Crimson Canary, The

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Bewertung
***
Originaltitel
The Crimson Canary
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1945
Darsteller

Noah Beery jr., Lois Collier, John Litel, Steven Geray, Claudia Drake

Regie
John Hoffman
Farbe
s/w
Laufzeit
64 min
Bildformat
Vollbild

 


 

© Universal Pictures Inc.

In Los Angeles, Kalifornien, spielt heute Abend in Vic’s Café eine fünfköpfige Jazzband, deren junge Musiker sich aus ihrer Zeit bei der US-Armee und den Einsätzen an Kriegsschauplätzen des Zweiten Weltkriegs kennen. Danny Brooks (Noah Beery jr.) ist der Bandleader und spielt die Trompete. Im Übrigen sitzt Johnny (Danny Morton) am Schlagzeug, spielt Chuck (Jimmie Dodd) das Tenorsaxofon sowie Hillary (Steve Brodie) seine Klarinette, indessen Keith (John Kellogg) vom Hocker hinter dem Piano sie alle dirigiert. Die Stimmung steigt, als Kellner Pete (John Berkes) auf die fein gekleidete Anita Lane (Claudia Drake) aufmerksam wird, die auf einem Barhocker am Tresen lehnt und sich von Inhaber Vic Miller (Steven Geray) ihre Zigarette anzünden lässt. Vic erwähnt, er habe gehört, dass Anita heute Nacht zusammen mit der Band in Richtung San Francisco aufbrechen werde. Er bittet sie darum, solche Entscheidung zu überdenken und keinen Fehler zu begehen. Doch Anita reagiert kühl und lässt ihn im Unklaren darüber, bevor sie sich lasziv durch den Saal mit seinen voll besetzten Tischen bewegt und den Song I Never Knew (I Could Love Anybody Like I'm Loving You) zum Besten gibt. Es ist offensichtlich, dass Anita dem Schlagzeuger Johnny schöne Augen macht, und es ist ebenso offensichtlich, dass Danny davon nicht besonders angetan ist. Noch bevor das Stück beendet ist, verlässt er die Bühne und verschwindet in der Garderobe, wohin ihm Anita Lane nach Entgegennahme der Ovationen zügig folgt…

 

“Amongst the ingredients of film noi was jazz-inflected music (…) A low-budget, generally ineffective, and decidedly borderline entry for the genre, this 1945 film went one better by setting the plot in the jazz world”, schreibt Colin Larkin in seinem Buch The Enyclopedia of Popular Music (2006) über John Hoffmans B-Film The Crimson Canary, eine Produktion der Universal Pictures Corporation. Das Werk verdankt seine Bedeutung für Musikhistoriker den Auftritten der Jazz-Legenden Coleman Hawkins und Oscar Pettiford und des Folk-Blues-Sängers Josh White, die einige Klassiker zum Besten geben, unter anderem Rifftide und One Meat Ball. Es ist erstaunlich, was alles in die 64 Minuten des Films passt, welcher in erster Linie dazu dient, den Mord an der Jazzsängerin Anita Lane aufzuklären. Sie wird in Vic’s Café erschlagen gefunden und zwar in der Garderobe jener Jazzband, deren Mitglieder, allen voran Johnny und Danny, je aus gutem Grund gegen die manipulative Femme fatale einen Groll hegen. Von Anbeginn fühlte ich mich an Anatole Litvaks Blues In The Night (USA 1941) erinnert, der ebenfalls eine Jazz-Combo mit Sängerin durch die Höhen und Tiefen ihres Überlebens auf Tournee begleitet. Letzterer ist eindeutig der bessere Film, wie auch Larkins Zitat mit Blick auf The Crimson Canary als Kinoerlebnis herausstellt. Konträr zu seiner Einschätzung stelle ich fest, dass es nur wenige Film-Noir-Klassiker gibt, die vom Jazz oder der Jazz-Szene Gebrauch machten, lässt man den Nachtclub und die Sängerin als Femme Fatale mal außen vor. Ja, man hört so einige Songs von “Traumfrauen“ in Paillettenkleidern, aber richtigen Jazz? Aus den 40er Jahren fallen mir spontan When Strangers Marry / Betrayed (USA 1944) und Opfer der Unterwelt (USA 1949) ein. Erst in den 50ern eroberte sich der wilde Ton der urbanen Musik einer schwarzen US-amerikanischen Community auch im Film aus Hollywood seinen Platz.

 

© Universal Pictures Inc.

“You know what curiosity did to the cat, don’t you? – “Yes, killed it.” Es gibt einige knackige Dialoge, und es gibt solides Schauspiel von Noah Beery jr. und John Litel, doch die Stärke des Films ist seine Atmosphäre oder eben seine dem Film Noir der Ära geschildete Kameraarbeit – kontraststark und gemäß den Uhrzeiten, zu denen damals Jazz zur Aufführung kam, eben in der Nacht. Seine Schwäche ist eine Geschichte, die nicht viel hergibt, obgleich sich die Autoren Peggy Phillips und Henry Blankfort nach Kräften bemühen, reihum Indizien zu hinterlegen, die jeweils andere Charaktere, meist Mitglieder der Jazzband, plötzlich als verdächtig erscheinen lassen. Solches Vorgehen à la Agatha Christie wirkt bei Ihnen aber durchschaubar, und auch die grundsätzliche Einigung der Combo, Hals über Kopf vom Tatort zu fliehen und sich zu trennen, erweist sich bei genauer Betrachtung als eher dämlich. Wie auch Robert Siodmaks Christmas Holiday (USA 1944) oder Robert D. Webbs The Spider (USA 1945) ist The Crimson Canary eine passabler Film Noir seiner Zeit – nichts, worüber sich der Cineast im Nachhinein ärgern wird. Aber sicher kein Film, an den man sich lange erinnert oder den man gar als Klassiker zu bezeichnen gewillt wäre.

 

Bis heute (2023) gibt es keine BD oder DVD dieses Films, der nach wie vor als enorm obskur gilt und auch in die von Kino Lorber hochwertig editierte Blu-ray-Serie Film Noir: The Dark Side of Cinema, die seit 2016 vor allem Werke der Universal Pictures Corporation in mehrteiligen Box-Sets und exquisit restaurierten Fassungen herausbringt, noch keine Aufnahme fand.

 


 

Film Noir | 1945 | USA | John Hoffman | George Eldredge | John Kellogg | John Litel | Steve Brodie | Steven Geray

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