Neo Noir
| USA
| 1986
| Michael Mann
| Dante Spinotti
| Brian Cox
| Dennis Farina
| Tom Noonan
| William Petersen
Bewertung
***
Originaltitel
Manhunter
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1986
Darsteller
William Petersen, Kim Greist, Joan Allen, Brian Cox, Dennis Farina
Regie
Michael Mann
Farbe
Farbe
Laufzeit
117 min
Bildformat
Widescreen
An einem Strand in Florida sprechen der ermittelnde Polizeibeamte aus Atlanta, Jack Crawford (Dennis Farina), und der ehemalige FBI-Agent Will Graham (William Petersen) über eine aktuelle Mordserie. Graham hat sich aus dem Staatsdienst zurückgezogen und lebt mit seiner Frau Molly (Kim Greist) und mit Sohn Kevin (David Seaman) vor Ort am Meer. Er war auf pathologische Serienmörder spezialisiert, indem er versuchte, sich deren innerste Motive und Triebe zu erschließen. Darin entwickelte er ein so ausgezeichnetes Talent, das er seine geistige Gesundheit selbst aufs Spiel setzte, als er auf der Spur des brillianten und wahnsinnigen Psychiaters und Killers Dr. Hannibal Lecter (Brian Cox) schließlich in dessen Fänge geriet. Nur knapp kam Will Graham mit dem Leben davon, so dass er sich nach Entlassung aus dem Krankenhaus und der Psychotherapie für einen frühzeitigen Ruhestand entschloss. Aber jetzt geht ein Serienkiller um, der rituell nur bei Vollmond mordet, und Crawford weiß keinen Rat, weshalb er Graham um Hilfe bittet. Molly ist gegen seine Beteiligung an den Ermittlungen, da sie froh ist, dass Will aus allem, was hinter ihm liegt, heil herausfand. Doch er willigt nicht zuletzt deshalb ein, weil ihn die Bilder der Familien Leeds und Jacobi, die der Unbekannte in zwei blutigen Nächten vollständig auslöschte, selbst berühren. Nachdem er sich in Akten und Indizienlage eingearbeitet hat, besichtigt Will Graham eines Nachts allein jenen Tatort, wo die fünfköpfige Familie Leeds noch vor kurzem ihr Leben genoss…
"You’re so sly,… but so am I.“ Im historischen Kontext gibt es mehrere Aspekte, die an Michael Manns zweiter Regiearbeit, die dem Film Noir gewidmet bzw. von ihm inspiriert war, - nach Der Einzelgänger (USA 1982) - interessant anmuten. So war der Film nach dem ersten Roman der Hannibal-Lecter-Trilogie von Bestseller-Autor Thomas Harris ein formidabler Flop, demgegenüber der überbewertete, vordergründig banale Das Schweigen der Lämmer (USA 1991) ein Riesenerfolg wurde. Zum anderen ist aus den jungen Talenten William Petersen (Leben und Sterben in L.A., USA 1985), damals 33, und Kim Greist (Brazil, UK 1985), damals 28, die in Hauptrollen auftreten, nicht wirklich viel geworden. Petersen versumpfte wie der ebenfalls in Filmflops verheizte David Caruso ab 2000 in der öden US- Krimiserie CSI – Den Tätern auf der Spur, die er bis heute mitproduziert. Kim Greist verschwand nach zwei, drei weiteren Versuchen fürs Kino erst im Fernsehen und dann in der Versenkung - sie tritt längst nirgendwo mehr auf. Auch sonst verzeichnet die Besetzung mit Ausnahme von Brian Cox eher unbekannte Namen, was über die Qualität des Films aber nichts aussagt. In Deutschland lief er ab Januar 1987 unter dem Titel Blutmond im Kino. Nach dem Erfolg von Das Schweigen der Lämmer und Hannibal (USA 2001) und noch vor der (miserablen) Neuverfilmung von Blutmond unterm Buchtitel Roter Drache (USA 2002), brachte Studiocanal 2001 die deutsche DVD als Manhunter - Roter Drache heraus, um durch den Glanz der erfolgreichen Thomas-Harris-Verfilmungen (mit Anthony Hopkins als Hannibal Lecter) und der dadurch erfolgreichen Romane der Trilogie den gefloppten Michael-Mann-Film neu zu vermarkten.
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Die erste Hälfte gelingt Michael Mann keinesfalls schlecht. Mit Fokus auf dem Ermittler Will Graham erfahren wir einiges über die Schatten seiner Vergangenheit, darin der Serienmörder Hannibal Lecter (Brian Cox) eine zentrale Rolle spielt. Der Spannungsaufbau ist exquisit, das Timing mitunter atemberaubend. Eine nicht immer 100% glaubwürdige Entwicklung der Ereignisse hält die Zusxchauer dennoch bei der Stange. Die Kameraarbeit Dante Spinottis ist superb und die Schauspieler - vor allem Petersen, Farina und Cox - tun das ihrige. Aber in der zweiten Hälfte wird aus dem „Jäger“ des Titels eine Jagd. Die psychologische Dimension des Dramas, die Will Grahams Nähe zur Pathologie des Killers als Schlüssel des Ermittlungserfolgs um den Preis der geistigen Gesundheit verkauft, wirkt mehr und mehr konstruiert. Weder überzeugt ein Dialog mit Sohn Kevin noch die zweite Begehung des Hauses der ermodeten Familie Jacobi, die Graham deren Welt durch die Augen des Gesuchten sehen lässt. Solche Komplexität der charakterlichen Anlage zeigt der beherzte Manhunter Will Graham bei weitem nicht (mehr). So serviert Michael Mann im Finale eine handwerklich solide Abfolge von Thrillerklischees, die aufs vorhersehbare Ende zusteuern – eins, das 1986 so konventionell wirkt wie Jahre zuvor dasjenige von Robert Bentons In der Stille der Nacht (USA 1982). Petersen und Greist haben eine gute Chemie miteinander, aber Molly Graham ist zusehr Dekor und zeigt kaum Persönlichkeit. Und so ist Blutmond zuletzt ein Old-School-Thriller mit Neo-Noir-Flair (und viel angestaubter Musik der Achtziger), dem lange vor dem Action-Finale seine Originalität abhanden kommt.
Sehr gute DVD-Edition der Studiocanal GmbH (2001), die den Film ungekürzt im Originalformat beinhaltet. Es gibt die deutsche, englische und italienische Tonspur, sowie haufenweise Untertitel, darunter auch Deutsch und Englisch. Extras: Fotogalerie, Kinotrailer sowie einige Dokumentationen.