Karel Höger, Josef Bek, Otto Lackovič, Josef Vinklář, Vladimír Menšík
In einer tschechoslowakischen Stadt mit ausgedehnter Schwerindustrie werden an einem Sonntagabend auf einer Anzeigentafel die Gewinnzahlen der aktuellen Werkslotterie ausgeschrieben. Karel Antoš, (Otto Lackovič), ein technischer Assistent, ist mit seinem Freund Jirka Brož (Josef Vinklář) vor Ort, doch haben sie wenig Grund zur Freude. Der erste Preis ist ein Skoda 440 “Spartak“ und das Los des Gewinners trägt die Nummer 00238, aber Karel hat unter seinen fünf Losen nur dasjenige mit der Nummer 00237 und geht leer aus. Die Freunde gehen in eine Kneipe und betrinken sich mit Wodka und Bier, bis Jirka feststellt, dass es spät sei und er zur Freundin Jana (Zuzana Fisárková) heimkehren müsse, einer Angestellten der Poststelle, mit der sonst nicht zu spaßen sei. Karel macht ihn darauf aufmerksam, dass er betrunken, wie er sei, eh nicht gehen könne, und dass er ihm außerdem nichts über Jana, seine eigene Schwester, erzählen solle. In diesem Augenblick gesellt sich der Wirtschaftsprüfer Ferdinand Zelinka (Edouard Kohout), ein älterer Herr, zu den jungen Herren an den Tresen, seinerseits mächtig angetrunken. Er verlangt vom Wirt noch einen Absacker, ein Glas weißen Rums, aber als er seine Brieftasche zücken will, fällt sie ihm aus unsicheren Fingern zu Boden, und Karel Antoš bückt sich, um sie aufzuheben und dem Alten wieder zurückzugeben. Dabei sieht er, dass auch Zelinka ein Lotterielos erwarb, und als er ein daran zieht, entdeckt er die Nummer 00238. Auch Jirka blickt just zu Boden und erkennt die Chance, die sich bietet…
“105% Alibi, the first of a trio of crime films featuring the investigator duo Tůma – Líbal (…) successfully built tension with noirish touches, thanks to Josef Střecha’s cinematography and Štěpán Lucký’s music”, resümiert Veronika Zýková über das auf dem Noir Film Festival in Český Šternberk, Tschechien, im August 2024 wiederaufgeführte Werk des Regisseurs Vladimír Čech. Der seinerzeit in der Tschechoslowakei enorm populäre Karel Höger spielt Polizeikapitän Miloš Tůma und Josef Bek spielt seinen Assistenten, Oberleutnant František Líbal, beide im Dienst ihrer Veřejná bezpečnost benannten Behörde, zu Deutsch etwa „Öffentliche Sicherheit“. Als der Gewinner einer Lotterie des Nachts in seinen eigenen vier Wänden tot aufgefunden wird, haben die Kriminalbeamten schnell heraus, dass es sich nicht um einen Unfall handelt. Als kurz darauf Karel Antoš mit einem Skoda Spartak, dem Hauptgewinn der Lotterie, von dannen fährt, scheint die Sache klar… Veronika Zýková liegt richtig: Das Erfolgsrezept der mitunter etwas biederen und rechtschaffenen Kriminalgeschichte liegt in einer dunkel dräuenden Atmosphäre, die Kameramann Josef Střecha zu kreieren weiß, und in vielen Sequenzen bei Nacht. Hinzu kommen exquisite Schauspieler auch in Nebenrollen, sowie einige unerwartete Wendungen, die in einer ebenso überraschenden wie schlüssigen Aufklärung des Verbrechens münden. Jirka Brož und Karel Antoš sind hier die klassischen Film-Noir-Charaktere, die ihrem einen Schritt vom Weg ab, der Entwendung von Ferdinand Zelinkas Gewinnerlos, eine Lüge nach der anderen folgen lassen müssen, bis ihre Freundschaft auf dem Spiel steht und jeder sich fragen muss, wie er den Kopf noch aus der Schlinge kriegt. Letztere zieht sich demgegenüber weiter zu, als ein zweites Todesopfer zu beklagen ist.
Neben anderen Staaten des damaligen Ostblocks lief die Produktion der Ústřední půjčovna filmů (ÚPF) unter dem Titel Alibi auch in der DDR. Der Film war als Kriminalfilm darauf aus, sein Publikum zu unterhalten, und die brillante Arbeit der Polizeibehörde im Sozialismus, die auch technisch mit allen Wassern gewaschen ist – Alfred L. Werkers und Anthony Manns Schritte in der Nacht (USA 1948) verfolgte in den USA einst ein ähnliches Ziel – vor den Augen des Kinopublikums zu preisen. Abgesehen von solch propagandistischen Zwecken, mal erscheinen die Beamten in Zivil, mal in Uniform, liefert der Film ein Zeugnis von der hochwertigen und entwickelten Filmproduktion in der Tschechoslowakei seiner Zeit. Vor und hinter der Kamera können Akteure und Crew an die internationalen Standards der Ära anschließen und überraschen mitunter, nimmt man etwa die eingangs erwähnte Musik Štěpán Luckýs, durch Besonderheiten und ihre Eigenwilligkeit im Ganzen. Mit Wo das Alibi nicht genügt (CSK 1961) und Alibi auf dem Wasser (CSK 1966) drehte Vladimír Čech in Kooperation mit den Hauptdarstellern Karel Höger und Josef Bek noch zwei weitere Kinofilme um das mit seinem Debüt gleich erfolgreiche Ermittlerduo.
Eine tschechische DVD-Ausgabe (2010) von Filmexport Home Video s.r.n. beinhaltet den Film unterm Originaltitel 105% Alibi ungekürzt und im Originalformat, doch im Gegensatz zu anderen Veröffentlichungen in dieser Reihe in einer miserablen Bild- und Tonqualität mit lediglich tschechischen Untertiteln, als Extras gibt es Filmografien und eine Bildergalerie.