Bewertung
***
Originaltitel
The House Across The Lake
Kategorie
Film Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1954
Darsteller
Alex Nicol, Hillary Brooke, Sidney James, Susan Stephen, Paul Carpenter
Regie
Ken Hughes
Farbe
s/w
Laufzeit
68 min
Bildformat
Vollbild
Ein Wagen fährt auf einer unbefestigten Küstenstraße am Windermere-See im Nordwesten Englands entlang und hält vor dem Lakeside Yacht Club. Der Fahrer des Wagens betritt die Bar, wo ihn der Schriftsteller Mark Kendrick (Alex Nicol) bereits erwartet. Jener macht ihm klar, dass er von hier aus sofort zum Bahnhof gehen könne, doch sowohl er als auch sein Gast wüssten, dass er es nicht täte. Vielleicht sei er lebensmüde, vielleicht habe er andere Motive. Jedenfalls erstatte er nun Bericht … Alles habe irgendwann vor sechs Wochen begonnen, da er als ein abgehalfteter Romanautor der Metropole London den Rücken gekehrt habe, um sowohl dem Alkohol als auch den Frauen zu entkommen und ein neues Buch zu beginnen. Während der heißen Sommernächte konnte er von der Terrasse seines Bungalows aus beobachten, wie auf dem gegenüber liegenden Anwesen der reichen Familie Forrest allabendlich eine Party gefeiert wurde. Und dann klingelte das Telefon und Carol Forrest (Hillary Brooke) bat ihn, ein paar Gäste, die sich an seinem Abschnitt des Ufers befanden, mit seinem Boot herüber zu bringen, falls es ihm möglich sei. So lernte Kendrick die aufreizend attraktive Hausherrin kennen, mit der ihr erfolgreicher Mann Beverly (Sidney James) in zweiter Ehe verheiratet war, nachdem die Mutter seiner Tochter Andrea (Susan Stephen) gestorben war. Doch Carol war nicht der Typ Frau sich mit dem Luxus ihres Lebens zufrieden zu geben. Sie wollte mehr. Und sie fand es bei ihren Liebhabern, von denen aktuell der Pianist Vincent Gordon (Paul Carpenter) einer war, dessen Stelle Mark Kendrick schon bald einzunehmen hoffte…
“You’re a woman, aren’t you?“ - “What more do you want?” Man stelle sich vor, ein englischer Romancier, Drehbuchautor und Regisseur versucht sich an einer Melange aus Frau ohne Gewissen (USA 1944) - mit seinem Drehbuch von Regisseur Billy Wilder und Raymond Chandler nach einem Roman James M. Cains - und dem mehrfach verfilmten Kernstück der Film-Noir-Literatur The Postman Always Rings Twice (EA 1934), ebenfalls von Cain. Und jener Engländer namens Ken Hughes ist damit sogar halbwegs erfolgreich. Kurzum, er macht seine Sache so gut, dass er die Zuschauer über eine Stunde lang bei der Stange hält, eine glaubwürdige Menage à trois zuwege bringt und das Ganze trotz geringen Budgets mit kompetenten, engagierten Akteuren besetzt. The House Across The Lake / Heat Wave ist ein B-Film aus der Kooperation der englischen Hammer Film Productions und der US-amerikanischen Lippert Films, die zwischen 1952 und 1955 mehrere in England gedrehte Film-Noir-Dramen zuwege brachte, von denen VCI Entertainment (USA) bereits 2006 / 2007 ganze 14 Titel in restaurierten Fassungen als DVD-Editionen auf den Markt brachte. Das Besondere an ihnen war die Beteiligung US-amerikanischer Akteure in Hauptrollen, hier z.B. Alex Nicol und Hillary Brooke, die in den USA das Publikum ins Kino locken sollten. Insofern die meisten der Streifen mittelmäßig bis schlecht abschneiden, ist neben Murder by Proxy / Blackout (UK 1954) vor allem The House Across The Lake / Heat Wave ein auffallend gelungenes Werk der Serie. Bis Ken Hughes nach 65 Minuten, inmitten einer nun in voller Fahrt befindlichen Handlung beschließt die Sache abzublasen und in wenigen Einstellungen zu beenden - fertig, aus!
Ein zu abruptes Ende ist desöfteren zentrales Problem eines Films. Man denke an Fritz Langs Gardenia - Eine Frau will vergessen (USA 1953) oder an Irving Pichels Quicksand (USA 1950), die ihre jeweils sorgfältig aufbereitete Handlung ins Leere laufen lassen und den Zuschauer mit dem Gefühl zurücklassen, einem Betrug aufgesessen zu sein. Im Fall von The House Across The Lake / Heat Wave ist das besonders extrem, denn aufgrund der kurzen Spielzeit von 68 Minuten bleibt der Eindruck, dass mindestens ein Viertel der Geschichte fehle. Die Beziehung zwischen Mark Kendrick und Carol Forrest, zu der sich die Figur Vincent Gordons und Beverlys Tochter Andrea gesellen, wird einfach fallen und liegen gelassen, die Rückblende fast mit Gewalt beendet und schon ist das Ende da. Das als Zeichen eines uninspirierten Drehbuchautors zu werten, ist naheliegend, doch absurderweise ist es der Regisseur Ken Hughes selbst, der seinen eigenen Roman High Wray (EA 1952) auf die Leinwand zu bringen sucht. “Of all Hammer’s film noir output Heat Wave has perhaps the strongest claim to being pure film noir rather than a noirish crime thriller“, schreibt dfordoom für Live Journal, Inc. und trifft den Nagel auf den Kopf. Am Ende ist dies immerhin kein Film, über den man sich lange ärgern müsste. Man wundert sich allerdings, warum Hughes aus dem so offensichtlichen Potential so kurz vor dem Ziel nichts macht und die Talente von Alex Nicol, Hillary Brooke und des immer zuverlässigen Sidney James bloß verschwendet.
Eine gute Bildqualität zeichnet fast alle Veröffentlichungen jener 3DVD-Box Hammer Film Noir Collector’s Set von VCI aus, die einzeln als Double Feature veröffentlicht wurden, so The House Across The Lake / Heat Wave als DVD (2006) in Kombination mit dem extrem schwachen The Gambler And The Lady (UK 1954) - ungekürzt im Originalformat mit englischem Ton ohne Untertitel und außer einer Kurzbiografie Alex Nicols ohne Extras.