Sprache der Gewalt, Die

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
*****
Originaltitel
Pressure Point
Kategorie
Post Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1962
Darsteller

Sidney Poitier, Bobby Darin, Peter Falk, Carl Benton Reid, Mary Munday

Regie
Hubert Cornfield
Farbe
s/w
Laufzeit
89 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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Ein weißer Doktor der Psychologie (Peter Falk) arbeitet in einer psychiatrischen Klinik als Analytiker, doch der Fall eines 13jährigen schwarzen Jungen lässt ihn schier verzweifeln. Zum wiederholten Mal erklärt er dem farbigen Leiter der Klinik (Sidney Poitier), dass er den Fall abgeben wolle, doch diesmal ist er so erregt, dass er seinen Verbleib in der Klinik daran knüpft. Der Klinikchef reagiert besonnen und erzählt seinem Kollegen eine Geschichte aus dem eigenen Leben. Im Jahr 1942 war er selbst in einer ähnlichen Situation, als damals junger Psychologe in einem Staatsgefängnis… Eines Tages wurde ein noch jugendlicher Häftling (Bobby Darin) zu ihm gebracht, der beim Anblick des dunkelhäutigen Doktors der Psychologie in ein gehässiges Gelächter ausbrach. Wie sich herausstellte, war der Häftling vom medzinischen Leiter des Gefängnisses (Carl Benton Reid) wegen Schlafstörungen und Anfällen untersucht worden, aber der hatte keine physische Ursache feststellen können und vermutete, dass sich der Kerl vor Arbeit und Aufgaben drücken wolle. Trotz dessen offensichtlich rassistischer Einstellung bot der Psychologe dem Patienten an, mit ihm zu arbeiten und den Ursachen für dessen Probleme auf den Grund zu gehen. Doch jener verhöhnte ihn erstmal und der Psychologe gestand sich im Rekus auf seine Fragetechnik ein, erfolglos geblieben zu sein. Doch schließlich kam es zu regelmäßigen Gesprächen. Nur war die persönliche Herausforderung für den Therapeuten weit größer, als jener anfangs gedacht hatte… 

“Look, you wanna go on with this?” - “Sure, why not. It's a great pastime.” Stilistisch und inhaltlich nimmt Die Sprache der Gewalt Anleihen beim klassischen Film Noir, ohne selbst explizit ein Film Noir sein zu wollen oder eine Zugehörigkeit zum Filmstil anzudeuten. Der Neo Noir ist diesbezüglich oft eindeutig und in den frühen Sechzigern waren es vor allem Samuel Fuller und Jean-Luc Godard die an ihrer Bezugnahme keinen Zweifel aufkommen ließen. Entsprechend findet sich in der einschlägigen Fachliteratur und in den namhaften Online-Foren zum Film Noir kaum etwas über Die Sprache der Gewalt, einen Film, der ohnehin zu den vergessenen Werken seiner Zeit gerechnet werden darf. De facto war Hubert Cornfield, der in Paris aufwuchs, mit Godard, Truffaut und Melville befreundet. Seine Karriere startete er unter anderem mit den Film Noirs Sudden Danger (USA 1955) und Großalarm bei FBI (USA 1958), - im Original Plunder Road - zwei bis heute bei Film-Noir-Freunden respektierte B-Werke der späten klassischen Ära. Doch erst Die Sprache der Gewalt, die Verfilmung einer Episode aus Robert M .Lindners erfolgreichem Werk über die Lebensgeschichten seiner Patienten in der psychoanalytischen Praxis, betitelt The Fifty-Minute Hour (EA 1955), wurde zum Kernstück eines Werdegangs, der bereits 1968 endete. Zu dem Zeitpunkt geriet Cornfield als Regisseur von Am Abend des folgenden Tages (UK 1968) mit seinem Star Marlon Brando aneinander und drehte nie wieder einen Film in oder für Hollywood.

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“Pressure Point could easily have settled for being a bit of efficient soapboxing. But it's too intelligent to succumb to easy consolations”, schreibt Jay Carr für Turner Classic Movies, und genau hierin liegt ein Schlüssel zur Qualität des Films. Wer den ausschweifenden Dialogen, den Traumsequenzen und den Erinnerungen - allesamt Bestandteil einer langen und ihrerseits wieder verschachtelten Rückblende - präzise folgt, der versteht, dass es sich weder Robert M. Lindner in seiner Vorlage noch die Drehbuchautoren Cornfield und S. Lee Pogostin (Die Gierigen, USA 1965) mit dem Extremismus in der Figur des Häftlings - respektive Sadismus, Rassismus und Nationalsozialismus - leicht machen. Sie nehmen sich im Gegenteil die Zeit, deren Wurzeln im Humus der US-Gesellschaft aufzuspüren und zeigen das vielschichtige und scharf konturierte Porträt einer zutiefst gestörten Persönlichkeit. Der seit frühen Stummfilmtagen aktive und im Film Noir heimische Kanmeramann Ernest Haller (Solange ein Herz schlägt, USA 1945) sorgt für vor allem in den Traumsequenzen für beeindruckende Bilder in Schwarzweiß. Und der in Wien gebürtige Ernest Gold, der 1938 selbst mit seinem Vater vor den Nazis in die USA fliehen musste, veredelt diesen Film mit pointierten Jazz-Akkorden, die mit mit dem gefälligen Big-Band-Sound der Mittsechziger nichts am Hut haben. Addiert man die exzellenten darstellerischen Leistungen Darins und Poitiers hinzu, gibt es an der so klugen und unaufgeregten Produktion im Grunde nichts, was man sich anders wünschte. Ein präzises und ein stets auch provokantes Drama, das auch von Cineasten unserer Tage wiederentdeckt werden sollte. Bei Gelegenheit unbedingt ansehen!

Die US-amerikanische DVD-Ausgabe (2004) von MGM Home Entertainment LLC. beinhaltet den Film bild- und teontechnisch sauber restauriert, im Originalformat und ungekürzt, die englische Tonspur mit optional französischen, englischen oder spanischen Untertiteln, dazu den Kinotrailer und einen Audiokkommentar Hubert Cornfields als Extras. Die italienische DVD (2012) beinhaltet die englische und eine italienische Tonspur, dazu wahlweise italienische Untertitel, und scheint auch ungekürzt, sie liegt uns aber nicht vor.

 


Post Noir | 1962 | USA | Hubert Cornfield | Ernest Haller | Carl Benton Reid | George Murdock | Peter Falk | Sidney Poitier

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