Clifford Penn, Robert Armstrong, Teala Loring, Elisha Cook jr., Douglas Fowley
New York: Es herrscht tiefe Nacht und in einer einsamen Gegend patroulliert ein Polizist (Fred Aldrich), der hinter sich plötzlich Glas splittern hört und sich umwendet. Aus einer Telefonzelle taumelnd bricht der Kriegsveteran Tom Cochrane (Clifford Penn) zusammen und bleibt reglos liegen. Der Polizebeamte bemerkt, dass der Bewusstlose auf seinem Hemd Blutflecken trägt und neben ihm ein Klappmesser mit einer ebenfalls blutigen Klinge liegt. Cochrane wird ins Polizei-Krankenhaus gebracht, wo der behandelnde Arzt (George Backus) feststellt, dass er unter dem Einfluss von Drogen steht und nicht vernehmungsfähig ist. Dies hindert jedoch weder Inspektor Shannon (Douglas Fowley) noch seinen Kollegen Taylor (Harry Strang), zwei Beamte der Mordkommission, den jungen Mann in seinem Halbschlaf mit Fragen nach seinem Opfer und einer bis dato rein hypothetischen Gewalttat zu bombardieren. Nachdem sich die Polizisten kurz mit dem Arzt besprachen, kehren sie ins Krankenzimmer zurück und müssen feststellen, dass der zuvor so lädierte Tom Cochrane, dessen Identität den Beamten allemal unbekannt ist, das Weite gesucht hat… Es ist noch mitten in der Nacht, als bei Lois Walter (Teala Loring) auf deren Nachtisch das Telefon klingelt und sie schlaftrunken abnimmt. Der Polizeibeamte “Mac“ McLaine (Robert Armstrong), Tom Cochranes Schwager, der Lois darüber informiert, dass ihr Verlobter Tom heute Nacht in einem mehr als dem üblichen desolaten Zustand nach Hause gekommen sei…
“Nothing makes you forget a girl quicker than another girl.“ Dieser Film des Poverty-Row-Studios Monogram Pictures entstand zur Blütezeit des Film Noirs in den USA der unmittelbaren Nachkriegszeit und basiert auf einer Erzählung eines seiner wichtigsten Autoren, nämlich auf der Kurzgeschichte Cocaine (EA 1940) von Cornell Woolrich. Mit Kokain hat der Film allerdings nichts zu tun, denn es ist offensichtlich eine andere Substanz, die Tom Cochrane auf einer Party in den Drink gemischt wurde, bei ihm Bewusstlosigkeit und Gedächtnisverlust hervorrief, so dass er kurz darauf als vermeintlicher Mörder erwacht – sein Klappmesser mit dem Blut eines weiblichen Opfers befleckt. Ein junger Mann ohne Erinnerung, doch mit einer hübschen Frau an seiner Seite, versucht seine Unschuld zu beweisen, nachdem er infolge von Ergeignissen, die offenbar geplant waren, zum Hauptverdächtigen in einem Mordfall wurde. Das klingt für den Film-Noir-Freund überaus vertraut, und deshalb bin ich nicht der erste Rezensent, der darauf hinweist, dass auch die Woolrich-Adaptionen Vergessene Stunde / Schwarzer Engel (USA 1946) und Fear In The Night (USA 1947) eine ähnliche Handlungsprämisse aufweisen. Mich persönlich erinnert Fall Guy zudem an William Castles When Strangers Marry / Betrayed (USA 1944), der nicht auf einer Erzählung dieses Autors beruht. Doch mit den Verfilmungen des so düsteren und fatalistischen Schriftstellers Woolrich ist es alles andere als leicht. Sowohl Harold Clurmans Deadline At Dawn (USA 1946) als auch John Farrows Die Nacht hat tausend Augen (USA 1948) nahmen Cornell Woolrichs Geschichten ihren Stachel und endeten als verwässerte, leichtgewichtige Film Noirs, die ihre Zuschauer lange vor dem jeweiligen Happy End wiederholt gähnen lassen. Und leider zählt auch Fall Guy exakt zu dieser Kategorie nach Vorlagen des damals sehr populären New Yorker Schriftstellers.
“It's worthy of a watch if you're into these cheapo B's, it has its charms, but if you're looking for a good Woolrich adaptation, look elsewhere“, scheibt Edwin Heijmen für Reviews From The Bottom Of The Barrel, und das ist mit Blick auf Fall Guy ein mildes Urteil. Neben dem Drehbuch von Jerry Warner und dem für den “Additional Dialogue“ zuständigen Debütanten John O’Dea sind es vor allem die überaus unterschiedlichen Leistungen der Schauspieler, die das Werk kennzeichnen. Selbstredend ist Elisha Cook jr. so exzellent wie bei all seinen Auftritten im Kontext des Film Noirs und deren Zahl ist Legion. Auch Robert Armstrong, Iris Adrian und Louis Lubin konnten mich überzeugen. Umso bedauerlicher, dass ausgerechnet Leo Penn, - seines Zeichens der Vater von Chris und Sean Penn - welcher hier als Clifford Penn firmiert, und seine Filmpertnerin Teala Loring in ihren zentralen Rollen das nötige Talent vermissen lassen. Ihre Charaktere bleiben flach und austauschbar, und es wundert nicht, dass Penn schon kurz darauf fast ausschließlich im und für das Fernsehen sein Auskommen finden sollte, indessen Teala Loring nach drei weiteren B-Produktionen von der Bildfläche verschwand. Kameramann Mark Stengler war im Jahr darauf für Monogram Pictures an William Nighs Cornell-Woolrich-Adaption Todeszelle Nr. 5 (USA 1948) beteiligt, ein um Längen besserer Film. Fall Guy ist alles andere als essentiell und bestenfalls für Komplettisten unter den Freunden des Film Noirs von Bedeutung.
In der Reihe Warner Bros. Archive Collection gibt es in den USA eine DVD-R (2013). Wie bei dieser Art Veröffentlichung die Regel sind Bild- und Tonqualität exzellent, auch gibt es den Film ungekürzt im korrekten Bildformat und mit englischem Originalton, allerdings ohne Untertitel und ohne jegliches Extras.