Terence Morgan, Yôko Tani, John Crawford, Mai Zetterling, William Hartnell
© Verlag für Filmschriften Christian Unucka
London, England: Auf dem Hochzeitsempfang von Angela Vaughan (Judy Huxtable) mit ihrem Verlobten Lt. Rafael Wilberforce hat der Neffe der Braut, Julian Toddhunter (Charles Kay), auch seinem Freund und Komplizen Dominic Colpoys-Owen (Terence Morgan) Zugang verschafft. Jener trägt sich mit dem Plan, aus den auf einem Gabentisch ausgestellten Brautgeschenken ein Paar Brillantohrringe im Wert von 6000 englischen Pfund zu stehlen, was ihm tatsächlich gelingt. Im Anschluss beginnt er seelenruhig ein Gespräch mit der Musikstudentin Seraphina Yokami (Yôko Tani), ihrerseits die Tochter des Botschafters von Shiva - einer Inselgruppe Ostindiens. Dominic übergibt seinem Freund “Toddy“ heimlich die Ohrringe, der davon überrascht den Empfang verlassen muss. Bevor Dominic sich ebenfalls verabschiedet, arrangiert er für den heutigen Nachmittag ein Treffen mit Seraphina in einem Café. Dort macht der gewiefte Charmeur dem unerfahrenen Mädchen schöne Augen und möchte sie auf eine Party einladen. Doch Seraphina macht ihm klar, dass ihr Vater, der Botschafter, solche Ausflüge bei Nacht keinesfalls dulde und sie womöglich in ihre Heimat zurückschickte. Toddy gesellt sich zu den beiden und überreicht Dominic unauffällig die Abendzeitung, darin die Nachricht von den gestohlenen Ohrringen bereits beinhaltet ist… In Dominics Apartment wartet indessen ihre Helferin Mouse (Ann Lynn) auf die beiden Schmalspurgauner, die für die sogenannte “Party“ ihren nächsten Coup ausbrüten…
”You’re a sinking ship and the rats can always tell.“ Uninspirierte, ans Fernsehen gemahnende Kameraarbeit, langweilige Studiobauten als Drehorte und obendrein eine Jazz-Muzak wie von einem Rundfunkorchester sowie teils zweitklassige Darsteller, all das verdeutlicht den Niedergang auch des britischen Film Noirs in jenen Jahren. Während im England der späten 40er und frühen 50er Jahre grandiose Film Noirs gedreht worden waren, fand 1960 längst ein Wechsel der Paradigmen statt. Auch die Geschichte aus der Feder von Leigh Vance folgt allzu offensichtlich ihren “Quellen“ der Inspiration, namentlich John Hustons Asphalt-Dschungel / Raubmord (USA 1950) - mit John Crawford in einer winzigen Nebenrolle - und Jules Dassins Rififi (FRA 1955). Besonders William Hartnells Figur des Safe-Spezialisten Colonel Whitfield ist eine sogar optisch aus Doc Erwin Riedenschneider (Sam Jaffe) in Asphalt-Dschungel / Raubmord und aus dem in Rififi von Dassin persönlich verkörperten Cesar de Milanais gestrickte Figur, so dass diese schon am Rand des Plagiats angesiedelt wirkt. Die gesamte erste Hälfte der Filmhandlung, die Jules Dassins Vorgehen einer dezidierten Einführung der Rollencharaktere in Rififi folgt, zeichnet sich durch Langatmigkeit aus, denn bis auf Edward Humphries (Dennis Price), Betreiber eines illegalen Spielcasinos in einer Privatwohnung, sind diese Charaktere im Unterschied zu Rififi fade und in ihrer Funktionalität durchsichtig. So manches ist unplausibel, vor allem die Liebe und die Verführbarkeit der aus einem fiktiven ostasiatischen Inselreich stammenden Seraphina Yokami gegenüber dem Ganoven Dominic erlangt trotz des aufrichtigen Bemühens von Autor und Regie keinen Status der Glaubwürdigkeit. Weit interessanter ist da schon die latente Homosexualität von Julian “Toddy“ Toddhunter gegenüber seinem älteren Partner, die sowohl sensibel als auch für ihre Zeit eindeutig zum Ausdruck gebracht wird. Wie überhaupt nicht alles schlecht ist in Walter Rillas Post Noir.
Dennis Price und William Hartnell waren im klassischen britischen Film Noir herausragende Akteure und bezeugen mit 45 (Price) und 52 Jahren (Hartnell), dass sie ihre Mitstreiter locker an die Wand spielen können, denn genau das tun sie. Terence Morgan, Yôko Tani und John Crawford sind eindeutig nicht die erste Garde und Mai Zetterling und Charles Kay (in seinem zweiten Film) können das Ruder allein nicht herum reißen. Nach der ersten Hälfte zieht die Geschichte gemäß ihrer genannten Vorbilder an; die Regie haucht ihr dank einer jetzt zupackenden Dramaturgie sogar Spannung ein. Das Finale, darin die verschiedenen Pläne des Betrugs diverser Partner und Partnerinnen zur Ausführung kommen, ist dann rundum gelungen. Nur dass die in der ersten Hälfte sorgfältig eingeführten Charaktere auf der Strecke bleiben. Besonders John Crawfords Preedy, der konträr zu den Engländern stillos rüde US-amerikanische Gangster, erweist sich als typischer TV-Schurke ohne besondere Merkmale. Wolf Rilla war der Sohn des deutschen Schauspielers Walter Rilla, der 1933 nach Machtergreifung durch die Nationalsozialisten nach England emigrierte. Tatsächlich versuchte sich Wolf Rilla zwei Jahre später an einem Remake von Hustons Asphalt-Dschungel / Raubmord bzw. einer Neuverfilmung von W.R. Burnetts Roman (EA 1936), den er nach Ägypten verlagerte und der als Kairo – null Uhr (UK 1963) auch in Deutschland im Kino lief. Das Signal steht auf Rot ist nur eine obskure Fußnote des Post Noirs jener Jahre und nicht wirklich sehenswert.
Exzellente englische DVD-Edition (2011) der Renown Productions mit dem Film ungekürzt im Originalformat, den original englischen Ton ohne Untertitel, das Ganze bild- und tontechnisch topp restauriert und ohne Extras.