Vier bleiben auf der Strecke

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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
The Good Die Young
Kategorie
Film Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1954
Darsteller

Laurence Harvey, Richard Basehart, Gloria Grahame, Stanley Baker, John Ireland

Regie
Lewis Gilbert
Farbe
s/w
Laufzeit
95 min
Bildformat
Vollbild
 

 

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London, England: Vier Männer fahren in einem gestohlenen Wagen durch die nächtlichen Straßen, als der Mann am Steuer, Miles Ravenscourt (Laurence Harvey), seinen Beifahrer Mike Morgan (Stanley Baker) bittet, unterm Beifahrersitz einen Koffer hervor zu ziehen und zu öffnen. Darin finden sich vier Revolver, von denen zwei auch an Eddie Blaine (John Ireland) und an Joe Halsey (Richard Basehart) nach hinten gereicht werden. Die drei Mitfahrer sind irritiert und verstehen nicht, wozu diese Waffen dienen sollen. Keine Gewalt! So war es ausgemacht… Vor einem Monat noch kannten sich die vier nicht einmal. Joe Halsey flog von New York nach London, um seine Ehefrau Mary (Joan Collins) aus den Fängen ihrer manisch Besitz ergreifenden Mutter Mrs. Freeman (Freda Jackson) zu befreien, die sie mit einer fingierten Krankheit von ihrem Mann loseisen wollte. Mike Morgan gewann seinen letzten Kampf als Profiboxer und damit 1000 englische Pfund, um endlich an der Seite seiner Frau Angela (René Ray) ein normales Leben zu führen. Doch ausgerechnet in den letzten Tagen als Boxer ruinierte Mike seine linke Hand. Eddie Blaine war als Angehöriger der US-Streitkräfte in London stationiert, seine Frau Denise (Gloria Grahame) eine Schauspielerin, die es in England zu Ruhm und Ansehen gebracht hat – und leider zu einem Verehrer, Tod Maslin (Lee Patterson), der dem eifersüchtigen Mann ein ernster Konkurrent war. Und Miles war ein dekorierter Weltkriegsveteran und ein Playboy, der die steinreiche Eve Ravenscourt (Margaret Leighton) geheiratet hatte, die ihm stets aus Spielschulden und anderen Verlegenheiten helfen musste. In nur wenigen Wochen verstrickten sie sich alle in Abhängigkeiten und Verpflichtungen, die den Männern so unvorhersehbar wie unlösbar erschienen…
 
Es könnte so schön sein, wenn man die für einen Film Noir idealtypische Konstruktion vor dem inneren Auge Revue passieren lässt. Tatsächlich nimmt Vier bleiben auf der Strecke immer wieder Anlauf, seine verzweigte Geschichte um vier Männer und vier Frauen aufs Gleis zu bringen. Vieles ist gelungen – John Irelands letztes Zusammentreffen mit Gloria Grahame als Eddie und Denise Blaine, zudem jede Szene mit Stanley Baker, der als Schauspieler von Rang eine intensiv knisternde Leistung bietet, die hier alles andere aussticht. Die Episode des Boxers Mike Morgan erscheint nicht zuletzt von Ole Andersons (Burt Lancaster) Schicksal in Rächer der Unterwelt / Die Killer (USA 1946) inspiriert. Der Kameramann Jack Asher gibt dem Streifen reichlich Film-Noir-Atmosphäre mit exzellenter Low-Key-Ausleuchtung und verwinkelten Perspektiven. Und Regisseur Lewis Gilbert (Dämon der Frauen, 1955) schafft es immerhin zu Beginn und im Finale, seine Dramaturgie auf den Punkt zu trimmen. Mit drei klassischen Film-Noir-Veteranen Hollywoods – Richard Basehart, Gloria Grahame, John Ireland - und Charakterdarsteller Robert Morley an Bord ist allein die Besetzungsliste für den Cineasten ein Lockmittel. Alles in allem ist dieser englische Film Noir damit ein Kuriosum seiner Zeit.
 
Bild Bild Bild
Doch leider ist die Geschichte als Film nicht annähernd so gut, wie sie klingt. Joan Collins’ Schauspiel ist schlicht erbärmlich. Laurence Harvey ist auch kein Fall für jedermann - gegenüber Stanley Baker sieht er allemal blass aus. Richard Basehart ist solide, John Ireland so gerade noch, zumal er als Widerpart von Gloria Grahame, die gewohnt auftrumpft, nicht immer überzeugt. René Ray ist im Duett mit Stanley Baker großartig; Margaret Leighton wirkt in ihrer Rolle allzu bemüht. Die heterogenen Leistungen der Schauspieler spiegeln sich in der Konstruktion der Filmgeschichte und deren Dramaturgie. Das Finale ist überaus gelungen, doch der Weg dorthin ist lang und zu guter Letzt auch unglaubwürdig. Der Schluss wiederum ist wie so vieles zuvor allzu konstruiert. Eine lange Rückblende, ein Erzähler aus dem Off, eine Femme fatale, ein Psychopath, verzweifelte Schicksalskämpfe und geborene Verlierer – Vier bleiben auf der Strecke hätte viel, viel besser werden können. Mit dem Abspann ist er leider nur Mittelmaß. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Stanley Kubrick sich für seine verschachtelte Erzählweise in Die Rechnung ging nicht auf / Killing (USA 1956) hier hat inspirieren lassen. Nicht zuletzt die abschließende Szene legt das nahe. Vier bleiben auf der Strecke kann man sehen, muss man aber nicht. Der englische Film Noir der Vierziger und Fünfziger hat Besseres zu bieten.
 
Die englische DVD-Ausgabe von Wienerworld Ltd. (2004) bietet den Film in einer spartanischen und bildtechnisch (bis auf Verzerrungen im Vorspann) nahezu exzellenten Fassung. Ungekürzte Spielzeit im Originalformat mit sehr gut verständlichem englischem Ton ohne Untertitel. Extras gibt es keine.
 

Film Noir | 1954 | UK | Lewis Gilbert | John Ireland | Richard Basehart | Stanley Baker | Freda Jackson | Gloria Grahame | Joan Collins | Marianne Stone | Rene Ray | Susan Shaw

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