Robert Beatty, Terry Moore, William Sylvester, Geoffrey Keen, Josephine Griffin
Auf einer Landstraße nahe Pereta, Italien, rast des Nachts eine Mercedes-Limousine in Richtung Mailand, als der Wagen in einer Kurve von der Fahrbahn abkommt, eine hohe Böschung hinunter stürzt und auf felsigem Grund zerschellt und in Flammen aufgeht… Der Maler Tim Forrester (Robert Beatty) steht mit Palette und Pinsel vor seiner Leinwand, wo er eben eine Auftragsarbeit für die Werbung eines Bierherstellers absolviert. Sein Model ist Jill Stewart (Josephine Griffin), welche die Pose, die sie mit ausgestrecktem Arm einnimmt, merkwürdig findet. Tim beendet die Arbeit für heute und Jill zieht sich hinter dem Paravent ihre Alltagskleidung an. Sie gibt dem Maler zu verstehen, dass er mit solcherart Auftragspinselei nur sein Talent verschwende. Doch Forrester ist der Ansicht, dass 50 britische Pfund pro Illustration ihre Einschätzung kaum rechtfertige. Er möchte Jill zum Abendessen einladen, aber sie entgegnet mit echtem Bedauern, dass sie schon verabredet sei. Tim fragt, wer der Glückliche wohl sei, und sie antwortet, dass sie den reichen Henry Carmichael (Allan Cuthbertson) träfe. Tim Forrester wundert sich, womit der wohl sein Geld verdiene, was dem Model wiederum egal ist. Vor dem Haus steigt Jill Stewart in dem Augenblick in Carmichaels luxuriöses Cabriolet, als Tims Bruder Dave Forrester (William Sylvester) vorfährt und mit einer Tageszeitung in der Hand die Treppen empor sprintet. Darin findet sich die Todesnachricht von ihrem Bruder Lewis, der gestern Nacht in Italien mit dem Auto verunglückte…
“It had the luminous look of a film noir, and is an above average detective story“, liest man bei Dennis Schwartz Movie Reviews über diesen Brit Noir mit seinem US-amerikanischen Gaststar Terry Moore. Hm, diesmal kann ich ihm leider nicht zustimmen. Denn trotz guter Schauspielerleitungen, trotz der exzellenten Kameraarbeit durch Routinier Wilkie Cooper (Tödliches Geheimnis, UK 1947) und trotz Guy Greens (Der Schnorchel, UK 1958) punktgenauer Regie, fand ich den Film bestenfalls durchschnittlich. Er hatte seine Erstaufführung im Dezember 1955 und folgte auf die im Februar 1955 mit 6 jeweils 30-minütigen Episoden als The Portrait Of Alison (UK 1955) ausgestrahlte Fernsehserie der BBC. William Lucas trat in beiden Fassungen nach einer Erzählung des britischen Kriminalschriftstellers Francis Durbridge als schmieriger Gebrauchtwagenhändler Reg Dorking in Erscheinung. Durbridge wurde seit 1946 in Großbritannien für die Kinoleinwand und fürs Fernsehen verfilmt und hatte die Vorlage für die TV-Serie The Broken Horseshoe (UK 1952) geliefert, die im Jahr darauf ebenfalls als Kinofilm adaptiert wurde und zwar mit Robert Beatty in der Hauptrolle. Die zum Roman erweiterte Fassung von Portrait Of Alison erschien erst 1962 in Buchform. Obgleich sein Autor auch in der Bundesrepublik Deutschland der 60er und 70er Jahre mit diversen TV-Serien nach seinen Romanen populär wurde, ist mir zumindest in solcher 84-minütigen B-Produktion der Kriminalfall bei weitem zu konstruiert. Vieles erscheint geradewegs unlogisch. Eine vom investigativen Journalisten Lewis Forrester kurz vor seinem Tod an seine Redaktion in England gesandte Postkarte enthält angeblich die codierte Nachricht über alle Mitglieder einer Organisation von Diamantenschmugglern. Kurz darauf erhält jemand eine Flasche Chianti zugesandt, auf deren Etikett ein fiktives Weingut namens “Nightingale & Sons“ verzeichnet ist. Warum? Letzteres wird bis zum Schluss nicht geklärt. Auch ein damit zusammenhängender Mord, weil nämlich die Tote zuviel gewusst habe, erscheint in der Retrospektive kaum plausibel. Und Vater John Smith (Henry Oscar), der seine Tochter mit Künstlernamen Alison Ford (Terry Moore) beim vermeintlichen Unfalltod Lewis Forresters in Italien verlor, da sie mit jenem im Wagen saß, gibt zwei Tage nach deren Tod bei Tim Forrester in London ein Portrait seines für immer verlorenen Kindes in Auftrag, und jener nimmt dankend an…? Nein. All das übezeugt ganz und gar nicht.
“If you happen to meet Abraham Lincoln on the way home, keep it to yourself, will you?” Sogar Autor Francis Durbridge selbst oder zumindest die Verfasser des Drehbuchs, Guy Green und Ken Hughes, witzeln mitunter über die Häufung der Absurditäten auf dem Weg ins Finale, aber das macht es in letzter Konsequenz nicht besser. Wirklich herausragend ist nur Geoffrey Keen (Kleines Herz in Not, UK 1948) als Police Inspector Colby, einer der großen Charakterdarsteller seiner Zeit. Auch Robert Beatty in der Hauptrolle ist sehenswert, obgleich die 20 Jahre Altersunterschied zu Terry Moore, die nach dem Vorbild Laura Hunts (Gene Tierney) in Otto Premingers Laura (USA 1944) plötzlich wieder unter den Lebenden auftaucht, zuerst in der bereits 25. Minute des Films, deutlich sichtbar sind. Portrait Of Alison / Postmark For Danger (so der US-Titel, der allerdings kaum Sinn ergibt) ist wie viele Produktionen des britischen Film Noirs der 50er Jahre rundum solide Kost und für Freunde klassischen Kinos halbwegs unterhaltsam, mehr aber auch nicht.
Die von der Network Ltd. (UK) veröffentlichte DVD-Ausgabe (2014) enthält das Werk mit dem ungekürzten Film in guter Bildqualität und im korrekten Format, ohne Untertitel und dazu mit einer Bildergalerie, mit dem Kinotrailer und den originalen Presseinfos in Form einer PDF-Datei als Extras und ist auch in Deutschland erhältlich.