Jean Dujardin, Gilles Lellouch, Céline Sallette, Mélanie Doutey, Benoît Magimel
Marseille, Südfrankreich, im Jahr 1975: Am helllichten Tag erschießen zwei Männer auf einem Motorrad einen rivalisierenden Gangster in seinem Mercedes. Unaufhörlich berichtet das Fernsehen über Bandengewalt in der Stadt und über die hohe Drogenkriminalität. Marseille ist ein Hotspot bei der Herstellung von Heroin, das aus via Türkei geliefertem Rohoupium in Drogenlaboren vor Ort gewonnen und über den Handelshafen per Schiff nach New York geschmuggelt wird. Die ermittelnden Polizeibehörden scheinen machtlos und können keine Erfolge vorweisen. Auch international wird das Problem inzwischen kolportiert, und der Bürgermeister Gaston Deferre (Féodor Atkine) sieht sich genötigt durch die Ankündigung verschärfter Polizeiaktionen die Öffentlichkeit zu beschwichtigen… Der Jugendrichter Pierre Michel (Jean Dujardin) verhört den heroinabhängigen Teenager Lily Mariani (Pauline Burlet) und versucht herauszubekommen, welcher Dealer ihr die Droge verkaufte und sie in die Abhangigkeit trieb. Das Mädchen hat sichtlich Angst, und Michel, der Mühe hat sich zu beherrschen, geht leer aus. Als er sie ihrer vor der Tür wartenden Mutter (Christiane Conil) übergibt, rät er ihr und der Tochter trotz der Härten des Entzugs stark zu bleiben. Kurz darauf wird Pierre Michel im Justizpalast vom Generalstaatsanwalt (Patrick Descamps) einbestellt, der ihm eröffnet, dass er ihn als Jugendrichter absetzen und zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität in Marseille ab sofort mit den zuständigen Polizeibehörden arbeiten lassen wird…
“With supercool 70s chic and a smart crime thriller vibe, The Connection feels more like GoodFellas than (…) 1971’s Oscar-winning Best Picture, The French Connection. Though that’s hardly a bad thing“, schreibt MaryAnn Johanson für FlickFilosopher und erinnert daran, dass William Friedkin die Bekämpfung der in Marseille, Frankreich, wurzelnden Drogenkriminalität einst mit Brennpunkt Brooklyn / French Connection (USA 1971) und French Connection II (USA 1975) auf Zelluloid bannte. Sein New Yorker Police Detective Jimmy “Popeye“ Doyle (Gene Hackman) verkörperte die Polizeiarbeit der US-amerikanischen Seite, indessen Richter Pierre Michel die französische bebildert. Darüber hinaus ist richtig, dass sich Der Unbestechliche – Mörderisches Marseille, der in Deutschland nie im Kino lief und nur als BD und DVD erschien, sich überhaupt nicht wie ein US-amerikanischer Neo Noir anfühlt, sondern an die Tradition jener schwermütigen und oft tragischen französischen Pendants anschließt, die in jenen 70ern von Regisseuren à la Alain Corneau, Jacques Deray oder José Giovanni mit Hauptdarstellern wie Lino Ventura, Jean-Louis Trintignant oder Alain Delon ins Kino gebracht wurden. Tragisch insofern, als schon damals die weit verzweigte und tief wurzelnde Korruption im französischen Staatsapparat zum zentralen Thema und nicht selten zum Auslöser des Scheiterns seiner Protagonisten wurde. Auch hier mündet das Drehbuch von Cédric Jimenez und Audrey Diwan in solches Fahrwasser, ohne dabei Klischees oder Vorhersehbares zu bedienen, demgegenüber mich die Schlusssequenz, das jedoch nicht unangenehm, an Peter Yates‘ Bullitt (USA 1968) erinnerte. Vergleicht man Jimenez‘ Werk trotz allem mit dem Neo Noir der US-amerikanischen 70er denke ich selbst an Filme Sidney Lumets, der mit Serpico (USA/ITA 1973) oder mit Prince Of The City – Die Herren der Stadt (USA 1981) jeweils das Ausmaß der Korruption im Geflecht der New Yorker Polizeibehörden auslotete.
Das Element des Film Noirs ist wie bei den genannten Werken William Friedkins oder bei Otto Premingers Faustrecht der Großstadt (USA 1950) und Fritz Langs Heißes Eisen (USA 1953) dadurch gegeben, dass Richter Pierre Michel aus einer persönlichen Motivation heraus zum obsessiven Ermittler wird. Um Verdächtige zu überführen, greift er selbst zu unlauteren Mitteln und bricht willentlich das Gesetz… Jean Dujardin und Gilles Lelouch sind als Kontrahenten wunderbar besetzt, und der Film spielt nicht allein in der zweiten Häfte der 70er Jahre, er taucht auch formal derart in seine Epoche ein, dass er wie ein Werk solcher Zeit wirkt. Während viele Regisseure daran scheitern und trotz aller Ausstattungsdetails die Retro-Optik nicht unsichtbar wird, gelingt Cédric Jiminez solcher Kunstgriff bemerkenswert souverän. Alles in allem ein episches Kriminaldrama, wie es heute selten ist, mit exzellenten Darstellerleistungen und perfekter Musikbegleitung, u.a. von Serge Gainsbourg, The Velvet Underground, Townes Van Zandt, Dinah Washington. So bleibt nur zu erwähnen, was Thomas Trierweiler 2015 aus Anlass der deutschen Blu-ray-Veröffentlichung für den Leinwandreporter wie folgt zusammenfasste: „Es ist daher durchaus verwunderlich, dass der aufwendig inszenierte Der Unbestechliche trotz der Star-Power von Jean Dujardin keinen Kino-Start bekommen hat.“
Es gibt via Koch Media GmbH eine deutsche BD- und eine DVD-Edition (2015), ungekürzt und im Originalformat mit dem französischen Originalton und mit einer deutschen Synchronisation, dazu optional deutsche Untertitel und den original Kinotrailer, geschnittene Szenen und ein mit 53 Minuten Laufzeit sehr ausführliches Making-Of als Bonus-Features. Empfehlenswert!