Natural Born Killers

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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
**
Originaltitel
Natural Born Killers
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1994
Darsteller

Woody Harrelson, Juliette Lewis, Tom Sizemore, Rodney Dangerfield, Everett Quinton

Regie
Oliver Stone
Farbe
Farbe + s/w
Laufzeit
119 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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© Warner Bros.

Am Rande einer staubigen Landstraße im US-amerikanischen Süden steht das 5 to 2 Café, ein Diner, und dort checkt Tresenkraft Mabel (O-Lan Jones) an einem Schwarzweißfernseher die Programme, bevor sie das Gerät abstellt und dem auf einem Barhocker sitzenden Mickey Knox (Woody Harrelson) ihre Auswahl an Kuchen aufsagt. Knox wählt  einen Key Lime Pie und dazu ein Glas fettarmer Milch und seine Begleiterin Mallory (Juliette Lewis) geht zur Jukebox, indessen sie ihre Widlederjacke mit Fransen ablegt und mit ihrem Bikinitop und der engen Jeans die Blicke von Mabel und vom Pinball Cowboy (Ed White) auf sich zieht. Während Mallory zu Robert Gordons The Way I Walk aufreizend zu tanzen beginnt, kommen drei Männer in ihrem Pick-Up auf den Parkplatz. Sonny (Richard Lineback) und der ältere Earl (Lanny Flaherty) treten ein, indessen der Fahrer sich um den überhitzten Motor kümmern will. Earl nimmt am Tresen Platz und spricht Mickey, der zu seinem Key Lime Pie das Albuquerque Journal liest, auf die Tänzerin an, und Sonny versucht sein Glück und tanzt sich mit einer Flasche Bier zur Hand an Mallory heran. Als die Single in der Jukebox endet, will Sonny mehr, doch was er von Mallory bekommt, ist ein Faushieb ins Gesicht, so dass sein Bier in Scherben geht. Erst denkt Sonny, das Ganze sei ein derber Scherz. Aber im Nu schlägt Mallory immer erbarmungsloser zu und Sonny geht zu Boden. Als Earl ihm zu Hilfe eilen will, erhebt sich Mickey Knox und sticht ihn eiskalt nieder…

 

“It's just murder. All God's creatures do it.” Der im Aufwind befindliche Autor und Regisseur Quentin Tarantino hatte für Tony Scotts True Romance (USA/FRA 1993) das Drehbuch geschrieben, und im Mai des darauffolgenden Jahres feierte sein eigener Film Pulp Fiction (USA 1994) in Frankreich Premiere. Letzterer wurde das Werk, welches Tarantino im Anschluss an seinen viel beachteten Erstling Reservoir Dogs (USA 1992) international den Durchbruch und ein Massenpublikum bescherte. Für Natural Born Killers hatte er die zugrundeliegende Erzählung (und angeblich auch das Drehbuch) verfasst, dennoch versuchte er, dass sein Name im Vor- und Abspann nicht genannt würde, was ihm verwehrt blieb. Quentin Tarantino hasste Oliver Stones Film, und er tut er bekanntermaßen noch immer. Auf den ersten Blick fällt schwer das nachvollzuziehen, denn im Grunde, so denkt man, müsste Tarantino eine solch hysterische Orgie der Gewalt, die in grellen Farben und mit schrillen Effekten auf die Leinwand projeziert ward, ungemein liegen. De facto ist mit einem Abstand von drei Jahrzehnten der Film des seinerzeit von der Filmkritik umjubelten Oliver Stones jedoch erschreckend banal. Einerseit ist die Absicht, jene USA voller bis an die Zähne bewaffneter Zivilisten mit niedrigem IQ und von aninmalischer Amoralität, wo Väter mit ihrer Mütter Wissen Töchter vergewaltigen und Polizeibeamte Prostituierte erdrosseln, in all ihrer widerwärtigen Selbstgefälligkeit vorzuführen. Natural Born Killers bebildert die Dummheit und den tief wurzelnden Hass und Selbsthass am Kipppunkt westlicher Zivilationen, wo Zöglinge einer technisierten Hochkultur in einen Blutrausch und in mörderische Rituale vorchristlicher Zeitalter zurückfallen. Wenn Mickey Knox in einem TV-Interview für die Sendung American Maniacs seine fehlende Reue und Tateinsicht in eine selbstgestrickte Pseudo-Philosophie einrahmt, ist letztere ein Surrogat alttestamentarischer Slogans und kruder Naturmystik.

 

Andererseits aber ergötzt und berauscht sich Stones Werk an den eigenen Stilmitteln und auch an der Serie von Gewalttaten, die über eine Dauer von 2 Stunden eine beispiellose Spur von Leichen aneinderreiht. So wie jene Teenager und Twens der Subkultur, die Mickey und Mallory Knox zu ihren Helden stilisieren und deren Tun in einen blutigen Aufstand wider das Establishment uminterpretieren, geht der Film der koketten Lust am Untergang auf den Leim. Dazu trägt bei, dass alle Nebenfiguren jenseits von Mickey und Mallory (ebenso amoralische) Vollidioten sind, die als Hüter der Ordnung, z.B. Polizeibeamte und Gefängnisdirektor, oder als Programmdirektorin und Moderator des Massenmediums Fernsehen keinen Kanon moral-ethischer Werte repräsentieren. Fast jeder Mensch in Stones Werk ist ein psychisches Wrack, traumatisiert und von Gewaltphantasien gepeinigt, welche ihn oder sie an den Rand des Irrsinns treiben. Das erinnert an David Lynch, und tatsächlich nutzt Kameramann Robert Richardson (Live By Night, USA 2016) jeden Gimmick und Trick, um die “Psyche“ sichtbar werden zu lassen. Dadurch und durch die für Stone typische, extrem rarsante Schnittfolge verkommt der Film zu einem effekthascherischen Strohfeuer, das nach 30 Minuten anfängt zu langweilen. Zuvor waren Joseph H. Lewis mit Gefährliche Leidenschaft (USA 1950) und Terrence Malick mit Badlands – Zerschossene Träume (USA 1973) Tarantino und Stone auf diesem Terrain vorangeschritten und zwar um Längen besser. Im Übrigen ist die vom alten Indianer (Russell Means) erzählte Geschichte einer Frau, die von einer von ihr geretteten Schlange umgebracht wird, eins zu eins vom Jazzstück The Snake (1963) von Oscar Brown jr. abgekupfert. Und zu guter Letzt ist für mich nicht allein Oliver Stone die Antithese zu einem guten Regisseur sondern auch Juliette Lewis , deren Over-Acting mitunter kaum zu ertragen ist, keine Schauspielerin von Rang. Fazit: ein Film, der in jeder Hinsicht schlecht alterte und den man sich getrost schenken kann.

 

Es gibt eine exzellent editierte BD (2014) der Warner Bros. Entertainment GmbH mit dem Film in der Kinofassung im Originalformal, bild- und tontechnisch einwandfrei, dazu den englischen Originalton und eine deutsche Neusynchronisation sowie auch die italienische, spanische oder französische Kinosynchronisation, optional Untertitel auf Spanisch, Portugiesisch, Schwedisch, Niederländisch, Französisch, Arabisch, Norwegisch, Finnisch oder Dänisch, ein 10-minütges Making of mit Details zum Film als Extra. Eine deutsche 3-DVD-Box der Think Global Multimedia, Tonspuren auf Englisch oder Deutsch, als Untertitel Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch oder Niederländisch, bringt den um ca. 1 Minute längeren Director’s Cut mit reihenweise Bonusmaterial.

 


Neo Noir | 1994 | USA | Oliver Stone | Oliver Stone | Quentin Tarantino | Robert Downey jr. | Tom Sizemore | Tommy Lee Jones | Woody Harrelson | Juliette Lewis

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