13th Letter, The

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Bewertung
***
Originaltitel
The 13th Letter
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1951
Darsteller

Linda Darnell, Charles Boyer, Michael Rennie, Constance Smith, Françoise Rosay

Regie
Otto Preminger
Farbe
s/w
Laufzeit
88 min
Bildformat
Vollbild

 


 

© Twentieth Century Fox Film Corporation

Die Gemeinde Saint-Marc-sur-Richelieu in der der kanadischen Provinz Quebec: Eine Fähre setzt über den Richelieu River. An Bord befindet sich Dr. Paul Laurent (Charles Boyer), der auf dem letzten Stück des Weges nach Hause zu Fuß geht. Im Ort gesellt sich der Briefträger (Paul Guèvremont) mit seinem Fahrrad zu ihm. Ob er fort gewesen sei, fragt er den Doktor, und Laurent antwortet ihm, dass er an einer Fachtagung in Montreal teilgenommen habe, während er seine Tageszeitung entgegennimmt. Als er sein Haus betritt, ruft der ältere Herr nach seiner jungen Gattin Cora (Constance Smith), aber sie scheint nicht daheim zu sein… Im Hospital de la Misericorde übergibt indessen der Briefträger der diensthabenden Schwester im Eingang einen Umschlag für Dr. Pearson (Michael Rennie). Als Schwester Marie Corbin (Judith Evelyn) des Weges kommt, reicht sie ihr den Brief, die damit in die Praxisräume des Mediziners eilt. Dort findet sie aber lediglich Cora Laurent, die ihren Lippenstift nachzieht und offensichtlich auf Pearson wartet. Marie und Cora sind Geschwister, und die ältere Marie ist alles andere als begeistert, dass Cora wiederholt Pearsons Aufmerksamkeit zu gewinnen sucht. Sie ermahnt die Jüngere, dass sie mit Paul Laurent einen fabelhaften Ehemann habe und dass man in einem Ort wie Saint-Marc-sur-Richelieu nicht einfach um die Gesellschaft eines Junggesellen buhlen könne. Cora lacht und bezichtigt Marie auf sie eifersüchtig zu sein, weil jene sich einst selbst Hoffnungen auf Laurent gemacht habe…

 

”You have no heart.“ – ”I’m sure, you have enough for both of us.” Otto Premingers im französischsprachigen Kanada mit einem internationalen Ensemble realisierter Film Noir The 13th Letter ist das Hollywood-Remake des französischen Klassikers Der Rabe (FRA 1943) von Henri-Georges Clouzot. Beide Werke beruhen auf einer Erzählung von Louis Chavance, welcher zusammen mit Clouzot auch das Drehbuch für dessen acht Jahre zuvor im besetzten Frankreich entspandenen Spielfilm verfasste. Otto Preminger hatte mit Faustrecht der Großstadt (USA 1950) just einen Meilenstein in der Historie des klassischen Film Noirs ins Kino gebracht, dessen Besetzung mit Dana Andrews und Gene Tierney in Hauptrollen an sein Leinwanddebüt, den Film Noir Laura (USA 1944) erinnerte. Und Kameramann Joseph LaShelle, welcher bei den erwähnten Meisterstücken für die Bildsprache verantwortlich gewesen war, er war auch bei The 13th Letter der Mann hinterm Kameraobjektiv, das Ganze ebenso eine Produktion der Twentieth Century Fox Film Corporation.  Doch leider überzeugen weder das Drehbuch von Howard Koch (Das Geheimnis von Malampur, USA 1940) noch Otto Premingers Inszenierung, die zwar solide, aber kaum einmal inspiriert und eigenwillig ausfällt. Von Anbeginn zielt das Werk auf ein gefälliges Entertainment, darin die Hatz nach… hm, nach wem eigentlich? Die Honoratioren der Ortschaft, meist Mediziner des ansässigen Hospitals, erhalten Briefe, die Dr. Pearson einer illegitimen Beziehung zu Cora Laurent bezichtigen und darüberhinaus einige unangenehme Anschuldigungen beinhalten. Ansonsten passiert in den ersten 30 Minuten des Films fast nichts oder anders gesagt: Konträr zu Henri-Georges Clouzots dunkel dräuendem Porträt des Spießbürgertums der französischen Provinz in Der Rabe (FRA 1943) herrscht bei Otto Preminger gepflegte Langeweile.

 

© Twentieth Century Fox Film Corporation

“Though not a complete failure, Preminger’s American version still managed to take most of the starch out of this bitter French chiller and make it into a predictable mystery film”, schlussfolgert Dennis Schwartz und liegt mit dieser Einschätzung richtig. Auch die vier Schaupielerinnen und Schauspieler in Hauptrollen, ein im Grunde respektables Quartett, scheinen hin und wieder die Lust an der Sache zu verlieren, wenn etwa Dr. Pearson entdecken muss, dass die hübsche Tochter seines Vermieters, Denise Turner (Linda Darnell), einen Klumpfuß hat und sein Verhalten ihr gegenüber sich schlagartig ändert, obgleich die (fehlende) Chemie zwischen den beiden erhalten bleiben müsste. Charles Boyer ist hinter grauem Bart und Nickelbrille praktisch unkenntlich und seine Heirat mit der 30 Jahre jüngeren Cora erscheint wenig glaubwürdig. Dennoch ist er derjenige, der die beste Leistung zeigt, demgegenüber Michael Rennie viel zu glatt und ungetrübt durch das Drama hindurchgeht und eine blasse Imitation der Figur Dr. Rémy Germains (Pierre Fresnay) abgibt. Im wahren Leben nahmen einige Darsteller ein tragisches Ende: die von Alkoholproblemen gebeutelte Linda Darnell kam mit 41 Jahren bei einem Hausbrand ums Leben. Die talentierte Judith Evelyn starb mit 58 Jahren an Krebs, und der Brite Michael Rennie, für den The 13th Letter die erste Rolle in einem Hollywoodfilm war, erlag mit 61 einem Lungenemphysem. Die Karriere der ebenfalls aus England stammenden Constance Smith endete 1959 mit nur 31 Jahren: Drogensucht und Alkoholismus führten zu Selbstmordversuchen, Klinikaufenthalten und nach drei Ehen schließlich zu Elend und Armut. Sie starb 2003 in London als obdachlose Alkoholikerin . Regisseur Otto Preminger bewies mit seinem Film Noir Engelsgesicht (USA 1952) erneut jene Qualität, die man mit seinem Namen verbindet.

 

Bis heute (2025) gibt es von The 13th Letter, der nie im deutschen Kino oder im hiesigen Fernsehen zu sehen war,  meines Wissens keine BD oder DVD, weshalb er als obskur gilt und lediglich in einigen Online-Portalen als Fernseh- bzw. Videomitschnitt zur Verfügung steht, ungekürzt und im Originalformat und nur in einer Fassung von bescheidener Bild- und Tonqualität, auch ohne Untertitel.

 


 

Film Noir | 1951 | USA | Otto Preminger | Joseph LaShelle | Charles Boyer | Michael Rennie | Constance Smith | Linda Darnell

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