Trond Espen Seim, Bjørn Floberg, Kathrine Fagerland, Endre Hellestveit, Anders Dalle
Bergen, Norwegen: Privatdetektiv Varg Veum (Trond Espen Seim) ist in seinem Auto eingeschlafen, als er in der heruntergekommen Hafengegend vor einem Bordell mit seiner Kamera auf der Lauer liegt. Da erreicht ihn ein Anruf; er wechselt das T-Shirt und fährt los… Die konservative Politikerin Vibeke Farang (Trine Wiggen) hat mit dem Chemiker Bård (Håvard Bakke) zwei noch kleine Kinder – Camilla (Julie Fløysand) und Henrik (Tor Andre Rundhaug). Seit der Nacht, da die außerhalb der Stadt lebende Vibeke ihren bei der Firma Norrlond angestellten Liebhaber Karsten Aslaksen (Pål Obrestad) zu Besuch hatte, ist Camilla verschwunden. Die polizeilichen Ermittlungen werden von Kommissar Jacob Hamre (Bjørn Floberg) geleitet, der mit seinem Assistenten Isachsen (Endre Hellestveit) auf dem Anwesen der Farangs mit der Spurensicherung beschäftigt ist. Von der Liebschaft Vibeke Farangs weiß Hamre nichts, denn die Politikerin möchte einen Skandal auf jeden Fall vermeiden. Hamre hat Privatdetektiv Varg Veum um eine Unterredung gebeten, und so kommt Veum zu dem Haus und trifft sich mit ihm und mit Isachsen. Varg Veum stellt Fragen zu dem Fall, doch Hamre erläutert, dass er ihn nur hinzugezogen habe, um ihn über einen Sexualstraftäter namens Wesleh zu befragen, über den Veum in seiner Zeit beim Jugendamt eine Akte geführt habe, die nicht mehr auffindbar ist. Der ex-Polizist Varg Veum ist sauer, dass er nur wegen einer solchen Kleinigkeit belästigt wird und lässt den Kommissar abblitzen...
“Veum is the classic, old school private detective, stemming from a long line of shady heroes right down to Raymond Chandler's Philip Marlowe", schreibt Fredrik Gunerius Fevang für The Fresh Site über den ersten Kinofilm in einer Serie von Adaptionen der Kriminalromane des norwegischen Autoren Gunnar Staalesen. Auch hierzulande ist dieser neunte Roman der Varg-Veum-Reihe unterm Titel Bittere Blumen (EA 1991, auf Deutsch 1996) als Taschenbuch erschienen, wie im Übrigen auch sonst fast alle Bücher Staalesens. Die in Norwegen im Kino aufgeführten Verfilmungen wurden in Europa fast ausschließlich nur als DVD-Editionen veröffentlicht oder im Fernsehen ausgestrahlt. Mit Trond Espen Seim als Varg Veum verließ man sich auf einen weitgehend unbekannten Darsteller, der nach Erfolgen auf der Theaterbühne mit Hawaii, Oslo (DNK/SWE/NOR 2004) seinen Durchbruch im Kino gehabt hatte. Als notorischer Einzelgänger mit einem brillantem Spürsinn und reichlich Ecken und Kanten macht er seine Sache als Privatdetektiv nicht schlecht, doch sind es in Varg Veum - Bitre blomster vor allem Bjørn Floberg als Jacob Hamre und Trine Wiggen als Vibeke Farang deren Schauspiel auf ganzer Linie überzeugt. Die Kameraarbeit ist im Neo Noir aus Skandinavien nie ein Problem, und auch hier beweisen Regisseur Ulrik Imtiaz Rolfsen und Kameramann Gaute Gunnari in der Wahl der Drehorte und mit Einsatz der technischen Mittel die nötige stilistische Finesse. Doch leider garantiert all das keinen Thriller der Extraklasse, wie man ihn aus dem hohen Norden erwartet. Nach einem durchaus soliden ersten Drittel geht es zunehmend bergab, bis man im Finale tatsächlich beim Fernsehkrimi nach Schema F angekommen ist.
Die Gründe dafür, dass der Film am Ende nur Durchschnittskost bietet, sind vielfältig. Zum ersten sorgt Rolfsens Dramaturgie mittels sprunghafter Schnitte für Logikbrücken, mit denen sich der aufmerksame Zuschauer einfach nicht zufrieden geben kann. Was eingangs Zeit beanspruchte, wird hastig aufgelöst und einige Rollencharaktere, etwa Bård Farang, lässt der Film plötzlich links liegen. Solche Methode führt auch dazu, dass die Romanze zwischen Varg Veum und Anna Keilhaug (Kathrine Fagerland), Norrlonds Expertin für Rechtsfragen, partout nicht glaubwürdig wirkt. Auch über den Privatdetektiv selbst erfährt der Zuschauer wenig bis nichts. Dessen Vergangenheit wird lediglich hier und dort angedeutet – einstmals mit einer Frau liiert, heute nicht mehr, früher Polizeibeamter, heute Privatdetektiv, das war’s. Um nicht in Klischeefallen zu tappen, haben andere Autoren und Regisseure das in vergleichbaren Neo Noirs mit privaten Ermittlern bedeutend besser gelöst, so Robert Altman in Der Tod kennt keine Wiederkehr (USA 1973), John Dahl in Kill Me Again /Töten Sie mich (USA 1989) oder Jeffrey Walker in Jack Irish: Bad Debts (AUS 2012). Es sind nicht per se die etwas altbackenen Zutaten, die sich störend auswirken, sondern die uninspiriert vorhersehbare Mischung, die den Film ins flache Fahrwasser jener 08/15-Kriminalfilme für ein Fernsehpublikum abdriften lassen, das mit einem Sieg des Guten über das Böse vermeintlich immer am Besten bedient ist. Doch am Ende ist das so langweilig, wie es klingt. Zwischen 2007 und 2012 traten Trond Espen Seim und Bjørn Floberg in insgesamt 12 Verfilmungen der norwegischen Varg-Veum-Romanserie auf.
Unter dem frei erfundenen Titel Der Wolf - Das vermisste Mädchen gibt es eine deutsche DVD-Ausgabe (2009) der Rundfunkanstalten der ARD und der S.A.D. Home Entertainment, bild und tontechnisch einwandfrei, die den Film ungekürzt (?) im Originalformat präsentiert, jedoch lediglich mit einer grauenhaften deutschen Synchronisation ohne norwegischen Originalton und ohne optional deutsche Untertitel. Nicht nur inhaltlich sind viele Dialoge albern, sie laufen oft auch asynchron zu den Lippenbewegungen. Internationale Editionen präsentieren die Varg-Veum-Reihe mit norwegischem Originalton und mit englischen Untertiteln. Die deutsche DVD beinhaltet als Extra den norwegischen Kinotrailer; die auf der Rückseite des Covers verzeichnete Angabe von 96 Minuten Laufzeit ist jedoch falsch, der Film dauert lediglich 88 Minuten.