Film Noir
| USA
| 1952
| Samuel Fuller
| Phil Karlson
| Burnett Guffey
| Broderick Crawford
| Charles Cane
| Don Beddoe
| Harry Morgan
| Henry O'Neill
| James Millican
| Jay Adler
| John Derek
| Jonathan Hale
Bewertung
****
Originaltitel
Scandal Sheet
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1952
Darsteller
Broderick Crawford, Donna Reed, John Derek, Rosemary DeCamp, Henry O’Neill
Regie
Phil Karlson
Farbe
s/w
Laufzeit
82 min
Bildformat
Vollbild
© Columbia Pictures Corporation
New York: Der Reporter Steve McCleary (John Derek) und der Fotograf Biddle (Harry Morgan) sind längst vor Ort, um die Aussagen der Schwiegermutter zu einem dramatischen Axtmord unter Eheleuten aufzunehmen, als Police Lieutenant Davis (James Millican) eintrifft. Der ist wenig begeistert davon, dass sich die Zeitungsleute mal wieder als Staatsdiener ausgeben oder zumindest die Naivität der Zeugen vor Ort für sich ausschlachten… Auf der Rückfahrt telefoniert McCleary vom Wagen aus mit seinem Chefredakteur Mark Chapman (Broderick Crawford), dem an diesem Nachmittag die nächste Eigentümerversammlung des New York Express bevorsteht. Vor allem die betagte Mrs Rawley (Kathryn Card) macht in der Runde um den Direktor Frank Madison (Jonathan Hale) deutlich, wie empörend sie es fände, dass jenes einst seriöse und geachtete Organ nunmehr ein Boulevardblatt sei, dass zwecks billigen Amusements jeden Schmutz auf der Titelseite führte. Chapman hält dagegen, dass er seit seinem Amtsantritt die Zeitung wirtschaftlich nach oben gebracht habe und man im letzten Jahr das erste Mal in zwölf Jahren einen Überschuss auszahlen konnte. Schließlich übersteht er die Kritik der Versammlung, und als McCleary zurückkehrt, geht er mit ihm und Julie Allison (Donna Reed), einer seit langem für den New York Express arbeitenden Journalistin, zu einer Tanzparty des Lonely Hearts’Clubs, einer von Chapman ins Leben gerufenen Veranstaltung, die ihre Teilnehmer exponiert und dem Spott preisgibt…
“Every time I aim my lens at one of these walking zombies, I think of the time I covered the Miss America contest.“ Dreizehn Jahre bevor er das erste Mal in seiner unnachahmlichen Weise selbst Regie führte, war der damals 24jährige Samuel Fuller bereits Autor eines Filmdrehbuchs und zwar im Jahr 1936 für Boris Petroffs Musical Hats Off mit dem späteren Film-Noir-Darsteller John Payne. Letzterer spielte z.B. in Phil Karlsons Der vierte Mann (USA 1952), im Film eben jenes Regisseurs, der im gleichen Jahr Samuel Fullers Roman The Dark Page (EA 1944) für Hollywood adaptierte und zwar unterm Titel Scandal Sheet, der dann in Deutschland und Österreich als Skandalblatt in die Kinos kam. Auf neun eigene Romane brachte es der Autor Fuller bis 1986, dazu eine Reihe Erzählungen, die ebenfalls für diverse Regisseure Vorlagen lieferten, etwa für Gangs Of New York (USA 1938) und für Douglas Sirks dritten und letzten Film Noir Shockproof (USA 1949). Skandalblatt ist derart gespickt mit pfeilschnellen, clever sarkastischen Dialogzeilen, dass es für den Film-Noir-Freund eine wahre Freude ist. Der Film lebt von dem Porträt eines autoritären, skrupellosen und dem materiellen Erfolg verpflichteten Charakters, der schließlich im Wortsinn gezwungen ist, dafür über Leichen zu gehen. Broderick Crawfords Chefredakteur Mark Chapman alias George Grant ist ein Typus, der demjenigen des Drehbuchautors Dixon Steele (Humphrey Bogart) in Nicholas Rays Ein einsamer Ort (USA 1950) signifikant verwandt ist – intelligent, unabhängig. sarkastisch, impulsiv und dadurch destruktiv.
© Columbia Pictures Corporation
”We’re in a business, ladies and gentlemen, a business of satisfying the hunger of the public for thrills, escape and news.” Die eigene Vergangenheit wird zum Verhängnis, der Prozess des Zerfalls findet im eigenen Inneren seinen Ursprung - die einst herbei gerufenen Geister lassen sich nicht beirren. Denn die Maschinerie, deren Betrieb der Chefredakteur Mark Chapman initiierte und deren profitable Ideologie er predigt, lässt sich nicht stoppen, nicht einmal verlangsamen. Und so muss er Schritt halten, auch wenn er selbst Gefahr läuft, von ihr zermahlen und verschlungen zu werden… Die Parallelen zu John Farrows Film Noir Spiel mit dem Tode (USA 1948) sind unübersehbar, allerding kam Kenneth Fearings Romanvorlage The Big Clock (EA 1946) erst zwei Jahre nach Samuel Fullers Prosawerk heraus. Obendrein gelingt es Phil Karlson, aus dem literarischen Stoff einen besseren, klar überlegenen Film zu machen, der ab seiner Mitte mit unerwarteten Wendungen und mit spannungsgeladenen Momenten aufwartet, die es in sich haben. Für seine Zeit ein unerwartet gelungener und ein heute überraschend wenig bekannter Film Noir, der nicht zuletzt von seinen engagierten Darstellungen profitiert, mit Donna Reed und Henry O’Neill neben Columbias Star Broderick Crawford – was für ein Unterschied zu einem so öden Film wie Drei dunkle Straßen (USA 1954) – sichtbar in Bestform.
Skandalblatt ist Teil des in den USA erschienen 7DVD-Sets The Samuel Fuller Collection (2007) – ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch topp restauriert, optional englische Untertitel, mit dem Bonus Samuel Fuller Storyteller unter Beteiligung von Martin Scorsese und Wim Wenders. Im Übrigen gibt es weltweit nur eine spanische DVD von Paycom Multimedia, die auch über eine englische Tonspur verfügt und optional über spanische Untertitel.