Last Boy Scout, The

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Psychologische Verteidigung


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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
**
Originaltitel
The Last Boy Scout
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1991
Darsteller

Bruce Willis, Damon Wayans, Chelsea Field, Noble Willingham, Taylor Negron

Regie
Tony Scott
Farbe
Farbe
Laufzeit
105 min
Bildformat
Widescreen

 


 

© Warner Bros.

Cleveland, Ohio: Beim Spitzenspiel im American Football treten die Mannschaften der Cleveland Cats und der aus Los Angeles, Kalifornien, stammenden L.A. Stallions im Lakefront Stadium vor lediglich knapp 30000 Zuschauern und bei strömendem Regen gegeneinander an. Doch die Liga hat Probleme, und der Stallions-Coach Sheldon Marcone (Noble Willingham) gibt dem Journalisten Lynn Swann am Spielfeldrand widerwillig Auskunft darüber. In der Pause liegen die Gäste 10 zu 17 hinten und in der Kabine wird Los Angeles‘ Superstar Billy Cole (Billy Blanks) ans Telefon gerufen. Ein gewisser Milo (Taylor Negron) gibt ihm zu verstehen, dass er besser mit einigen Touchdowns durchstarte. Es gehe beim Spiel um viel Geld, und falls er das nicht könne, sei er selbst in Kürze nurmehr Geschichte... Bevor Cole aufs Spielfeld geht, schluckt er mehrere Tabletten und atmet tief durch. Kurz darauf steht es nicht besser um die L.A. Stallions, als endlich Billy Cole zum Einsatz kommt und tatsächlich den Ball zugeworfen erhält und sich nun auf den Lauf wider die gegnerischen Verteidiger begibt. Doch innmitten des im Flutlicht erleuchteten Regens, den Ball in der Linken, zückt Cole eine Pistole und erschießt drei seiner Gegner, bevor er in Anbetracht der vom Spielfeldrand herbeieilenden Politzisten niederkniet. Er nimmt den Helm ab, murmelt “Hey, life’s a bitch.“ , presst die Pistole an seine Schläfe und drückt ab… Im sonnigen Los Angeles schläft Privatdetektiv Joseph Hallenbeck (Bruce Willis) in seinem 1971er Buick Rivera seinen Rausch aus…

 

“The Last Boy Scout, 1991 unter der Regie von Tony Scott entstanden, ist ein Neo-Noir, wenn es jemals einen gegeben hat“, schreibt Nicolai Bühnemann für die filmgazette. Nun waren die 90er ohnehin das womöglich beste Jahrzehnt für den Neo Noir. Seinerzeit erlebte der Filmstil eine Blüte wie vorher und seither nicht. Auch der Privatdetektiv kehrte auf die Leinwand zurück. In John Dahls Kill Me Again / Töten Sie mich (USA 1989) verkörpert Val Kilmer Private Eye Jack Andrews. Tom Berenger mimt in Alan Rudolphs Die Liebe eines Detektivs (USA 1990) Private Investigator Harry Dobbs. Jack Nicholson ließ in Die Spur führt zurück (USA 1990) als Privatdetektiv J.J. “Jakes“ Gittes seine Figur aus Roman Polanskis Chinatown (USA 1974) wiederaufleben. Der 1990 35-jährige Bruce Willis hatte mit den Actionfilmen Die Hard (USA 1988) und Die Hard 2 (USA 1990) seinen Durchbruch erlangt. Im Jahr 1991 trat er in vier Kinofilmen in tragenden Rollen auf, u.a. in Alan Rudolphs Neo Noir Tödliche Gedanken (USA 1991). So wenig Bruce Willis als Schauspieler einer meiner Favoriten ist, so wenig ist es der britische Regisseur Tony Scott, Bruder des talentierteren Ridley Scott (Der Blade Runner, USA/HK/UK 1982). Tony Scotts The Hunger (UK 1983) und Top Gun (USA 1986) halte ich trotz ihres Erfolgs im Mainstreamkino der 80er für einerseits hoch stilisierte und andererseits banale Unterhaltung. Was ist also mit The Last Boy Scout nach einem Drehbuch Shane Blacks (Kiss Kiss Bang Bang, USA 2005), den ich als Autor oder als Regisseur ebensowenig schätze. Nun, ist man übers Intro mit Bill Medleys grauenhaftem Mainstream-Rocksong Friday Night’s A Great Night For Football erst hinweg, wird es wider Erwarten besser. Natürlich wimmelt es von Klischees, vor allem was die Figur des Privatdetektivs und die Rolle der Frau in der US-Gesellschaft betrifft. Schließlich ist das Drehbuch vom Verfasser der Lethal-Weapon-Reihe. Trotzem gelingt es Black und Scott, einen flott inszenierten, unterhaltsamen Thriller zu gestalten. Die Dramaturgie stimmt. 

 

“Water is wet, the sky is blue, women have secrets. Who gives a fuck?” Warum also nur zwei Sterne? Weil das Finale und die Schlusssequenz ein Alptraum sind. Schon ab der Mitte driftet der Film in den Klamauk x-beliebiger Actionkracher ab: Immer nochmals übertriebener werden Shootouts und Explosionen. Die Guten sind schier unverwundbar, und die Bösen quatschen solange dummes Zeug, bis sie von den Guten überwältigt und im Handumdrehen getötet werden. Vor allem aber ist die zentrale Botschaft erzreaktonär: Harter Kerl liebt aus tiefstem Herzen eine Frau, aber natürlich geht die Frau fremd. Harter Kerl benimmt sich wie ein Miststück, logischerweise jedoch nur, weil er an solcher Frau unendlich leidet. Dank seiner Heldentaten erkennt letztere, was für ein Prachtklerl er immer war-ist-sein wird, schmeißt sich ihm an den Hals und leistet Abbitte. Wer nicht glaubt, dass Chelsea Field als Sarah Hallenbeck genau das tut und nach Joes “Fuck you, Sarah.“ vor Liebe zerfließt, schaue sich The Last Boy Scout an. Mir wurde klar, warum ich das Trio im Zentrum des Films, vor und hinter der Kamera, nie leiden mochte. Weil sie alle – Tony Scott, Bruce Willis, Shane Black – für einen extrem konservativen und am Ende kreuzbiederen US-Film stehen, dessen Non-PC-Humor, stilisierte Coolness und exzessive Gewalt nur Mittel zum Zweck sind. Konnte ich die erste Hälfte noch goutieren und der handwerklichen Präzision Tribut zollen, ist der Rest einfach Trash. Neo Noir? Private Eye Joe Hallenbeck ist kein Antiheld. Er tut nur so. Als Bodyguard rettete er den US-Präsidenten einst vor einem Attentäter. Als er den sadistischen, korrupten US-Senator Baynard (Chelcie Ross) bei Misshandlung einer Prostituierten schlägt, wird er von jenem entlassen. Herrje, ist das traurig! Und wie schön, dass ihm Shane Black und Tony Scott die Gelegenheit geben, sich als wahrer US-amerikanischer Übermensch, als ein Held zu bewähren. Das Mainstream-Publikum in den USA liebt solch infantil-patriotischen Schmonz mit viel Gewalt bekanntlich über alles. Ich nicht. 

 

Es gibt eine deutsche BD-Ausgabe (2010) der Warner Bros. mit dem Film ungekürzt (FSK 18) im Originalformal, bild- und tontechnisch topp mit dem englischen Originalton, dazu die deutsche, italienische, französische, portugiesische, russische, tschechische Synchronisation, optional Untertitel auf Bulgarisch, Chinesisch, Dänisch, Englisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Italienisch, Niederländisch, Norwegisch, Portugiesisch, Rumänisch, Russisch, Schwedisch, Spanisch, Thailändisch und Tschechisch. Vorsicht! Die deutsche, mit einer FSK-16-Markierung versehene DVD-Edition der Warner Bros. Entertainment GmbH ist im Ganzen um fast 8 Minuten gekürzt.

 


 

Neo Noir | 1991 | USA | Tony Scott | Bruce Willis | Joe Santos | Michael Papajohn

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