Film Noir und im Neo Noir eine Seltenheit, zudem oft wenig überzeugend. In George Blairs Exposed (USA 1947) wurde eine solche von Adele Mara verkörpert, in William Girdlers Sheba, Baby (USA 1975) von Pam Grier, in Jeff Kanews V.I. Warshawski – Detektiv in Seidenstrümpfen (USA 1991) von Kathleen Turner und in Gabriele Salvatores Quo Vadis, Baby? (ITA 2005) von Angela Baraldi. In Christopher Petits Film übernimmt die tendeziell schüchterne Cordelia Gray spontan und wohl aus Mangel an Alternativen einen Auftrag der kühlen, verhärmten Elizabeth Leaming. Der Sohn (Alex Guard) ihres Arbeitgebers, des steinreichen Bauunternehmers James Callendar (Paul Freeman), hat sich im verwaisten Gartenhaus der Familie, wo der arbeitslose Drop-Out zuletzt kurzzeitig hauste, mit einem Ledergürtel erhängt. Der Witwer, der zum Sohn kaum eine Beziehung hatte, will wissen, was für einen Grund der 21-jährige Mark Callendar dafür gehabt haben könnte… Das nüchterne und fast betuliche, an den Autorenfilm der 70er Jahre erinnernde Werk macht es Zuschauern des 21. Jahrhunderts womöglich schwer sich einzufinden. Zugleich entfaltet das Werk einen eigentümlichen Charme; jene dunkle und dräuende Kühle der frühen 80er Jahre kommt voll zum Tragen. Pippa Guards zurückhaltende, untypische Interpretation einer Detektivin, die vergleichbar mit Detective Lieutenant Mark McPherson (Dana Andrews) in Otto Premingers Laura (USA 1944) anhand von Fotografien und Super-8-Filmen für den Toten eine obsessive Hingabe entwickelt, hat zumindest mich gereizt und neugierig werden lassen. Wer für all das halbwegs offen ist, wird belohnt. 

 

„Martin Schäfer – häufiger Kameramann für Petit – setzt (…) eine Beleuchtung wie im Film noir ein, harte Kontraste, Schatten auf Gesichtern, auch verkantete Kameraeinstellungen“, hob Harald Mühlbeyer bei den Hofer Filmtagen 2015 hervor. Tatsächlich ist die Kameraarbeit Martin Schäfers (1943-1988), der bereits bei Christopher Petits Debüt Radio On (UK 1979) und für Wim Wenders, Rudolf Thome, Dominik Graf, u.a. in der Crew war, eine besondere Qualität des Werks. Darüberhinaus hat Petit, der begleitend gern Stücke von David Bowie, Robert Fripp, Kraftwerk, Devo, etc. ertönen ließ, ein Gespür für Musik. Chaz Jankel (Ian Dury & The Blockheads) verfasste den subtilen Soundtrack, u.a. Mark Isham spielt Sopran-Saxofon. Demgegenüber war An Unsuitable Job For A Woman schon damals, als Steven Spielberg und George Lucas den Neokonservatismus im Kino künftiger Jahrzehnte vorbereiteten, aus der Zeit gefallen. Bei der Premiere auf den 32. Filmfestspielen in Berlin im Februar 1982 ging Petits Werk völlig unter; an der Kinokasse floppte es. Wer heute einen ungewöhnlichen, am Film Noir früherer Jahrzehnte orientierten und zugleich darüberhinaus weisenden Neo Noir mit glaubhaft porträtierten Rollencharakteren und einem pointierten Gesellschaftsbild sucht, ist hier richtig. Es ist Zeit für eine Wiederentdeckung und für eine Neubewertung der eigenwilligen Produktion.

 

Eine britische Blu-ray disc (2021) der Powerhouse Films in deren Reihe Indicator beinhaltet eine hochwertig restaurierte Fassung, ungekürzt und im Originalformat, mit dem englischen Originalton und mit englischen Untertititeln, inklusive ausführlicher Interviews mit Chrisopher Petit, Schauspieler Dominic Guard und Produzent Don Boyd, dazu den original Kino- und sogar den VHS-Videotrailer, umfangreiche Bildergalerien mit Werbematerial und Standfotos, sowie ein Booklet mit einem Filmessay von Claire Monk, Professorin für Film und Filmkultur an der DeMontfort University, Großbritannien, als Extras. Eine vorbildliche und rundum empfehlenswerte Edition.

 


 

Neo Noir | 1982 | UK | Christopher Petit | Martin Schäfer | Billie Whitelaw

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