Esther Williams, George Nader, John Saxon, Edward Andrews, Lee Tremayne
© Universal-International Pictures Inc.
In der Kleinstadt Ogden ist Police Lieutenant Harry Graham (George Nader) des Nachts an einem Tatort. Eine junge Frau liegt ermordet auf offener Straße. Der Krankenwagen ist vor Ort und Graham untersucht ihre Schuhe, als ein Reporter (Alan Dexter) ihm Fragen stellen will. Doch Graham bleibt wortkarg. Nach mehreren ähnlichen Mordfällen im letzten Jahr muss er fürchten, dass nun erneut ein Serienkiller zuschlägt… An der Ogden Central High School ist Lois Conway (Esther Williams) eine Lehrerin für Musik und übt mit den Chearleaders ihrer Klasse auf der Aschenbahn der Sportarena deren Auftritt, wenn am kommenden Samstag ein mit Spannung erwartetes Rugbyspiel stattfinden wird. Als der Schul-Champion Leonard Bennett (John Saxon) nach einem Ball läuft, unterbricht er die Probe, und Ms. Conway muss ihre Schützlinge ermahnen, ihre Aufmerksamkeit nicht dem jungen Mann sondern ihr zuzuwenden. Auf dem Rückweg fällt ihr auf, dass sie ihre Handtasche im Stadion hat liegenlassen, doch der zuvorkommende Sandy (John Wilder) ist sofort bereit sie ihr zu holen. Vor dem Schulgebäude warten indessen auch Lieutenant Graham und sein Kollege (Robert B. Williams) in ihrem Wagen und beobachten die Ankunft von Mr. Bennett (Edward Andrews), der sich mit seinem Sohn Leonard in der Sigar Shop betitelten Bar der Schüler treffen will. Dort trifft zeitgleich auch Lois Conway mit ihrer Gruppe ein und Sandy mit ihrer Handtasche. Ms. Conway sitzt an der Bar und Mr. Bennett gesellt sich kurzentschlossen zu ihr…
“Harry Keller’s The Unguarded Moment is (…) a film noir (…) memorable as a dark hued vision of small town American life”, schreibt Professor Wheeler Winston Dixon für Film Noir of the Week über diesen Farbfilm im Widescreen-Format und im Fahrwasser von William Dieterles Vergewaltigt / Frau in Notwehr (USA 1949) und Gerd Oswalds Kuss vor dem Tode (USA 1956). Tatsächlich überrascht dieses Werk, indem es uns die bekannten Bilder einer US-amerikanischen Kleinstadt im Technicolor der 50er Jahre bietet, das den Überfluss eines weißen Mittelstands in Luxuskarossen und elegant eingerichteten Einfamilienhäusern auf üppig proportionierten Gartengrundstücken bebildert. Dann taucht in einer dieser ledergepolsterten Milchbars mit verchromter Jukebox und mit den gescheitelten Hipstern und ihren properen Mädels plötzlich Edward Andrews als Mr. Bennett auf. Der allein erziehende Vater seines Sohnes Leonard sieht aus wie alle anderen - ein bebrillter Niemand Anfang Vierzig, fast schon asexuell unattraktiv und auf den ersten Blick so altersgemäß rollenkonform, wie es die unerträglich spießige Kleinstadtwelt von ihm erwarten kann. Mr. Bennett ist ein Musterbürger der McCarthy-Ära, ein Stück menschlichen Inventars inmitten jener Spießer-Idylle in Bonbonfarben ihrer Werbe-Ästhetik. Er setzt sich neben die Lehrerin Lois Conway an die Bar, stellt sich vor und scheint artig etwas Konversation zu betreiben, als sich beim Zuschauer eine erste Irritation einstellen muss… Irgendwas stimmt hier nicht. Die Art, wie Bennett die sportlichen Leistungen seines Sohnes hervorhebt, nachdem er Lois Conway erklärte, dass er selbst in seiner Jugend Rhematisches Fieber hatte, ist viel zu persönlich. Nachdem sie ihr Bedauern ausdrückt, erklärt er: “Well, you’re just saying that. Politeness! You can’t be sorry unless you know what it’s like…“ Die so harmlose Situation bekommt plötzlich eine seltsam dunkle Note; das Gespräch droht seine Balance zu verlieren.
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“Leonard, you have your mother's eyes... especially when you're telling a lie.” Der so unauffällige Mr. Bennett ist ein Frauenhasser und ein latent gewalttätiger Psychopath, der seinen 18jährigen Sohn zu beherrschen und zu manipulieren versteht. Nur des Nachts entkommt der Sprößling durch genau jenes Fenster, durch das einst auch seine eigene Mutter voller Sehnsucht in die Welt hinausblickte… In den Fängen des Teufels hätte ein nahezu grandioses Gegenstück zum US-amerikanischen Selbstbildnis Made in Hollywood werden können, so wie es in den 60er Jahren John Frankenheimer mit Botschafter der Angst (USA 1962) und Peter Bogdanovich mit seinem Debüt Bewegliche Ziele (USA 1967) gelingen sollte. Doch im letzten Drittel gerät die Kriminalhandlung, die ein wenig nach dem Muster der Untersuchung in Alfred Hitchcocks Im Schatten des Zweifels (USA 1943) gestrickt scheint, in zunehmend flaches Fahrwasser. Das Finale ist ganz und gar belanglos, die Schlusssequenz banal, und das Ganze schrumpft sich selbst aufs Format einer Episode aus einer x-beliebigen TV-Serie. Wir werden daran erinnert, dass zumindest das Filmstudio und seine Produzienten nie mehr als das wollten, obgleich die Autoren Rosalind Russell und Lawrence B. Marcus weit mehr anboten. In den Fängen des Teufels war im Kino seinerzeit ein Flop, ein wenig bemerkenswerter Krimi mit nachtschwarzen Untertönen. Aufgrund der exzellenten Darbietung von Edward Andrews bereue ich selbst allerdings nicht ihn gesehen zu haben.
Es gibt eine gute italienische DVD-Edition (2013) von Golem Video unterm Titel Mister X, l'uomo nell'ombra mit dem Werk selbst ungekürzt im Originalformat, der Transfer bild- und tontechnisch allemal solide, allerdings nicht optimal, dazu den englischen Originalton und eine italienische Synchronisation, das Ganze ohne Untertitel und ohne Extras.